Schützt die Selbstanzeige noch vor Strafe?

Bisher konnten Selbstanzeigen Strafen für nicht bezahlte Steuern auf Kapitalerträge abwenden oder mildern. Seit 30. September 2017 tauschen viele Staaten Daten zu Konten und Erträgen im Ausland aus. Das Entdeckungsrisiko steigt, denn es werden jedes Jahr mehr Länder. Die Ecovis-Steuerstrafrechtler haben nachgeforscht, ob Selbstanzeigen jetzt noch möglich sind – und wie Österreich, die Schweiz, Liechtenstein und Tschechien diese Situation handhaben.

Seit 2017 tauschen Finanzbehörden und Banken Informationen automatisiert aus. Der Automatische Informationsaustausch (AIA) soll den Behörden unbekannte und steuerlich nicht erklärte Konten und Steuerhinterziehung aufdecken. So wollen die Finanzbehörden steuerpflichtigen Privatleuten und Unternehmen auf die Schliche kommen, die im Ausland erzielte Kapitalgewinne nicht versteuern. 

„Aktuell wird allerdings nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird“, beruhigt Ecovis-Steuerstrafrechtler Alexander Littich. Zusammen mit seiner Kollegin Janika Sievert hat er beim Bundesfinanzministerium nachgefragt, was mit den Daten aktuell passiert. Die Antwort: „Rein technisch können die deutschen Behörden derzeit empfangene Finanzkontendaten nicht an die zuständigen Finanzämter weiterleiten, die die Daten prüfen und bearbeiten.“ Folglich bleibt aus Sicht der Ecovis-Steuerstrafrechtsexperten noch Zeit für eine freiwillige steuerliche Nachmeldung. „Diese kann strafbefreiend wirken“, sagt Littich „da die Tat erst dann entdeckt ist, wenn der zuständige Finanzbeamte die Steuerakte des Steuerpflichtigen tatsächlich daraufhin prüft, ob er ausländische Kapitaleinkünfte auch korrekt erklärt hat.“

Das Risiko steigt – deshalb jetzt schnell handeln

Doch seine Entwarnung schränkt er auch gleich wieder ein. Denn vollständige Selbstanzeigen seien oft langwieriger als man denkt. „Unterlagen aus dem Ausland sind keinesfalls in zwei Tagen da“, sagt er. Besonders langwierig werde es, wenn im Rahmen von Scheidungen oder eines Erbfalls Konten auftauchten. „Wir vermuten, dass wir in Deutschland maximal bis September 2019 Zeit haben für Selbstanzeigen. Und das bedeutet, dass man sich jetzt beeilen sollte.“

Wie unsere europäischen Nachbarn mit dem Automatischen Informationsaustausch umgehen

  • In Österreich wirkt eine Selbstanzeige – ebenso wie in Deutschland – strafbefreiend, wenn die zuständige Behörde geprüft hat, ob die ausländischen Kapitaleinkünfte in der abgegebenen Steuererklärung enthalten sind. Der Unterschied zur deutschen Gesetzeslage: Dem betroffenen Steuerpflichtigen muss bekannt sein, dass die Tat entdeckt wurde. Somit ist auch in Österreich eine Selbstanzeige über den 30. September 2018 hinaus grundsätzlich möglich.
  • In der Tschechischen Republik gibt es keine Selbstanzeigeregelung wie in Deutschland. Dort behilft man sich mit dem Rechtsinstitut der „tätigen Reue“. Diese setzt voraus, dass der Steuerpflichtige die bislang nicht erklärten Kapitaleinkünfte freiwillig und vor Eröffnung einer konkreten Kontrolluntersuchung der Finanzverwaltung erklärt.
  • In der Schweiz gibt es von Kanton zu Kanton verschiedene Ansätze. Schwyz ist am strengsten. Dort ist eine strafbefreiende Selbstanzeige für AIA-Sachverhalte nach dem 1. Januar 2017 nicht mehr möglich. Die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) ist der Auffassung, dass eine Selbstanzeige spätestens ab dem 30. September des Jahres, in dem die erste Meldung des Partnerstaates an die ESTV erfolgt, nicht mehr möglich ist. Also zum Beispiel ab dem 30. September 2019 nicht mehr für Sachverhalte nach dem 1. Januar 2018. Die Kantone Bern und Zürich erlauben die Selbstanzeige mit strafbefreiender Wirkung so lange, bis die zuständige Steuerverwaltung die Daten bei der ESTV im Einzelfall abgerufen hat.
  • Das benachbarte Liechtenstein orientiert sich an der Haltung der Schweizerischen ESTV, wonach die Möglichkeit der strafbefreienden Selbstanzeige davon abhängt, wann der Partnerstaat die Daten nach Liechtenstein meldet.

„Wir finden es spannend, wie verschiedene europäische Länder mit demselben steuerlichen und strafrechtlichen Problem umgehen“, sagt Ecovis-Experte Alexander Littich. Für Kunden, ihre Berater sowie für Steuerstrafverteidiger ist es hilfreich zu wissen, mit welcher Argumentation gleichgelagerte Fälle in den unterschiedlichen europäischen Ländern gehandhabt werden. Seine Kollegin Janika Sievert ergänzt: „Ob die Europäische Union zukünftig auf diese unterschiedlichen Ansätze einwirken wird, bleibt abzuwarten.“ Einen ersten Versuch gibt es 2019. Dann wird die EU zum Schutz ihrer finanziellen Interessen von ihren Mitgliedstaaten ein Mindestmaß an einheitlichen Strafen und Sanktionen bei besonderen Fällen der Steuerhinterziehung fordern.

Kostenlose Broschüre zum Download:

Die Broschüre „Schützt die Selbstanzeige noch vor Strafe“ können Sie hier kostenlos herunterladen: https://www.ecovis.com/wirtschaftsstrafrecht/wp-content/uploads/2016/10/Broschuere_Steuer-Selbstanzeige_2018_Lay06.pdf

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