Auf dem Fusion Festival 2019 wurden Festivalteilnehmer:innen im Duschbereich mit einer versteckten Kamera gefilmt. Der Täter veröffentlichte die Aufnahmen später auf einer Pornoplattform. Nach einer Strafanzeige der Veranstalter:innen konnte der Täter sogar ermittelt werden. Die Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren aber ein.
Andrea Möller, Teil des Organisationskollektivs Fusion Festival / Kulturkosmos Müritz e.V. kommentiert: „Die Polizei konnte den Täter identifizieren. Trotzdem musste das Strafverfahren eingestellt werden: Der Duschbereich sei kein geschützter Raum. Wir konnten es nicht glauben. Die Rechtslage muss sich endlich ändern! “Geschützt” zu sein heißt für uns nicht, dass wir(!) uns in abgesperrte, gekennzeichnete Räume begeben müssen. Wir haben ein Recht an unserem Körper, egal wie wir uns kleiden und wo wir uns befinden. Unser Körper gehört uns, egal wo!”
Hintergrund: Das deutsche Recht bietet bis dato keinen umfassenden Schutz vor Nacktaufnahmen die gegen oder ohne den Willen der Abgebildeten angefertigt werden. Strafbar sind diese nur dann, wenn die Betroffenen sich in einem “gegen Einblick besonders geschützten Raum” befinden (§ 201a StGB). Darunter fällt zum Beispiel die Wohnung, eine geschlossene Toilette, aber keine öffentliche Sauna, keine öffentlichen Duschen in Schwimmbädern, an Badeseen oder auch auf Festivals. Aufnahmen des Intimbereichs an solchen „nicht besonders geschützten Orten“, sind nur strafbar, wenn diese Körperstellen “bedeckt” sind und z.B. unter die Kleidung fotografiert wird („Upskirting“/“Downblousing“, § 184k StGB). Ist die betroffene Person auf der Aufnahme unbekleidet, ist eine Strafverfolgung nur dann möglich, wenn die abgebildete Person erkennbar ist, einen Strafantrag stellt und der Spanner die Aufnahme z.B. im Internet verbreitet (§§ 22, 33 KUG). Hat der Spanner das Bild nur zu seinen „privaten Zwecken“ – für seine eigene sexuelle Befriedigung – aufgenommen oder verbreitet er „nur“ eine Nahaufnahme des Intimbereichs, entfällt für die Betroffenen auch diese Möglichkeit.
Der zwischenzeitlich eingeführte und als „Upskirting-Paragraph“ bekannte § 184k StGB schützt Betroffene unabhängig von ihrem Aufenthaltsort und war ein elementarer Schritt in die richtige Richtung. Unbefugte Nacktaufnahmen werden aber auch durch diesen nicht umfassend unter Strafe gestellt. Denn danach ist nur die Herstellung und Verbreitung unbefugter Aufnahmen der Genitalien, des Gesäßes, der weiblichen Brust oder der diese Körperteile bedeckenden Unterwäsche strafbar, soweit diese Bereiche gegen Anblick geschützt sind.
Täter, die unbefugte Nacktaufnahmen außerhalb besonders gegen Einblick geschützter Räume „nur“ zur eigenen Befriedigung herstellen, können also weiter nicht dafür bestraft werden.
Aber auch hinsichtlich der Verbreitung solcher Aufnahmen können Täter der strafrechtlichen Verfolgung leicht entgehen. Nicht nur bleiben den Strafverfolgungsbehörden für eine Verfolgung nach dem Kunsturhebergesetz die Hände gebunden, solange nicht eine betroffene Person einen entsprechenden Strafantrag gestellt hat, auch betrifft der § 22 des Kunsturhebergesetze nur unbefugte Aufnahmen von Personen, die auch als die Abgebildeten erkennbar sind. Somit müssen sich Täter lediglich entscheiden, ob sie z.B. „nur“ eine unbefugte Nahaufnahme des Intimbereichs verbreiten wollen oder mit einem geringen technischen Aufwand die Betroffenen auf den Aufnahmen vor deren Verbreitung auf andere Weise unkenntlich machen, um das bereits geringe Risiko einer Strafverfolgung noch weiter zu minimieren.
Mit seiner Petition fordert der Kulturkosmos, auch diese Schutzlücke zu schließen.
Kurzlink:
innn.it/egalwo
Über die Initiator*innen:
“Seit 1999 gibt es den Verein Kulturkosmos Müritz. Schwerpunkt und Motor unserer gemeinsamen Arbeit ist die Organisation und die Durchführung des inzwischen international renommierten Fusion Festivals. Darüber hinaus realisieren wir auch andere Projekte, wie z.B. das at.tension Festival, ein zweijährig stattfindendes, interdisziplinäres Theaterfestival oder den Bau und die Konzeption eines Seminarhauses. Unser sicher umfangreichstes Vorhaben ist die Konversion des inzwischen über 100 ha großen Vereinsgeländes mit seinen grasbewachsenen ehemaligen Flugzeughangars von einer Militärbrache hin zu einem einmaligen Kulturgelände mit unzähligen Gestaltungs- und Nutzungsmöglichkeiten.”
Das gesamte 26-köpfige Team von Change.org Deutschland hat am 01. Juni 2022 Change.org verlassen und arbeitet nun für den innn.it e.V.. Die Vereinszwecke bleiben die Förderung des demokratischen Staatswesens, die Förderung der Bildung und die Förderung des bürgerschaftlichen Engagements. Ab sofort betreibt der innn.it e.V. eine eigene Plattform. Der e.V. ist zu 100% Spenden basiert.
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