»Natascha Wodins Bücher«, so die Jury, »zeichnet eine Dringlichkeit und zarte, aber unerbittliche Wucht aus, mit der ihre lebendige Erzählweise ins Zentrum des Geheimnisses um die Verletzlichkeit und Nacktheit des Menschen drängt. Ihre Bücher fragen, hinterfragen, suchen und entwickeln durch ihr Thema der erweiterten Autobiografie eine Erzählhaltung ganz eigener Art, deren Sog den Leser in den Glutkern politischer und menschlicher Abgründe führt. Als Kind sowjetischer Zwangsarbeiter nimmt die in Deutschland geborene, russisch-ukrainischstämmige Autorin in ihrem Buch ›Sie kam aus Mariupol‹ den historischen Komplex von Schuld und Scham in den Blick, der auch nach Jahrzehnten noch in unsere Gegenwart reicht. Auch ihr jüngster Roman ›Nastjas Tränen‹ erzählt von den Spuren politischer Erschütterungen in persönlichen Beziehungen, die auch ihre früheren Bücher prägen und einen singulären geschichtlichen Zugang eröffnen.«
Natascha Wodin, 1945 in Fürth/Bayern geboren, wuchs erst in deutschen Lagern für Displaced Persons, dann – nach dem frühen Tod der Mutter – in einem katholischen Mädchenheim auf. Ihr Romandebüt ›Die gläserne Stadt‹ erschien 1983, es folgten zahlreiche Veröffentlichungen, darunter die Romane ›Nachtgeschwister‹, ›Irgendwo in diesem Dunkel‹ und ›Sie kam aus Mariupol‹, für den sie u.a. 2017 mit dem Preis der Leipziger Buchmesse ausgezeichnet wurde. Ihr Werk wurde unter anderem mit dem Hermann-Hesse-Preis, dem Brüder-Grimm-Preis, dem Alfred-Döblin-Preis und dem Adelbert-von-Chamisso-Preis ausgezeichnet.
Der Preis ist mit 50.000 € dotiert. Die Verleihung ist für den 16. September 2022 im Theater Koblenz vorgesehen, dazu ergeht eine gesonderte Einladung.
Vor 25 Jahren wurde der Preis zum ersten Mal durch die Stiftung Joseph Breitbach und die Akademie der Wissenschaften und der Literatur / Mainz vergeben, seit 20 Jahren findet die Verleihung in Koblenz, dem Geburtsort von Joseph Breitbach, statt.
Bisherige Preisträger: Hans Boesch, Friedhelm Kemp, Brigitte Kronauer (1998); Reinhard Jirgl, Wolf Lepenies, Rainer Malkowski (1999); Ilse Aichinger, W.G. Sebald, Markus Werner (2000); Thomas Hürlimann, Ingo Schulze, Dieter Wellershoff (2001); Elazar Benyoëtz, Erika Burkart, Robert Menasse (2002); Christoph Meckel, Herta Müller, Harald Weinrich (2003); Raoul Schrott (2004); Georges-Arthur Goldschmidt (2005); Wulf Kirsten (2006); Friedrich Christian Delius (2007); Marcel Beyer (2008); Ursula Krechel (2009); Michael Krüger (2010); Hans Joachim Schädlich (2011); Kurt Flasch (2012); Jenny Erpenbeck (2013); Navid Kermani (2014); Thomas Lehr (2015); Reiner Stach (2016); Dea Loher (2017); Arno Geiger (2018); Thomas Hettche (2019); Nora Bossong (2020); Karl-Heinz Ott (2021)
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