Grelle Werbebanner poppen auf. Ein Modehaus bietet uns einen Schuh an, den wir uns doch letzte Woche schon gekauft haben. Werbevideos laufen automatisch ab. Sie zwingen uns, mindestens fünf Sekunden zu warten, bis wir sie überspringen können. Sobald wir auf eine neue Seite kommen, werden wir aufgefordert, irgendwelche Cookies zu akzeptieren. Wenn wir uns die Mühe machen wollen, uns durch die Datenschutzerklärung einer Website zu kämpfen, müssen wir in der Regel rund fünf Minuten einkalkulieren. „Wertvolle Zeit, die uns gestohlen wird. Dabei wollen wir uns doch nur schnell informieren. Wir haben keinen blassen Schimmer, was mit unseren Daten passiert“, sagt Jörg Tropp. Alle Spuren, die wir im Netz hinterlassen, alle Kommentare, die wir machen, alle Likes, die wir in den sozialen Medien setzen, alle unsere in Server-Protokollen gespeicherten Daten, alle sonstigen erhältlichen Marktforschungs- und Verhaltensdaten über uns – alles werde irgendwie im Dunkeln weiterverarbeitet. Algorithmen sammeln und verknüpfen alles, was sie über uns finden können, um Erkenntnisse über unsere Vorlieben, Wünsche, Bedürfnisse und Absichten zu gewinnen. Kurz: Wir leben in einer raffiniert vorgehenden Konsumindustrie, die uns täglich verführen will – mit passgenauen, perfekt auf unsere Person abgestimmten Angeboten. Denn klar ist: plumpe Anmache mit irrelevanten Botschaften ist trotz gegenteiliger, nerviger Cookie-Werbung seitens der Konsumindustrie nicht mehr angesagt. „Wir sind naive Fliegen im Netz der kaum sichtbaren Algorithmen, und verfangen uns in Angeboten, die wir meistens eigentlich gar nicht wollen“, gibt Tropp zu Bedenken. Aber sind wir deswegen schutzlos ausgeliefert? „Nein“, lautet sein Fazit: „Unsere Souveränität als Verbraucher ist nicht in Gefahr, wenn wir durchblicken, wie die moderne vernetzte Verführung funktioniert!“
Jörg Tropp betont aber auch: „Mein Buch ist keine Anklageschrift. Vorwürfe in Richtung Unternehmen und die von ihnen beauftragten Agenturen, Marktforschungsinstitute und Datenmanagement-Dienstleister erfolgen nicht und wären auch überhaupt nicht angebracht. So gerne wir dies manchmal auch tun, weil es einfach und bequem ist. Aber damit schneiden wir uns nur ins eigene Fleisch und klagen uns selbst mit an.“ Denn die Konsumindustrie einschließlich wir, die Verbraucher, bräuchten die Kunst kommerzieller Verführungen. Nur so kann es den Kreislauf der Wirtschaft und ein pluralistisches Mediensystem geben. Zusammenfassend: „Wir brauchen ein allseits akzeptierbares Miteinander von Verführern und Verbrauchern, kein Gegeneinander.“ Für Aufklärung sorgt Jörg Tropp in seinem Buch.
Jörg Tropp ist habilitierter Medien- und Kommunikationswissenschaftler mit Schwerpunkt Strategische Kommunikation an der Hochschule Pforzheim. Er ist Autor des Standardwerks Moderne Marketing-Kommunikation und hat viele Jahre in unterschiedlichen Werbeagenturen gearbeitet.
Jörg Tropp
Vernetzte Verführungen
2021, 195 S.
Softcover € 22,99 (D) | € 23,63 (A) | sFr 25.50 (CH)
ISBN 978-3-658-35970-6
Auch als eBook verfügbar
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