Während am Vormittag hunderte Traktoren durch Schwerin rollten und mit lautem Hupen und Transparenten protestierten, versammelten sich in der Innenstadt vor der Staatskanzlei Landwirtinnen und Landwirte und übergaben einen offenen Brief an die Landesregierung.
Darin kritisieren sie den Entwurf der neuen Düngelandesverordnung, in dem die Möglichkeiten einer genauen Ursachenforschung und -beseitigung für erhöhte Nitratmesswerte im Grundwasser nicht ausgeschöpft werden. „Wir wollen eine Düngeverordnung, die das Wasser wirklich schützt und nicht nur Landwirte sanktioniert. Doch ist das auch das Anliegen der Landespolitik“, fragte Bauernpräsident Detlef Kurreck bei der Übergabe des Briefes an die Landesregierung. Der ignorante Umgang des Landwirtschaftsministeriums mit dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Greifswald und die jüngste Bauern-Schelte von Minister Backhaus sprechen eine andere Sprache. „Wer Landwirten einen Bumerang angekündigt, signalisiert keine Kooperationsbereitschaft“, kritisierte Bauernpräsident Kurreck jüngste Äußerungen von Landwirtschaftsminister Backhaus gegenüber der Presse. „Ein solches Agieren führt zum politischen Vertrauensverlust.“
In der Vergangenheit haben die Landwirtinnen und Landwirte in Mecklenburg-Vorpommern immer wieder ihr Engagement für sauberes Wasser unter Beweis gestellt. Sie halten sich nicht nur an strenge Vorgaben bei Düngung und Pflanzenschutz, sondern bewirtschaften inzwischen jeden zweiten Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche nach Vorgaben des Greenings oder Agrarumweltprogrammen. „Wer in diesen Tagen durch das Land fährt, sieht seltener Winterfurchen. Zwischenfrüchte und damit erweiterte Fruchtfolgen, wie sie Minister Backhaus vehement von den Landwirten fordert, sind längst für die meisten Bauern Alltag“, so Detlef Kurreck. Stattdessen sei es an der Zeit, dass Minister Backhaus sein Wort hält und mit dem Berufsstand gemeinsam nach Lösungen sucht.
Niedrige Erzeugerpreise bei den Tierhaltern, hohe Produktionskosten, eine wachsende Auflagenflut und fehlende Planungssicherheit für Investitionsentscheidungen gehören für die Landwirtsfamilien in Mecklenburg-Vorpommern zum Alltag. Hinzu kommt, dass die Landwirte immer mehr bürokratische Hürden bewältigen müssen und sie in einem sich permanent ändernden System mit immer strengeren rechtlichen Vorgaben agieren. Parallel dazu stellen sich die Landwirte den immer höheren Erwartungen der Gesellschaft, die neben hochwertigen und günstigen Lebensmitteln ein immer stärkeres Augenmerk auf Umweltschutz und Tierwohl legt.
„Wir Bauern stellen uns diesen Herausforderungen. Wir sind bereit für Veränderungen und Weiterentwicklungen“, betont Bauernpräsident Detlef Kurreck. „Doch für diesen Weg benötigen wir langfristige, verlässliche Rahmenbedingungen.“ Minister Backhaus hat Landwirten mehrfach versprochen, einen Katalog mit Agrarumweltmaßnahmen vorzulegen, mit denen die Betriebe auch wirtschaftlich erfolgreich arbeiten können. „Öffentliches Geld für öffentliche Leistungen – diesen Satz haben wir sehr oft gehört“, sagte der Bauernpräsident. „Jetzt gilt es ihn endlich mit Leben zu erfüllen.“ Politik und Verwaltung müssen zu einem fairen Dialog und zu fachlich begründeten Entscheidungen zurückkehren, auf die sich unsere Branche verlassen kann.“
Der Bauernverband nutzte die heutige Kundgebung außerdem, um auf die aktuelle Situation der Schweinehalter im Land aufmerksam zu machen. Die Corona-Pandemie hat die Branche in eine tiefe Strukturkrise geführt. „Mit großer Sorge und Unverständnis haben wir festgestellt, dass die Auszahlungen von Corona-Hilfen für Schweinhalter in Mecklenburg-Vorpommern ruht“, sagte Bauernpräsident Detlef Kurreck. Diese Überbrückungshilfen sind jedoch von enormer Bedeutung, um den Betrieben über die aktuelle finanzielle Notlage zu helfen. Der Bauernverband Mecklenburg-Vorpommern forderte die Bearbeitung der Corona-Überbrückungshilfen kurzfristig wieder aufzunehmen.
Hintergrund:
Entwurf der neuen Düngelandesverordnung
Nachdem das Oberverwaltungsgericht Greifswald im November 2021 die Düngelandesverordnung aus dem Jahr 2020 für ungültig erklärt hat, legte das Ministerium für Klimaschutz, Landwirtschaft, ländliche Räume und Umwelt am 6. Januar 2022 unvermittelt und ohne vorherige Gespräche mit berufsständischen Vertretungen im Land den Entwurf einer neuen Düngelandesverordnung für Mecklenburg-Vorpommern vor. Darin fehlt erneut die vom Gericht kritisierte angemahnte Plausibilitätsprüfung bei der Regionalisierung nitratbelasteter Gebiete in den einzelnen Grundwasserkörpern. Stattdessen wird im Entwurf der neuen Verordnung komplett auf den Schritt der Regionalisierung verzichtet. Das hat zur Folge, dass statt bislang 13 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche in Mecklenburg-Vorpommern jetzt fast 50 Prozent als rote Gebiete ausgewiesen werden. Tritt der neue Entwurf in Kraft, dürfen die Landwirte auf fast der Hälfte der landwirtschaftlichen Nutzfläche in Mecklenburg-Vorpommern neben anderen Auflagen nur noch 80 Prozent des Pflanzenbedarfs mit Stickstoff düngen und rechnen dadurch mit erheblichen Ertrags- und Qualitätseinbußen.
Ursachenermittlung muss qualifiziert werden
Es besteht grundlegend Übereinstimmung darüber, dass der Nitratwert im Grundwasser so gering wie möglich gehalten werden muss.
Uneinigkeit besteht zwischen Landwirten und Behörden darüber, wie die nitratbelasteten Gebiete ausgewiesen werden. Mögliche Eintragsquellen können neben der Landwirtschaft auch Abwässer, Mülldeponien, Altlasten und auch natürliche Prozesse sein. Will man das Grundwasser sauberer machen, müssen die Ursachen für die Überschreitung von Schwellenwerten gefunden werden.
Die zuständigen Behörden weisen belastete Regionen derzeit als sogenannte „Rote Gebiete“ mit Hilfe von Messwerten und Modellrechnungen in Karten aus. Auf landwirtschaftlichen Flächen in diesen Bereichen soll pauschal weniger gedüngt werden. Das bedeutet weniger Nährstoffe für die Pflanzen und geringere Erträge. Diese Vorgehensweise akzeptieren die Landwirte, wenn tatsächlich die Düngung die Ursache von zu viel Nitrat ist. Doch ist das nicht der Fall, bleibt das Wasser trotz Auflagen belastet. Das wollen Landwirte verhindern. Gemeinsam mit Politik und Wissenschaft wollen sie Wege finden, Schwachstellen so genau wie möglich zu identifizieren und die Herkunft des Nitrates zu ermitteln.
Derzeit haben die Landwirte in Mecklenburg-Vorpommern Bedenken, ob das Vorgehen der Behörden verlässliche Erkenntnisse bringt: Ein Teil der Messstellen ist nicht repräsentativ für die Ausweisung nitratbelasteter Flächen. Das hat 2020 ein vom Bauernverband Mecklenburg-Vorpommern in Auftrag gegebenes Gutachten herausgefunden.
Der Bauernverband Mecklenburg-Vorpommern vertritt rund 2000 landwirtschaftliche Betriebe als berufsständische Interessenvertretung. Präsident des Bauernverbandes ist Detlef Kurreck, der das Amt bereits in der zweiten Legislaturperiode seit 2016 bekleidet. Dr. Heike Müller und Sabine Firnhaber sind Vizepräsidentinnen, Dr. Manfred Leberecht ist Vizepräsident. Der Bauernverband betreibt Agrarpolitik, ist parteipolitisch unabhängig und aktiver Partner der Kommunen. Der Verband berät und unterstützt seine Mitglieder in fachlichen Belangen und bei der Wahrnehmung ihrer Interessen auf allen Ebenen der Politik und Verwaltung.
Leitsatz des Bauernverbandes ist die "Einheit der Vielfalt". Er vertritt landwirtschaftliche Betriebe aller Größen, Produktionsrichtungen sowie Rechts- und Eigentumsformen und ist den Werten der Nachhaltigkeit, Innovation, des Tier-, Natur- und Umweltschutzes verpflichtet.
Am 22. März 1991 hatten sich in Neubrandenburg auf dem 1. Landesbauerntag der Landesbauernverband, der Mecklenburgische Bauernverband und der Genossenschaftsverband zum Bauernverband Mecklenburg-Vorpommern zusammengeschlossen. Heute sind 15 Regionalverbände im Bauernverband organisiert. Erster Präsident des Bauernverbandes war Harald Röpke. Ihm folgten Dr. Albert Rudolphi, Gerd-Heinrich Kröchert, Rainer Tietböhl und Detlef Kurreck.
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