Nachhaltigkeit wird für deutsche Unternehmen immer wichtiger

In mehr als der Hälfte der Unternehmen ist das Thema Nachhaltigkeit mittlerweile beim Vorstand oder der Geschäftsführung angesiedelt. Aber nicht nur in Bezug auf die Positionierung, auch inhaltlich gewinnt das Thema an Bedeutung. Das sind die zentralen Ergebnisse einer Befragung der Bertelsmann Stiftung, der Peer School for Sustainable Development und des Lehrstuhls für nachhaltiges Wirtschaften der Universität Mannheim unter Nachhaltigkeitsverantwortlichen in Unternehmen.

Dreiviertel der befragten Nachhaltigkeitsverantwortlichen versichert, ihr Thema sei im Unternehmen "viel wichtiger" geworden. In 55 Prozent der befragten Unternehmen ist das Thema Nachhaltigkeit mittlerweile direkt beim Vorstand angesiedelt. Doch trotz der gestiegenen Bedeutung scheint das Thema noch nicht umfassend etabliert. Nur eine:r der befragten Expert:innen erklärt, das Thema sei "voll und ganz in allen Bereichen verankert". Immerhin hat die Corona-Pandemie den Budgets für Nachhaltigkeit in den Unternehmen offenbar wenig anhaben können. Gut die Hälfte der Expert:innen versichert, das Budget habe sich auch in der Krise nicht verringert. Nur knapp die Hälfte ist allerdings der Meinung, die finanziellen Mittel für den eigenen Bereich seien ausreichend.

An dieser ersten Befragung haben sich 51 Nachhaltigkeitsmanager:innen aus großen Unternehmen beteiligt. Künftig soll die Umfrage jährlich wiederholt werden. Ziel der Partner ist es, einen Blick in den Maschinenraum der nachhaltigen Transformation zu werfen. Mit dieser Befragung, dem Sustainability Management Monitor, soll die nachhaltige Transformation der Unternehmen evidenzbasiert begleitet werden.

Nachhaltigkeit wird auch von außen forciert

Mehr als Dreiviertel der Nachhaltigkeitsverantwortlichen (78 Prozent) berichtet, dass das Thema Nachhaltigkeit im eigenen Unternehmen stark von außen forciert wird. Als "eher wesentlich" oder "sehr wesentlich" stufen die Befragten den Einfluss von Geschäftskund:innen ein. Ungefähr ebenso viel Gewicht hat auch das Wort der Vorstandsetage. An dritter Stelle der Nachhaltigkeitstreiber folgt die politische Regulierung (70 Prozent). Dies unterstützt die Annahme, dass die politische Regulierung großer Unternehmen zu einem sogenannten "Trickle-down-Effekt" führt. "Wenn einige große Unternehmen bestimmten Transparenzpflichten unterliegen, werden diese Standards auch innerhalb der Wertschöpfungskette weitergereicht", erklärt Jakob Kunzlmann, Wirtschaftsexperte der Bertelsmann Stiftung.

Den Sustainable Finance Action Plan der EU mit der EU-Taxonomie, die ausgeweiteten nachhaltigkeitsbezogenen Berichtspflichten, sowie das Lieferkettengesetz schätzen die Nachhaltigkeitsverantwortlichen als besonders wichtig ein, befürchten aber auch zusätzliche Kosten und Bürokratie.

Dass die Transformation nicht schneller funktioniert, liegt nach Meinung von mehr als der Hälfte der Befragten vor allem an zu hohen Kosten und fehlenden Ressourcen (54 Prozent). Knapp die Hälfte hält zu wenige Marktanreize für ein Problem, das nächste Hemmnis ist demnach eine zu geringe Nachfrage. Viele Unternehmen verstehen dies als Marktchance, sagt Alexander Kraemer, Mitgründer und Mitglied des Vorstands der Peer School: "Viele Angebote, Dienstleistungen und Produktinnovationen werden gerade erst entwickelt, getestet oder skaliert. Wir stehen am Anfang der Startbahn für eine nachhaltige Transformation. Wir laufen uns gerade erst richtig warm."

Dekarbonisierung und Vermeiden von Emissionen sind wichtige Ziele

In ihrem Bemühen um Nachhaltigkeit setzen die Nachhaltigkeitsverantwortlichen deutliche Prioritäten. Das Vermeiden von Emissionen und die Dekarbonisierung der Unternehmensprozesse schätzen sie als besonders wichtig ein. Knapp 85 Prozent der Befragten sehen diese Themen als "wesentlich" oder "sehr wesentlich" an. Dass diese Anforderungen zugleich auch für Verunsicherung sorgen, ist keine Überraschung. "Das ist ein Umbau bei laufendem Motor", sagt Laura Marie Edinger-Schons, Professorin für nachhaltiges Wirtschaften an der Universität Mannheim. "Es gibt so viel neue Regulierung und Methoden wie noch nie beim Thema Nachhaltigkeit. Dies erfordert gänzlich neue Management-Kompetenzen und Prozesse, insbesondere bei Unternehmen, die die Relevanz des Themas erst spät erkannt haben."

Zusatzinformationen:

Der Sustainability Management Monitor ist ein Baustein des Projekts der Bertelsmann Stiftung zur "Nachhaltigen Sozialen Marktwirtschaft". Ziel ist es, mithilfe einer sich jährlich wiederholenden Befragung von Nachhaltigkeitsmanager:innen in Unternehmen Einblicke in Veränderungsprozesse zu gewinnen. Der Monitor will Wirkmechanismen und Effekte aufzeigen, um die notwendigen Rahmenbedingungen und Steuerungshebel für eine klimaneutrale und ressourcenschonende Wirtschaft so zu adressieren, dass sie wettbewerbsfähig bleibt, negative soziale Folgewirkungen bestmöglich ausgleicht und breite Teilhabechancen bietet. Die Partnerstruktur soll ab 2022 sukzessive erweitert und das Panel vergrößert werden.

Über die Peer School for Sustainable Development e.V.

Wir verstehen die Peer School for Sustainable Development als disruptiven Lernraum. Wir bieten Fachverantwortlichen für Nachhaltigkeit sowie dem Nachwuchs im Nachhaltigkeitsbereich die Möglichkeit, gemeinsam zu lernen und spezifisches Fachwissen sowie Erfahrungen untereinander zu teilen. Unsere Vision, die Transformation der Gesellschaft in Richtung einer nachhaltigen Entwicklung, wollen wir durch regelmäßigen, persönlichen Austausch, gegenseitige Vermittlung von Wissen und gemeinsame Weiterentwicklung des Themas erreichen. Weitere Informationen: www.peerschool.de 

Über den Lehrstuhl für nachhaltiges Wirtschaften der Universität Mannheim In der Forschung konzentriert sich der Lehrstuhl auf die Frage, wie Organisationen (von gewinnorientiert bis gemeinnützig) zu einer nachhaltigen Entwicklung im Sinne der Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung beitragen können. Spezifische Themen, für die sich das Team interessiert, sind Mitarbeiterengagement beim Thema Nachhaltigkeit, Social Entre/Intrapreneurship, digitale soziale Innovation, Unternehmensdemokratie und Neue Arbeit. Weitere Informationen: https://www.bwl.uni-mannheim.de/en/schons/

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