Tumorboards sind seit circa 20 Jahren ein wichtiger Aspekt in Qualitätsaudits und entscheidend für die Zertifizierung durch OnkoZert und die Deutsche Krebsgesellschaft. In den interdisziplinären Fallkonferenzen stimmen sich die Experten verschiedener Fachdisziplinen zur Therapie ihrer Krebspatienten ab. Mit dem Aufkommen neoadjuvanter Therapiekonzepte und der notwendigen Verzahnung von verschiedenen Therapiemodalitäten wurden Tumorboards zuerst in den Brust- und Darmkrebszentren relevant. Heute gehören sie zum Standard aller zertifizierten Organkrebszentren.
Die molekulare Diagnostik und die Erkenntnisse zur Subtypisierung der individuellen Tumorerkrankungen haben der Onkologie zusammen mit der Einführung der Next-Generation-Sequencing-Technologie in den letzten zehn Jahren nochmal einen Innovationsschub beschert: Heute können bei manchen Erkrankungen, wie zum Beispiel Lungenkrebs, schon die Hälfte der Patienten personalisiert behandelt werden. Sie erhalten dann Medikamente, die auf ihre spezielle Treibermutation oder Tumorbiologie zugeschnitten sind. Die richtige Interpretation der molekularen Diagnostik ist neben der Immunhistochemie und Krankheitsausbreitung ein entscheidender Faktor zur Subtypisierung einer Tumorerkrankung und entsprechend auch zur personalisierten Therapieauswahl.
Im CIO werden molekulare Testergebnisse grundsätzlich in allen Tumorboards diskutiert. „Im gemeinsamen molekularen Tumorboard besprechen wir überwiegend besonders außergewöhnliche molekularpathologische Befunde. 2020 waren das rund 80 Fälle“, sagt Dr. rer. medic. Nadina Ortiz-Brüchle, Molekularpathologin an der Uniklinik RWTH Aachen, die zusammen mit Priv.-Doz. Dr. Matthias Scheffler, Lungenkrebsspezialist an der Uniklinik Köln, das molekulare Tumorboard leitet.
Das iTox-Board war am CIO Köln fast ein Jahr im Testbetrieb und wird jetzt um die anderen drei CIO-Standorte Aachen, Bonn und Düsseldorf erweitert. Im iTox Board am CIO Köln wurden bislang rund 40 Fälle mit immunvermittelten Nebenwirkungen bei verschiedensten Krebsarten diskutiert. Zur Besprechung der häufig komplexen Fälle sind regelmäßig Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus der Hämatologie-Onkologie, Dermatologie, Neurologie, Endokrinologie, Gastroenterologie, Radiologie und Rheumatologie beteiligt. Abhängig von den betroffenen Organsystemen kommen weitere Fachdisziplinen wie Nephrologie, Kardiologie, Pulmologie, HNO, Urologie und Pathologie hinzu. In den bisher durchgeführten iTox-Boards wurden vor allem Fälle von schwerwiegenden Entzündungen der Lunge (Pneumonitis), Leber (Hepatitis) oder Gelenke (Arthritis) besprochen sowie Empfehlungen bei Auftreten endokrinologischer Nebenwirkungen (Hypothyreose, Hypophysitis) oder unklaren Befundkonstellationen bei Verdacht auf immunvermittelte (Kardio-)Myositis erarbeitet.
Geleitet wird das iTox-Board von Dr. Nicole Kreuzberg, Dermatologin im Hauttumorzentrum der Uniklinik Köln und Dr. Paul Bröckelmann, Facharzt an der Klinik I für Innere Medizin. Dr. Bröckelmann resümiert die Pilotphase: „Durch die Beteiligung aller relevanten Fachdisziplinen konnte im iTox-Board in allen vorgestellten Fällen ein klares Konzept zur weiteren Diagnostik und Therapie erstellt und ein tödlicher Verlauf der Nebenwirkungen verhindert werden. Der interdisziplinäre Austausch war essentiell, um die immunvermittelten Nebenwirkungen, die häufig mehrere verschiedene Organsysteme betreffen, sowie die Situation der Patienten ganzheitlich und umfassend zu besprechen.“ Durch die Teilnahme von zusätzlichen Spezialisten aus Aachen, Bonn und Düsseldorf wird die Expertise im Board insgesamt erhöht und durch zusätzliche Fälle zunehmend standortübergreifende Erfahrungen am CIO generiert.
Die Zahl der mit Immuntherapien behandelten Krebspatienten steigt rasant. Die optimale Behandlung der Nebenwirkungen ist jedoch noch nicht umfassend durch wissenschaftliche Daten und Leitlinien abgedeckt. „Unser Anspruch als Onkologisches Spitzenzentrum ist immer, die besten Experten und den aktuellsten Stand der Forschung zum Wohl der Patienten einzusetzen. Wir verstehen uns als front runner in der Onkologie, sowohl in der Forschung als auch in der Versorgung. Durch den Zusammenschluss von vier großen Universitätskliniken haben wir im CIO die einzigartige Möglichkeit, neuartige kooperative Strukturen wie ein gemeinsames iTox-Board zu testen. Da der Vernetzung und standortübergreifenden Kooperation in der Krebsmedizin künftig eine essentielle Bedeutung zukommt, können andere Standorte von diesen Projekten sehr profitieren“, sagt der Direktor des CIO Aachen Bonn Köln Düsseldorf, Univ.-Prof. Dr. Michael Hallek von der Uniklinik Köln.
Eine Anmeldung von Patienten zur Besprechung in den CIO-Tumorboards durch Zuweiser ist auch für kooperierenden Kliniken und Praxen außerhalb des CIO möglich.
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