Biologische Vielfalt – Grundlage für die Food-Branche

Am 7. und 8. Oktober 2021 fand in Fulda die Tagung „Biodiversität im Lebens­mittelhandel“ statt, zu der das BioRegio-Institut und der Global Nature Fund eingeladen hatten. 60 TeilnehmerInnen und ReferentInnen diskutierten live über vielversprechende Ansätze, die biologische Vielfalt entlang der Wert­schöp­fungs­ketten von Lebensmitteln zu fördern.

„Wir werden auf dieser Tagung viele herausragende Beispiele und neue Ansätze zum Schutz der biologischen Vielfalt im Lebensmittel-Handel und in der Food-Branche hören und sehen. Dazu werden vor allem Initiativen größerer Unternehmen des LEH sowie größerer, mittelstän­di­scher Hersteller vorgestellt. Diese neuen Ansätze und daraus hervorgehende Produkte sind sehr zu b­e­grüßen. Wir wollen diskutieren, wie wir diese Strategien und Instrumente noch weiter ausbauen können“ so Moderator Dr. Armin Kullmann vom BioRegio-Institut, zu den Zielen dieser Tagung.

„Wir wissen heute genug, um zu agieren und effektive Maßnah­men zur Förderung der biologischen Vielfalt umzusetzen. Pilotprojekte alleine stoppen jedoch den Verlust der Biologischen Vielfalt nicht. Wir müssen alle zusammen schneller werden und viel breiter in die Fläche kommen, um eine Trend­wende in den globalen Anbauregionen wie auch in unseren deutschen Agrarlandschaften zu erreichen“, umriss Marion Hammerl, Präsidentin des Global Nature Fund, die hier verhandelte Aufgabenstellung.

„Der Schutz der Biodiversität wird inzwischen als Wettbewerbsvorteil gesehen“, so Hammerl. Das sei gut, denn es unterstreiche, dass das Thema an Bedeutung gewinnt. Dies dürfe die Lebensmittelbran­che jedoch nicht davon abhalten, dazu intensiver zusammenzuarbeiten. Der Global Nature Fund hat gemeinsam mit Vertretern der Branche Basis-Kriterien erarbeitet, auf deren Grundlage ein unternehmensübergreifendes Monitoringsystem sowie Fortbildungen für Landwirte und Auditoren, Produktmanager und Einkäufer entwickelt werden kön­nen. Ein wichtiges Feld seien auch faire und attraktive Anreize zur Beteiligung für die Landwirte.

Dazu gehört auch der Einsatz für eine Veränderung der politischen und wirtschaftlichen Rahmen­bedingungen zugunsten der biologischen Vielfalt. Die Verbindung und wechselseitige Abhängigkeit des Klima­schutzes und des Schutzes der biologischen Vielfalt müsse davon wegführen, in sogenannten Silos zu denken und zu handeln, so die GNF-Präsidentin weiter. Es steigere die Unterstützung im eigenen Unternehmen, wenn man Klima und Biodiversität gleichzeitig schützt, was bei vielen Schutzmaßnahmen auf landwirtschaftlichen Flächen fast automatisch der Fall sei.

„Es wird viel über Kosten geredet, die der Schutz der Biologischen Vielfalt verursacht. Aber eigentlich müsste man von Investitionen in die Sicherstellung der Grundlagen für die Lebensmittelpro­duk­tion und damit in die Sicherung unserer aller Lebensgrundlagen sprechen“, so Marion Hammerl. „Wir müssen diese Investitionen jetzt tätigen. Wie im Klimaschutz gilt: so billig werden diese nie wieder, später wird es nur sehr viel teurer!“ sekundierte Armin Kullmann vom BioRegio-Institut.

Der Wert der biologischen Vielfalt müsse dazu mehr kommuniziert werden. Zwar sind die Sach­ver­halte komplex, aber das ist der Klimawandel auch. Das Bewusstsein für die gleiche Wichtigkeit von Biodiversität und Klimaschutz für das Überleben der Menschheit sei spätestens seit der „Krefelder Insektenstudie“ von 2017 in der Mitte der Gesellschaft angekommen, führte Dr. Josef Tumbrinck (Bundesumweltministerium) aus. Armin Kullmann führte in seinem agrarpolitischen Vortrag aus, welche Maßnahmen dazu insbesondere in der Agrar- und Ernährungspolitik überfällig seien.

Komplex ja, aber andererseits sei die biologische Vielfalt greifbar, bunt und emotional und jeder/jede fühle sich davon angesprochen. Die Kommunikation der Lebensmittelunternehmen dazu müsse jedoch kohärent sein. Eine Botschaft der „heilen Welt“ und ein gleichzeitiges Preisdumping bei Lebensmitteln passten nicht mehr zusammen, so Stimmen in der Abschlussdiskussion. Mittelfristig könne keiner dabei gewinnen, auch nicht die Unternehmen. Es brauche dringend „wahre Preise“, bei denen soziale und Umwelt­kosten berücksichtigt werden, für die jetzt die Gesellschaft aufkommt. Damit würde sich diese verkehrte Markt-Welt umdrehen und Nicht-Nachhaltig-Produzieren sich nicht mehr lohnen, so der Kon­sens. In der Schaffung „wahrer Preise“ und eines „Level Playing Field“ für nachhaltige Lebens­mittel  – insbesondere durch die Abschaffung aller biodiversitäts- und klimaschädlichen Subventionen sowie Besteuerung und Verteuerung aller Formen der Naturzerstörung und Emission von Treibhausgasen – sehen Global Natur Fund und BioRegio-Institut daher auch den Appell der Tagung an die Politik.

„Eine gelungene Tagung mit vielen relevanten Beitragen und konstruktiven Diskussionen“, sagte Marion Hammerl, Präsidentin des Global Nature Fund in Ihrem Resumée und lud dazu ein, die Gespräche zu gemeinsamen Branchen-Strategien im neuen Verein „Food for Biodiversity“ fortzuführen, den der GNF im März 2021 mit führenden Lebensmittelunternehmen und Organisationen gegründet hat.

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