McKinsey: Deutschland braucht mehr Tempo bei Ladeinfrastruktur und Grünstrom

Auf dem Weg zur Elektromobilität sieht die Unternehmensberatung McKinsey noch erhebliche Probleme in Deutschland in Sachen Ladeinfrastruktur und Strom aus sauberen Energiequellen. Den gleichzeitigen Ausstieg aus Kohle- und Atomstrom bewertet der Chef der McKinsey-Automobilberatung Andreas Tschiesner kritisch. „Beim Aufbau der Lade-Infrastruktur müssen wir sechs- bis siebenmal so schnell werden wie heute“, so Tschiesner im Gespräch mit auto motor und sport. „Wir müssten ab sofort jede Woche in Europa 10.000 neue Ladestationen errichten.“ Zudem mache das Elektroauto nur Sinn, wenn es mit CO2-freiem Strom geladen wird. „Der aktuelle Strommix in Deutschland stellt hier eine Herausforderung dar. Die CO2-Gesamtbilanz der Elektrofahrzeuge ist natürlich in Ländern wie Norwegen, Schweden oder auch Frankreich aktuell deutlich besser“, so Tschiesner, der bei McKinsey als Senior Partner die Automobilberatung in Europa leitet. „Wir können aus klimaschutztechnischen Gründen lange darüber streiten, ob es sinnvoll war, Kohle und Atomstrom gleichzeitig zu verlassen.“

Deutschland müsse die Stromproduktion für die Bewältigung der Elektromobilität steigern, obwohl das Land gleichzeitig aus Kohle und Atomkraft aussteigt. „Für die Erreichung des aktuellen EU-Ziels, die CO2-Emissionen in der Mobilität bis 2030 um 55 Prozent zu reduzieren, müssen wir die Stromproduktion um vier Prozent steigern und den Anteil der erneuerbaren Energien massiv hochfahren“, rechnet der McKinsey-Experte vor. „Vier Prozent mehr Strom klingt überschaubar, aber wir dürfen nicht vergessen, dass bis 2030 auch nur eins von fünf Autos auf der Straße elektrisch fährt.“ Das bedeutet: Bei einem höheren Anteil elektrischer Autos am Bestand steigt der Strombedarf zusätzlich.

Deshalb betont Tschiesner die Rolle von E-Fuels, die aber im Moment keine große Rolle in der Autoindustrie und Politik spielen. E-Fuels befänden sich „noch nicht im regulatorischen Fokus“, so der Automobilexperte. „Uns sind aktuell keine echten Industrialisierungsprojekte bekannt, es fehlen also die großen Befürworter für synthetische Kraftstoffe. Und die Autohersteller konzentrieren sich gerade auf den Wettlauf rund um die E-Mobilität und die dafür notwendigen Plattformen, da werden Themen wie E-Fuels bei der Investitionsplanung zurückgestellt.“

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