BfN-Handbuch setzt Standards für die Umsetzung der FFH-Richtlinie in Deutschland

Welche EU-weit geschützten Lebensraumtypen kommen in Deutschland vor? Woran kann man sie erkennen und was zeichnet sie aus? Wie reagieren sie auf die Folgen des Klimawandels, die Ausbreitung nicht heimischer Pflanzenarten und zunehmende Stickstoffanreicherung? Welche Maßnahmen sollten zur Erhaltung und zur Pflege getroffen werden? Antworten auf diese und weitere Fragen gibt das BfN-Handbuch zur Umsetzung der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie in Deutschland, dessen umfassend überarbeiteten ersten Band das Bundesamt für Naturschutz (BfN) jetzt veröffentlicht hat.

Die Europäische Union hat mit der FFH-Richtlinie und der Vogelschutzrichtlinie das Schutzgebietssystem Natura 2000 begründet, das in Deutschland etwa 16 Prozent der Landesfläche einnimmt und auf dieser die biologische Vielfalt der Arten und Lebensräume dauerhaft sichern und entwickeln soll. „Der Aufbau und die Unterhaltung dieses weltweit größten systematischen Schutzgebietssystems waren und sind auch in Deutschland eine enorme Herausforderung, die in der Praxis nur zu bewältigen ist, wenn sich alle Beteiligten auf dieselben Standards verständigen und diese auch konsequent anwenden. Das aktualisierte Handbuch bietet für die Umsetzung der europäischen Naturschutzrichtlinien in Deutschland deshalb eine wertvolle Unterstützung“, sagt BfN-Präsidentin Prof. Dr. Beate Jessel.

Der jetzt veröffentlichte Band des Handbuchs berücksichtigt die neuen europäischen Standards der Biotopklassifikation und der Vegetationskunde und fasst den aktuellen Kenntnistand zusammen. „Insbesondere das Wissen über charakteristische Arten der Lebensraumtypen hat sich erheblich verbessert und geht nun über die zuvor weitgehend botanisch geprägte Betrachtung hinaus“, so die BfN-Präsidentin. So wurde bei der Überarbeitung des Handbuchs ein Schwerpunkt auf die charakteristischen Tierarten, insbesondere die Insekten, gelegt.

Das BfN-Handbuch beschreibt alle wesentlichen Aspekte im Zusammenhang mit der Umsetzung der europäischen Naturschutzrichtlinien. In einheitlichen Steckbriefen werden die ersten 45 der 93 in Deutschland vorkommenden und zu schützenden Lebensraumtypen (LRT 1110 bis 5130) detailliert in Wort und Bild beschrieben. Dazu wurden unter anderem das EU-Interpretations-Handbuch der LRT, die FFH-Handbücher der Bundesländer sowie umfangreiche wissenschaftliche Erkenntnisse von Forschungsprojekten ausgewertet. Aktuelle Verbreitungskarten und die Bewertung gemäß des nationalen FFH-Berichts 2019 bieten zusätzliche deutschlandweite Informationen.

Der vorliegende Band 2.1 dieses BfN-Handbuchs ist der erste von drei Teilbänden einer erheblich erweiterten Neuauflage (der Grundlagenband, Band 1, und der Teilband, Band 2.2, mit den LRT 6110 bis 9430 sind in Vorbereitung). Mehr als 60 weitgehend ehrenamtlich eingebundene Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben zum Erstellen des Werkes beigetragen.

Bezug
Ssymank, A., Ellwanger, G., Ersfeld, M., Ferner, J., Lehrke, S., Müller, C., Raths, U., Röhling, M., Vischer-Leopold, M. (2021): Das europäische Schutzgebietssystem Natura 2000. BfN-Handbuch zur Umsetzung der Fauna-Flora-Habitatrichtlinie und der Vogelschutzrichtlinie: Lebensraumtypen der Meere und Küsten, der Binnengewässer sowie der Heiden und Gebüsche. Naturschutz und Biologische Vielfalt 172 (2.1): 795 S.

BfN-Schriftenvertrieb im Landwirtschaftsverlag GmbH Münster; ISBN 978-3-7843-4072-2, DOI: 10.19213/973172; Bestellung online unter: https://bfn.buchweltshop.de/

Weitere Informationen zum Thema / Hintergrundinformationen
– Seit Einführung der „Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie“ (FFH-Richtlinie) im Jahr 1992 sind fast 30 Jahre vergangen und der Aufbau des europäischen Schutzgebietsnetzes Natura 2000 unter Einschluss der EU-Vogelschutzgebiete ist in der EU weitestgehend abgeschlossen. Dieses Netz bedeckt aktuell 18,2 % der terrestrischen Fläche der EU und umfasst darüber hinaus marine Schutzgebiete mit einer Fläche von ca. 440.000 Quadratkilometern. Deutschland liegt mit einem Anteil an seiner terrestrischen Fläche von 15,5 % Natura 2000-Gebieten bzw. 9,3 % FFH-Gebieten etwas unter dem europäischen Durchschnitt.

– Die Umsetzung der FFH-Richtlinie erfordert fortlaufende Standardisierung auf europäischer aber auch auf nationaler Ebene. Auch der enorme Erkenntniszuwachs über die FFH-Lebensraumtypen machte eine grundlegende Neubearbeitung und erhebliche Erweiterung des deutschen FFH-Handbuchs erforderlich. So ist inzwischen die Europäische Lebensraumklassifizierung überarbeitet worden und eine erste Rote Liste der Habitate der EU (Gubbay, Sanders et al. 2016; Janssen, Rodwell et al. 2016) Mit Mucina, Bültmann et al. (2016) ist ein Jahrhundertwerk zur einheitlichen europaweiten Vegetationsklassifizierung entstanden. In Deutschland ist 2017 die 3. Auflage der Roten Liste gefährdeter Biotoptypen veröffentlicht worden (Finck, Heinze et al. 2017) und mit der Reihe der Roten Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands aus den Jahren 2009-2020 auch ein taxonomischer Standard für Checklisten entwickelt worden. Aufgrund dieses umfangreichen Aktualisierungsbedarfs wird nun das ursprüngliche „BfN-Handbuch“ mehrbändig.

– In Deutschland, als einem föderal organisierten Mitgliedsstaat der EU, liegt die Zuständigkeit – abgesehen von der ausschließlichen Wirtschaftszone der Nord- und Ostsee – im Naturschutz primär bei den Bundesländern. Aufgrund der komplexen Umsetzungserfordernisse der EU-Naturschutzrichtlinien ergeben sich dadurch besondere Herausforderungen. Dem Bund kommt hierbei eine koordinierende Rolle zu.

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