„Vieles spricht für einen längeren Abschied von sehr niedrigen Inflationsraten“

Das Statistische Bundesamt hat die vorläufigen Ergebnisse zur Entwicklung der deutschen Inflationsrate im Juni veröffentlicht. Die am deutschen Verbraucherpreisindex gemessene Inflationsrate hat diesen Berechnungen zufolge 2,3 Prozent erreicht und sich damit gegenüber dem Mai nur geringfügig abgeschwächt.Prof.  Dr.  Friedrich Heinemann, Leiter des Forschungsbereichs „Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft“ am ZEW Mannheim, erklärt dazu:

„Die Sichtweise, dass die aktuelle Inflation von Kurzfristfaktoren getrieben wird, ist einerseits richtig, sie greift aber dennoch zu kurz. Es stimmt zwar, dass ein außergewöhnlich starker Anstieg der Importpreise und Sonderfaktoren der Pandemie die Inflation nach oben treiben. Dennoch ist überhaupt nicht sicher, dass diese kurzfristige Inflation genauso schnell verschwindet wie sie gekommen ist. Es sind drei Faktoren, die für eine reale Gefahr eines dauerhaften Inflationsanstiegs sprechen. Erstens sind die steigenden Preise für Importe nicht unbedingt vorübergehend, weil die Lohnkosten in China und anderen Schwellenländern stark und stetig ansteigen. Zweitens dürfte der empfindliche Kaufkraftverlust, den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland durch diese Inflation erleiden, Folgen für die nächsten Lohnverhandlungen haben und den Lohndruck erhöhen. Und drittens schwindet derzeit das Vertrauen, dass die Europäische Zentralbank eine dauerhafte Inflationsdynamik wirklich entschieden bekämpfen wird. Zu sehr sind die hoch verschuldeten Eurostaaten von den Anleihekäufen und den Nullzinsen abhängig geworden. Vieles spricht dafür, dass wir uns auf einen längeren Abschied von der Ära sehr niedriger Inflationsraten einstellen sollten.“

Über ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung GmbH Mannheim

Das ZEW in Mannheim forscht im Bereich der angewandten und politikorientierten Wirtschaftswissenschaften und stellt der nationalen und internationalen Forschung bedeutende Datensätze zur Verfügung. Das Institut unterstützt durch fundierte Beratung Politik, Unternehmen und Verwaltung auf nationaler und europäischer Ebene bei der Bewältigung wirtschaftspolitischer Herausforderungen. Zentrale Forschungsfrage des ZEW ist, wie Märkte und Institutionen gestaltet sein müssen, um eine nachhaltige und effiziente wirtschaftliche Entwicklung der wissensbasierten europäischen Volkswirtschaften zu ermöglichen. Durch gezielten Wissenstransfer und Weiterbildung begleitet das ZEW wirtschaftliche Veränderungsprozesse. Das ZEW wurde 1991 gegründet. Es ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Derzeit arbeiten am ZEW Mannheim rund 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, von denen rund zwei Drittel wissenschaftlich tätig sind.

Forschungsfelder des ZEW

Arbeitsmärkte und Personalmanagement; Digitale Ökonomie; Innovationsökonomik und Unternehmensdynamik; Internationale Finanzmärkte und Finanzmanagement; Marktdesign; Soziale Sicherung und Verteilung; Umwelt- und Ressourcenökonomik, Umweltmanagement; Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft, Gesundheitsmärkte und Gesundheitspolitik.

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