– 45.500 Freiwillige absolvierten ihren Bundesfreiwilligendienst (BFD) in Einrichtungen von Diakonie und evangelischer Jugendarbeit seit 1. Juli 2011
– Angebot für Menschen jeden Alters
– BFD stärkt Freiwilligendienste, weniger Bürokratie ist nötig
Mit Blick auf zehn Jahre Bundesfreiwilligendienst – kurz BFD – ziehen die Diakonie Deutschland und die Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend in Deutschland (aej) Bilanz: Der BFD hat die Freiwilligendienste gestärkt, ist allerdings nach wie vor zu bürokratisch organisiert, so das Fazit.
Vor zehn Jahren setzte der Deutsche Bundestag Wehrpflicht und Zivildienst aus. Zugleich wurde mit dem Bundesfreiwilligendienst (BFD) am 1. Juli 2011 ein neues Angebot für Menschen jeden Alters eingeführt, um die bereits bestehenden Jugendfreiwilligendienste zu ergänzen. Seit Start des BFD haben rund 45.500 Freiwillige einen Dienst in Einrichtungen der Diakonie und der evangelischen Jugendarbeit absolviert. Die Evangelischen Freiwilligendienste sind im BFD der größte zivilgesellschaftliche Anbieter!
"Der Paradigmenwechsel – weg von der staatlichen Dienstpflicht hin zum freiwilligen Engagement – war ein wichtiger Schritt und hat dem Ausbau der Freiwilligendienste erheblichen Rückenwind gegeben. Das haben wir in der Diakonie von Anfang an begrüßt. Freiwilligkeit und persönliche Überzeugung müssen entscheidend bleiben. Ein soziales Jahr darf nicht zur Pflicht werden", sagt Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland. Darauf basierte bereits das 1954 eingeführte Diakonische Jahr. Mit dem Diakonischen Jahr wurde der Grundstein für die Entwicklung der Freiwilligendienste in Deutschland gelegt. "Wir sind davon überzeugt, dass freiwilliges Engagement eine wichtige Säule der Zivilgesellschaft ist und zugleich wichtig für unsere Demokratie. Deshalb müssen die richtigen Anreize und Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit eine Entscheidung für ein freiwilliges soziales Jahr möglich wird. Das ist besser als eine Pflicht", so Loheide.
Mit dem Bundesfreiwilligendienst wurde 2011 aber nicht nur das Platzangebot in den Freiwilligendiensten insgesamt ausgebaut. Seitdem steht es Menschen jeden Alters offen. "Engagement ist keine Frage des Alters. Die bereits bestehenden Jugendfreiwilligendienste um ein generationenoffenes Angebot zu ergänzen, war und ist für viele eine Chance, über den eigenen Tellerrand zu blicken, neue Erfahrungen zu machen und dabei professionell begleitet zu werden", so Loheide weiter.
Der BFD ist wie alle Freiwilligendienstformate als Bildungs- und Orientierungszeit angelegt: Neben dem Dienst in der jeweiligen Einsatzstelle spielt die pädagogische Begleitung der Freiwilligen in Seminaren sowie individuell eine zentrale Rolle. "Freiwilligendienste sind eine besondere Form des bürgerschaftlichen Engagements. Sie bieten den Menschen die Chance, sich in die Gemeinschaft einzubringen und gleichzeitig persönlich zu wachsen", unterstreicht aej-Generalsekretär Michael Peters.
Für die Zukunft wünschen sich aej und Diakonie für den BFD weniger bürokratische Strukturen und insgesamt für die Freiwilligen bessere Rahmenbedingungen. "Der BFD folgt nach wie vor der verstaubten Verwaltungslogik des ehemaligen Zivildienstes und ist viel zu bürokratisch aufgebaut. Das macht es deutlich schwerer, kurzfristig und flexibel Freiwillige an Einsatzstellen zu vermitteln", so Loheide und Peters. Auch die politische Bildung kann deutlich optimiert werden. Anstelle der Verpflichtung, an fünftägigen bildungspolitischen Seminaren der Bildungszentren des Bundes teilzunehmen, sollten diese Seminartage in die Bildungsarbeit der Träger integriert werden. Das haben Diakonie und aej bereits bei der Entwicklung des Konzepts gefordert: "Der verpflichtende Besuch einer staatlichen Institution für politische Bildung ist ein Relikt des ehemaligen Zivildienstes und in dieser Form schon längst nicht mehr zeitgemäß", so Diakonie-Vorständin Maria Loheide. "Wir machen uns seit über einem Jahrzehnt dafür stark, dass die Seminartage in das jeweilige Konzept der Träger integriert und selber durchgeführt werden können – so, wie es sich beim Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) und Freiwilligen Ökologischen Jahr (FÖJ) seit Jahrzehnten bewährt hat."
Zum Hintergrund – Zahlen und Fakten zu zehn Jahren BFD:
– Insgesamt beginnen in der Evangelischen Trägergruppe pro Jahr rund 13.500 Menschen einen Freiwilligendienst (BFD, FSJ, FÖJ oder internationaler Freiwilligendienst). Rund ein Drittel der Freiwilligen macht einen Bundesfreiwilligendienst.
– Mit dem BFD gab es erstmals ein Angebot, das Menschen jeden Alters offensteht. Beinahe jeder fünfte Bundesfreiwilligendienstleistende in der Evangelischen Trägergruppe ist über 27 Jahre alt, der Großteil davon zwischen 27 und 50 Jahren. Der BFD ist besonders für jene lebensälteren Menschen interessant, die sich um- und neuorientieren möchten, zum Beispiel nach einer Familienphase.
– Der Bundesfreiwilligendienst lehnt sich in der Ausgestaltung eng an die Jugendfreiwilligendienste an. Die Mehrzahl der Freiwilligen ist bei den gleichen Trägerorganisationen tätig, die auch das FSJ durchführen. Die zivilgesellschaftlichen Zentralstellen setzen hier das bewährte Trägerprinzip um, das den erfolgreichen Start des BFD ermöglichte: Die Träger sind unter anderem verantwortlich für die pädagogische Begleitung der Freiwilligen, die Fortbildung und Qualifizierung der Einsatzstellen und wirken auch als vermittelnde Instanz bei Konflikten zwischen Freiwilligen und Einsatzstellen.
Weitere Informationen:
Nachgefragt-Interview mit Rainer Hub zur Bilanz von zehn Jahren BFD:
BFDlerin des ersten Jahrgangs:
Erfahrungsbericht zum BFD nach dem Berufsleben:
Nachgefragt-Interview zum BFD unter Corona-Bedingungen:
Wissen Kompakt BFD:
Evangelische Freiwilligenbörse:
Themenschwerpunkt: https://www.diakonie.de/freiwilligendienste
Die Evangelischen Freiwilligendienste sind eine gGmbH der Diakonie Deutschlandund der Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend in Deutschland e.V. Sie sind die Bundesgeschäftsstelle des Zusammenschlusses der evangelischen Träger, die Freiwilligendienste im In- und Ausland anbieten. Die Evangelische Trägergruppe steht für rund 60 Organisationen aus Jugendarbeit, Diakonie, Landes- und Freikirchen, die regional, bundesweit und international Freiwilligendienste anbieten. Die evangelischen Träger verfügen über jahrzehntelange Erfahrung in den Freiwilligendiensten und haben diese von Beginn an als Bildungs- und Orientierungszeit für Menschen gesehen und entwickelt und führen diese nach einheitlichen Qualitätsstandards durch. Vom Beginn an in 1954 haben insgesamt rund 255.400 Menschen einen Freiwilligendienst in der Evangelischen Trägergruppe gemacht.
Die Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend in Deutschland e. V. (aej) vertritt als Dachorganisation die Interessen der Evangelischen Jugend in Deutschland auf Bundesebene. 32 Mitgliedsorganisationen und acht außerordentliche Mitglieder arbeiten hier zusammen. Unter dem Leitbild Orientierung an Christus – Vielfalt als Chance – Selbstbestimmung von Kindern und Jugendlichen prägt Evangelische Jugend den persönlichen Glauben an Gott, verwirklicht Gerechtigkeit zwischen Menschen, Geschlechtern und Generationen und zeigt Wege in eine Welt voller Vielfalt auf. Evangelische Jugend schafft Räume für die Partizipation junger Menschen in Kirche, Politik und Gesellschaft und beteiligt sich an allen Entscheidungen, die junge Menschen betreffen.
Die Diakonie ist die soziale Arbeit der evangelischen Kirchen. Bundesweit sind 599.282 hauptamtliche Mitarbeitende in rund 31.600 ambulanten und stationären Diensten der Diakonie wie Pflegeheimen und Krankenhäusern, Beratungsstellen und Sozialstationen mit 1,18 Millionen Betten/Plätzen beschäftigt. Der evangelische Wohlfahrtsverband betreut und unterstützt jährlich mehr als zehn Millionen Menschen. Etwa 700.000 freiwillig Engagierte sind bundesweit in der Diakonie aktiv.
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