Aktuelle Situation
- Die Pandemie steigert die Anzahl der Besucherinnen und Besucher von Stadtgrün deutlich; das ohnehin stark beanspruchte Stadtgrün wird zusätzlich strapaziert.
- Gerade Familien und junge Leute finden Stadtgrün wichtiger denn je.
- Grünflächen bieten notwendige Entlastung bei beengten Wohnverhältnissen. Gerade dichte und benachteiligte Stadtquartiere müssen mit ausreichend Grünflächen versorgt werden.
- Grünanlagen steigern die psychosoziale Resilienz in Städten genauso wie die Klima-Resilienz.
- Nur gut gepflegte Grünanlagen halten so dem Nutzungsdruck stand und bleiben dauerhaft erhalten.
Nicht am falschen Ende sparen
- In städtischen Haushalten muss mehr Geld für die Pflege von Grünanlagen, aber auch für deren Erweiterung bereitgestellt werden.
- Schlechte Pflege vernichtet Werte und Substanz, positive Wirkungen werden reduziert.
- Auch bei Haushaltsbelastung darf am Grün nicht gespart werden. Dies ginge auf Kosten der physischen wie psychischen Gesundheitsprävention.
- Kommunen müssen auch deswegen finanziell gestärkt werden.
Grünflächennutzung und Gesundheitsprävention
Schon immer gehörten die Grünflächen zu den intensiv und breit genutzten öffentlichen Einrichtungen der Städte. Bis zu 95 Prozent der Bevölkerung nutzen sie, die meisten davon häufig. Die Grünanlagen sind Orte der Begegnung und leisten einen wesentlichen Beitrag zur städtischen Kultur. Gut gestaltete und gepflegte Anlagen sind ebenso Ausdruck von Kultur wie andere Kunstwerke, ob historisch oder zeitgenössisch. Sie sind nicht nur für die einheimische Bevölkerung wichtig, sondern zunehmend auch für Touristen.
Die Besuchsfrequenz öffentlicher Grün- und Freianlagen hat sich seit Beginn der Corona-Pandemie deutlich gesteigert. Selbst die kleinsten grünen Ecken werden intensiv genutzt. Das zeigt nicht nur der Augenschein, die eigene Erfahrung, auch empirische Untersuchungen belegen es. Für fast 50 Prozent der Bürgerinnen und Bürger haben Grünflächen in der Pandemie an Bedeutung gewonnen, knapp 30 Prozent besuchen sie öfter als zuvor. Gleichzeitig verschärfen sich jedoch schon bestehende Defizite in Pflege und Unterhalt vieler Grünanlagen: Laut einer repräsentativen Forsa-Umfrage aus 2020 bemängeln bis zu einem Viertel der Befragten den Zustand der Anlagen (Umfrage im Auftrag der Initiative „Grün in der Stadt“, www.gruen-in-der-stadt.de).
Die gesteigerte Bedeutungszumessung und die steigenden Besuchszahlen zeigen deutlich, dass die Grünflächen nicht nur für Biodiversität, Ökologie und Klimaanpassung einer Stadt von Bedeutung sind, sondern zugleich für die psycho-soziale Resilienz der Bevölkerung – gerade auch in Zeiten pandemiebedingter Einschränkungen. Familien, die auf begrenztem Raum Homeoffice, Schule und normales Leben bewerkstelligen müssen, sind auf Ausweichmöglichkeiten angewiesen, möglichst im direkten Wohnumfeld. Öffentliche Grünanlagen stehen bei jungen Leuten und Familien mit Kindern hoch im Kurs, untermauert die vorgenannte Umfrage. Es ist also im Interesse der Umwelt- wie auch der sozialen Gerechtigkeit, eine quantitativ wie qualitativ hochwertige öffentliche Grünversorgung zu gewährleisten.
Pflege und Entwicklung öffentlichen Grüns
In Konsequenz der Entwicklung ist eine Trendumkehr bei der kommunalen Grünflächenpflege erforderlich. In den letzten Jahrzehnten war dieser Bereich das „Sparschwein“ der Kommunen, obwohl die Grünflächen die am meisten genutzten öffentlichen (Kultur-) Einrichtungen der Städte waren und sind. Aktuell steht zu befürchten, dass die öffentlichen Haushalte durch die Corona-Pandemie nachhaltig belastet werden. Doch dies darf nicht zu Lasten von Pflege und Unterhalt öffentlicher Grünanlagen gehen. Auch deshalb müssen die Kommunen finanziell dringend entlastet werden.
Wenn Grünflächen nicht gepflegt werden, verlieren sie drastisch an Benutzbarkeit, an Klimawirksamkeit und an Qualität, somit an Wert. Bäume gehen bei Trockenheit ein, frisch gepflanzte wachsen nicht an. Ein neu gepflanzter Baum kostet zwischen 600 € (im Park) und bis zu 2000 € (Straßenbäume). Werden sie nicht gepflegt, vor allem gewässert, werden Investitionen sinnlos vernichtet.
Schon im 19 Jahrhundert waren Pandemien der Anlass, in vielen Städten die Versorgung mit öffentlichem Grün zu verbessern, so zu Zeiten der Cholera in New York (Olmstead, Central Park) und Paris (Hausmann‘sche Boulevards) und der Spanischen Grippe nach dem ersten Weltkrieg, z.B. in Mumbai und Melbourne. Auch in Deutschland, insbesondere in Berlin wurde gegen Ende des 19. Jahrhunderts erkannt, dass für eine gesunde Bevölkerung mehr Grünflächen und Bewegungsräume geschaffen werden müssen (Arminius, Martin Wagner und das sanitäre Grün der Städte). In den letzten Jahrzehnten wurde auch die Bedeutung für die psychische Gesundheit zunehmend bekannt (z.B. „Stress And The City“ von Mazda Adli).
Die (Über-) Lebensqualität unserer Städte hängt von der Stärkung ihrer Grün- und Freiräume ab. Die Pflege vorhandener Grünanlagen muss verbessert und unterversorgte Stadtquartiere besser ausgestattet werden, um gegenwärtigen wie künftigen Herausforderungen ökonomischer, ökologischer und sozialer Natur gewachsen zu sein.
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