Wissenschaftliche Daten weisen zunehmend darauf hin, dass Vitamin D sich vorteilhaft auf verschiedene Erkrankungen auswirken könnte. Prof. Dr. Jakob Linseisen, DGE-Präsident und Vorsitzender der DGE-Arbeitsgruppe Vitamin D, ordnet die vorliegenden Ergebnisse des Umbrella Reviews ein: „Die hohen Erwartungen hinsichtlich der Effektivität einer Supplementation von Vitamin D lassen für die meisten untersuchten Krankheiten keine eindeutigen Schlussfolgerungen zu. Anhand von bisher publizierten Umbrella Reviews und weiterer aktueller Studien haben wir für den Ernährungsbericht außerdem die Datenlage für Vitamin D und weitere chronische Krankheiten zusammengefasst. Danach ist nach wie vor nicht belegt, dass Vitamin D vor Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes mellitus Typ 2 schützt. Hier besteht weiterer Forschungsbedarf.“
Aktualisierung der wissenschaftlichen Datenlage
Mit ihrem Umbrella Review aktualisiert die DGE den Wissensstand über die mögliche Rolle von Vitamin D bei der Prävention und Behandlung von Atemwegserkrankungen wie Asthma, chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) und akute Atemwegsinfektionen, psychischen Erkrankungen wie Demenz und Abnahme der kognitiven Leistungsfähigkeit, Depression sowie den Autoimmunerkrankungen Multiple Sklerose (MS) und Diabetes mellitus Typ 1. Für die umfassende Übersichtsarbeit hat das DGE-Referat Wissenschaft in Kooperation mit einer Arbeitsgruppe des Wissenschaftlichen Präsidiums der DGE 73 systematische Reviews qualitativ analysiert und ausgewertet.
Präventive Effekte von Vitamin D
Zwischen dem Vitamin-D-Status und dem Risiko für akute Atemwegsinfektionen wurde ein inverser Zusammenhang beobachtet. Je niedriger der Vitamin-D-Status war, desto höher war das Risiko für Atemwegsinfektionen. Zudem könnte bei einer unzureichenden Vitamin-D-Versorgung eine Supplementation mit Vitamin D einen positiven Einfluss auf die Prävention von akuten Atemwegsinfektionen haben. Schlussfolgerungen für die Prävention von COVID-19 lassen sich aus den Daten derzeit allerdings nicht ableiten, da alle bewerteten Studien vor Auftreten der Pandemie durchgeführt wurden. In Beobachtungsstudien wurde auch zwischen dem Vitamin-D-Status und dem Risiko für Demenz und Abnahme der kognitiven Leistungsfähigkeit sowie Depressionen ein inverser Zusammenhang gefunden. Diese Ergebnisse konnten in kontrollierten Studien jedoch nicht eindeutig bestätigt werden.
In Bezug auf präventive Aspekte des Vitamin-D-Status auf Asthma, MS und Diabetes mellitus Typ 1 waren die vorliegenden Daten aus Beobachtungsstudien nicht eindeutig. Darüber hinaus liegen keine Daten aus kontrollierten Studien hinsichtlich eines Zusammenhangs zwischen Vitamin D und der Prävention von Asthma, COPD, MS und Diabetes mellitus Typ 1 vor.
Therapeutische Effekte von Vitamin D vor allem bei Vitamin-D-Mangel
Ein angemessener Vitamin-D-Status kann in der Kindheit das Risiko für die Verschlechterung von Asthma verringern. In Bezug auf Vitamin D und Asthma in der erwachsenen Bevölkerung sind die verfügbaren Daten unzureichend, um daraus verlässliche Schlüsse zu ziehen. Bei Patient*innen mit COPD zeigten sich günstige therapeutische Effekte von Vitamin D nur bei Vorliegen eines Vitamin-D-Mangels. Die Effekte bei schweren Depressionen sowie Diabetes mellitus Typ 1 müssen weiter untersucht werden. Patient*innen mit Atemwegsinfektionen oder MS scheinen nicht von einer therapeutischen Vitamin-D-Supplementation zu profitieren.
Den Vitamin-D-Status kann der Hausarzt anhand der 25(OH)D-Konzentration als individuelle Gesundheitsleistung (IGeL) im Blut bestimmen. Liegt der Wert unter 25-30 nmol/l (10-12 ng/ml), liegt eine mangelhafte Vitamin-D-Versorgung vor; der optimale Bereich sollte mindestens 50 nmol/l (20 ng/ml) betragen.
Vitamin-D-Dosen von 20 µg (800 IE) können als sicher angesehen werden und signifikant dazu beitragen, zirkulierende 25(OH)D-Konzentrationen von mindestens 50 nmol/l zu erreichen. Die DGE weist darauf hin, dass eine über den Bedarf hinausgehende Supplementation, insbesondere in Form von hohen Dosierungen, keine präventiven Vorteile bringt. Sollte eine Supplementation, z. B. aufgrund von fehlender körpereigener Bildung notwendig sein, rät sie zu kontinuierlichen täglichen Dosen in der empfohlenen täglichen Zufuhrmenge von 10 bis 20 µg (400-800 IE).
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