Im internationalen Vergleich ist Deutschland absoluter Vorreiter: Als erstes Land haben Regierung und Kreditversicherer einen Schutzschirm in Höhe von 30 Milliarden Euro geschaffen, damit Handelsgeschäfte weiterhin abgesichert werden können.
Schließlich hatte bereits das schwache Wirtschaftswachstum 2019 dazu geführt, dass sich die Kreditversicherer Portfolien individuell angeschaut und Limite nach unten korrigiert haben. Wie immer zeigte sich hier aus Sicht der GFL ein sehr unterschiedliches Bild: Während einige Kreditversicherer die Limite belassen oder nur minimal korrigiert haben, griffen andere massiv ein. Die Schwerpunkte waren dabei teilweise identisch, teils aber auch sehr unterschiedlich. Länder wie Italien und Großbritannien standen dabei unter besonderer Beobachtung.
Die Corona-Krise führte dann dazu, dass noch einmal deutlich stärker Limitreduzierungen vorgenommen wurden – auch jetzt reagierten die Versicherer noch sehr unterschiedlich. Der Schutzschirm sollte dem ein Ende bereiten und deutschen Unternehmen, die ihre Kunden im In- und Ausland versichern wollen, wieder mehr Sicherheit garantieren.
Das ist auch zum Großteil geglückt, die Lage hat sich entspannt – dennoch gibt es weiterhin Reduzierungen und Aufhebungen. „Bei einzelnen Kreditversicherern haben wir positive Erfahrungen mit Revisionen gemacht, die in der Corona-Krise zurückgenommen wurden“, beschreibt GFL-Geschäftsführer Marcus Sarafin seine Beobachtungen der letzten Wochen, „bei anderen ist das zur Zeit jedoch nicht erkennbar. Erhöhungen aus vorher getätigten Reduzierungen oder neu aufkommendes Geschäft wird immer noch sehr zurückhaltend gezeichnet. Die echte Unterstützung der Kunden ist nach diversen Rückmeldungen unserer Kunden nicht ausreichend erlebbar.“ Hinzu kommt, dass viele Kunden die – leider unrealistische – Erwartungshaltung haben, dass der Schutzschirm nun eine 100-prozentige Deckung gewährleistet.
Die Sicht der Kreditversicherer
Doch wie sehen die Kreditversicherer das? GFL hat die großen Anbieter um ein Statement dazu gebeten. Bei den meisten kann man die Kritik der GFL-Kunden nicht nachvollziehen. So teilt Atradius mit, dass in den meisten Fällen die Limite aufrecht erhalten würden. Dass weiterhin selektiert werden müsse, sei im Sinne der Kunden: „Der Schutzschirm ist nicht für Unternehmen gedacht, die sich bereits vor Corona in einer schwierigen Situation befanden. In diesem Zusammenhang übernehmen wir weiterhin unsere Kernfunktion der Kreditprüfung und -überwachung. Alle unsere Kunden haben eine Selbstbeteiligung. Aus diesem Grund ist es nicht im Interesse unserer Kunden diese Kernfunktion komplett außer Kraft zu setzen“, so Ronald Schefczyk, Head of Broker Coordination bei Atradius.
Auch Coface sieht das ähnlich: Zwar könnten Limite der Kunden durch den Schutzschirm aufrecht erhalten werden, gefragt sei jedoch weiterhin eine klassische Kreditversicherung und keine hundertprozentige Risikoübernahme. „Wir entscheiden im Sinne unserer Kunden und besprechen mit ihnen ausführlich die aktuelle Situation mit Blick auf die Zukunft“, so Jens Marienfeld, Head of Brokermanagement bei Coface.
Bei R+V verspricht man sogar sehr klar: „Wir können und werden die Versicherungssummen für die Debitoren unserer Versicherungsnehmer in gleichem Umfang aufrecht erhalten wie vor der Pandemie. Es gab und gibt allerdings immer Fälle, in denen die Aufhebung oder Ablehnung einer Versicherungssumme die einzige Möglichkeit darstellt. Dies ist auch im Interesse unserer Versicherungsnehmer.“ Euler Hermes verweist auf seine Pressemitteilungen. Hier ist zu lesen, dass Deckungszusagen für zuvor gesunde Unternehmen durch den Schutzschirm aufrecht erhalten werden können.
Bei den Versicherern setze man nach wie vor auf individuelle Prüfungen. „Da, wo der Schutzschirm zur Anwendung kommt und wir vereinzelt Rückfragen von Kunden zu Kreditentscheidungen haben, konnten wir die Entscheidungen meist zur vollen Zufriedenheit unseres Kunden begründen“, berichtet Atradius.
Wo der Schutzschirm zur Anwendung kommt und wo nicht, ist für die Kunden allerdings teilweise schwer zu durchschauen, weiß Marcus Sarafin. So greift der Schutzschirm beispielsweise nicht für große deutsche Unternehmen mit internationalen Versicherungsprogrammen. Andererseits gibt es Auslandsgesellschaften, die unter den Schutzschirm fallen – weil sie durch einen Miteinschluss in die deutsche Police versichert sind. „Die generelle Aussage ‚Der Schutzschirm gilt für deutsche Unternehmen, für ausländische nicht‘ kann man deshalb nicht treffen“, bemängelt Sarafin, „obwohl das von vielen Unternehmern so verstanden wurde. Ob das die Regierung tatsächlich so gewollt hat, können wir nicht beurteilen; in der Praxis sehen wir jedoch viele Detailprobleme.“
Problem: Limitreduzierungen für ausländische Lieferanten
Ein weiteres großes Problem haben deutsche Firmen momentan, wenn sie im Ausland einkaufen. Die Lieferanten sind damit qua Zielsetzung nicht unter dem Schutzschirm angesiedelt, sodass einige Versicherer bei ihnen weiter Limite reduzieren. „Dieses Problem spiegeln unsere Kunden vielfach wieder“, berichtet Marcus Sarafin, „da handelnde und produzierende Unternehmen häufig auf Produkte ausländischer Lieferanten angewiesen sind.“
Auch hier gehen die Kreditversicherer sehr unterschiedlich vor. Lediglich R+V gibt an, bei ausländischen Lieferanten ihrer Kunden keinerlei Limite zu kürzen. „Wenn Unternehmen bereits vor der Krise in Schieflage waren und kein Schutzschirmverfahren greift, reduzieren wir selbstverständlich Limite“, heißt es hingegen bei Coface. „Die reguläre Risikoprüfung seitens der Kreditversicherer wird durch den Schutzschirm schließlich nicht ausgehebelt.“ Auch bei Atradius wird geprüft, ob es im jeweiligen Land einen Schutzschirm gibt, unter den der Lieferant fällt: „Ausländische Lieferanten, die Kunden von Atradius im Ausland sind und für die es eine Staatsdeckung gibt, berücksichtigen wir entsprechend in unseren Limitentscheidungen für deren Abnehmer. Genauso müssen wir natürlich auch berücksichtigen, wenn es keine Staatsdeckung gibt.“
100-prozentige Deckung durch den Staat?
Aus Sicht von GFL-Geschäftsführer Marcus Sarafin braucht es momentan allerdings mehr Unterstützung für die Unternehmen: „Wir sehen die Gefahr, dass eine unzureichende Limitvergabe der Kreditversicherer den Aufschwung erheblich bremsen könnte.“ Business as usual reiche da nicht aus. „Es braucht die Unterstützung der Versicherer und Finanzpartner, um einen hoffentlich schnellen und starken Aufschwung aktiv zu begleiten.“ Auch wenn das die Kreditversicherer selbst anders sehen: Für eine echte Unterstützung fordert Sarafin den Bund auf, die Selbstbeteiligung im Rahmen des Schutzschirms zu überdenken: „Bei den anscheinend eindeutigen Vorgaben des Bundes, wie und wann der Schutzschirm wirkt, verstehen wir gut, dass Versicherer vorsichtig agieren.“
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