Zum 106. Jahrestag dieses historischen Ereignisses, gedachten die Sudetendeutschen in einer Feierstunde im „Haus der Heimat“ in Stuttgart der Opfer und erinnerten so auch an das Selbstbestimmungsrecht der Völker.
Unter den zahlreichen Besuchern, die der Einladung zur Feierstunde zum Gedenken an den 4.März 1919 gefolgt waren, konnte der Landesobmann der Sudetendeutschen Landsmannschaft Baden- Württemberg, Bürgermeister Klaus Hoffmann, neben Gedenkredner Andreas Schütze, auch wieder eine große Anzahl von Ehrengästen begrüßen. So waren der CDU-Landtagsabgeordnete Konrad Epple, der CDU-Stadtrat Dr. Klaus Nopper, der Vorsitzende des Sudetendeutschen Heimatrates und Ehrenvorsitzender des Südmährerbundes, Franz Longin MdL a.D.(CDU), der Landesvorsitzende des Bundes der Vertriebenen Baden-Württemberg, Hartmut Liebscher, der Landesvorsitzende der Union der Vertriebenen und Flüchtlinge (UdVF) in der CDU, Christoph Zalder sowie die Mitglieder der Bundesversammlung der Sudetendeutschen Landsmannschaft, Kreisobfrau Waltraud Illner und Peter Sliwka zur Gedenkfeier ins „Haus der Heimat“ gekommen.
Ein besonderer Gruß galt jedoch dem ehemaligen Amtschef des baden-württembergischen Innenministeriums und heutigem Leiter der Abteilung 1, Andreas Schütze, der in der vom Klavierduo Jost Costa musikalisch umrahmten Feierstunde, die Gedenkrede hielt.
Nachdem Landesobmann, Bürgermeister Klaus Hoffmann, in seinen Eingangsworten die Ereignisse des „4.März 1919“ noch einmal in Erinnerung gerufen hatte und dabei mahnte, die Vergangenheit nicht zu vergessen und daraus die Lehren zu ziehen, stellte Andreas Schütze die Bedeutung des Selbstbestimmungsrechts in den Mittelpunkt seiner Gedenkrede und rief dazu auf, dieses Menschenrecht zu verteidigen. Angesichts des weltweiten Rückgangs an Demokratien in den Staaten der Welt, sei konkretes Handeln gefragt, um für das Selbstbestimmungsrecht, das zu den Grundaxiomen der Charta der Vereinten Nationen zählt, einzutreten. Dabei zeige der Ukraine-Krieg wie gefährdet das Selbstbestimmungsrecht der Völker sei, kämpfe die Ukraine doch für seine Selbstbestimmung, während es Moskau in seinem Krieg um mehr als die Einnahme der Ukraine, nämlich um eine neue Weltordnung gehe.
Doch nicht nur Krieg gefährde das Selbstbestimmungsrecht von Völkern und Staaten, auch bei wirtschaftlichen Interessen zeigten Machthaber nur wenig Respekt vor diesem Menschenrecht. Das mache beispielsweise das Ansinnen des wiedergewählten US Präsidenten Donald Trump deutlich, der Grönland mit seinen reichen Bodenschätzen in die USA eingliedern möchte. „Das Selbstbestimmungsrecht darf nicht zur Manövriermasse werden“, so Andreas Schütze, der mit Bedauern feststellte, dass das Prinzip des Selbstbestimmungsrechts keine Selbstverständlichkeit mehr in der Welt sei.
Der Gedenkredner erwähnte aber auch die positiven Entwicklungen, die sich vor allem seit den 90er Jahren zwischen Deutschland, Österreich und Tschechien ergeben hätten und lobte das Engagement der Sudetendeutschen für ihr Eintreten für ein gemeinsames europäisches Haus.
Am Ende seiner Gedenkrede appellierte Andreas Schütze an die Versammlung, für ein starkes und vereintes Europa einzutreten, das nicht spalte, sondern integriere, das nicht mit zweierlei Maß messe und das Selbstbestimmungsrecht uneingeschränkt anerkenne.
-Helmut Heisig-
SL-Stuttgart
Sudetendeutsche Landsmannschaft Landesverband Baden-Württemberg e.V.
Wir vertreten die im Land Baden-Württemberg wohnenden Sudetendeutschen.
Die Nachfahren jener Deutschen, die vor mehr als 800 Jahren in den sogenannten "Böhmischen Ländern", nämlich in Böhmen, Mähren und dem südlichen Teil Schlesiens (diese Länder bilden heute die "Tschechische Republik") ansässig geworden sind, wurden in diesem Jahrhundert unter dem Sammelnamen "Sudetendeutsche" bekannt.
1945/46 wurden 3,2 Millionen von den insgesamt 3,5 Millionen Sudetendeutschen aus ihrer Heimat vertrieben, ihr Eigentum wurde entschädigungslos konfisziert. Konfiskation und Vertreibung waren begleitet von blutigen Exzessen. Grundlage dieser gegen Menschen- und Völkerrecht verstoßenden "ethnischen Säuberung" bildeten Dekrete, die vom damaligen tschechoslowakischen Staatspräsidenten Edvard Beneš erlassen worden waren und die heute noch gültig sind.
Rund 600 000 dieser vertriebenen Sudetendeutschen kamen nach Baden-Württemberg, wo sie sich eine neue Existenz aufbauten und in das wirtschaftliche, gesellschaftliche, kulturelle und politische Leben eingegliedert wurden. Sie fanden sich in zahlreichen Vereinigungen zusammen, deren Grundlage ganz verschiedenartig war: Herkunftsgebiete, politische oder kulturelle Interessen, Freizeitgestaltung, berufliche Gemeinsamkeiten und manches mehr.
Jeder 15. Einwohner Baden-Württembergs ist Sudetendeutscher. Heute gibt es in Europa und Übersee insgesamt rund 3,8 Millionen Sudetendeutsche. Rund 600 000 von ihnen kamen im Zuge der Vertreibung aus ihrer Heimat nach dem 2.Weltkrieg nach Baden-Württemberg. Gemeinsam mit der einheimischen Bevölkerung trugen sie in der Nachkriegszeit zum Wiederaufbau des Landes bei. Durch ihre Stimmabgabe bei der Volksabstimmung 1952 waren sie wesentlich am Zustandekommen des "Südweststaates" beteiligt. Die für Baden-Württemberg kennzeichnende Ausgewogenheit zwischen großen Weltfirmen, Mittel- und Kleinbetrieben hat die wirtschaftliche Eingliederung der Sudetendeutschen und die Gründung neuer Werke und Fabriken durch sudetendeutsche Unternehmer in besonderem Maße erleichtert. Stellvertretend dafür seien genannt die Autofirma Porsche in Stuttgart, die Wiesenthal-Glashütte in Schwäbisch Gmünd, die Aluminium-Hütte Grohmann in Bisingen,die Maschinenfabrik Panhans in Sigmaringen, die Papierwerke Zechel in Reilingen,das Pharmawerk Merckle in Blaubeuren, dazu zahlreiche weitere mittlere und kleinere Betriebe.
27 Städte und Gemeinden Baden-Württembergs übernahmen Patenschaften über sudetendeutsche Kreise, Gemeinden und Landschaften. Insgesamt 24 kulturelle sudetendeutsche Einrichtungen – wissenschaftliche Gesellschaften, Archive, Büchereien, Sammlungen, Heimatstuben – wurden durch eigene Kraft der Sudetendeutschen und mit Hilfe öffentlicher Stellen in Baden-Württemberg aufgebaut.
Aus dem kulturellen Leben des Landes sind manche Namen von Sudetendeutschen nicht mehr wegzudenken, wie z. B. der Bildhauer Prof. Otto H. Hajek, die Tänzerin Birgit Keil, die Komponisten Karl-Michael Komma und Widmar Hader, der weltbekannte Posaunist Armin Rosin, die Dirigenten Wolfgang G. Hofmann und Emmerich Smola, die Malerin Traude Teodorescu-Klein oder der Dichter und Schriftsteller Josef Mühlberger – um nur einige wenige stellvertretend zu nennen.
Das Sudetenland im Vergleich zur Fläche einzelner deutscher Bundesländer
Bayern 70550 km2
Baden-Württemberg 35750 km2
Sudetenland 26500 km2
Hessen 21100 km2
Schleswig-Holstein 15700 km2
Saarland 2600 km2
Die kulturelle Verflechtung der Sudetendeutschen mit den übrigen deutschen Ländern und Landschaften ist seit Jahrhunderten eng und vielgestaltig.
Beispiele sind: Der schwäbische Baumeister Peter Parler aus Schwäbisch Gmünd, der im 14. Jahrhundert u. a. den Veitsdom in Prag erbaute, oder der aus dem Egerland kommende Barockbaumeister Balthasar Neumann, der nicht nur die Würzburger Residenz, sondern z. B. auch berühmte Treppenhäuser in Brühl und Bruchsal schuf. Auch andere Namen, herausgegriffen aus einer großen Zahl, beweisen den lebendigen Anteil, den die Deutschen aus den böhmischen Ländern am geistigen Leben des gesamten deutschen Volkes hatten und haben: Der Komponist Johann Wenzel Stamitz aus Deutsch-Brod beispielsweise, der später in Mannheim wirkte, Vinzenz Prießnitz und Johann Schroth, die großen Naturheiler, der Brünner Abt Gregor Mendel, dessen Vererbungslehre zur Grundlage moderner Genetik wurde, die Friedensnobelpreis-Trägerin Bertha von Suttner, die Dichter Rainer Maria Rilke, Adalbert Stifter, Marie von Ebner-Eschenbach, die Maler Alfred Kubin oder Ferdinand Staeger, aber auch die Bamberger Symphoniker, die nach der Vertreibung aus den "Prager Deutschen Philharmonikern" hervorgegangen waren, oder auch der Schriftsteller Otfried Preußler aus Reichenberg, dessen "Räuber Hotzenplotz" und "Kleine Hexe" heute Millionen Kinder und Erwachsene erfreuen.
Die Organisationen der Sudetendeutschen spiegeln in ihrer Vielfalt und Vielschichtigkeit das Leben und die Interessen der Angehörigen dieser Volksgruppe wider. Im politischen, kulturellen, wissenschaftlichen, wirtschaftlichen, beruflichen, sozialen und gesellschaftlichen Bereich gibt es sudetendeutsche Zusammenschlüsse, aber auch auf Generationsebene und im Bereich der Freizeitgestaltung.
In Baden-Württemberg gibt es heute 27 größere sudetendeutsche Vereinigungen, von denen viele noch Untergliederungen auf Orts- und Kreisebene haben.
Mehrere sudetendeutsche Zeitschriften werden in Baden-Württemberg herausgegeben, ebenso haben verschiedene sudetendeutsche Stiftungen, Institute und Gesellschaften ihren Sitz in diesem Lande.
Die Sudetendeutschen im Vergleich zur Einwohnerzahl verschiedener Staaten
Norwegen 4,1 Mio
Sudetendeutsche 3,8 Mio
Irland 3,3 Mio
Albanien 2,7 Mio
Luxemburg 0,36 Mio
Island 0,23 Mio
Sudetendeutsche Landsmannschaft Landesgruppe e. V
Schloßstr. 92
70176 Stuttgart
Telefon: +49 (711) 625411
Telefax: +49 (711) 6336525
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