Selbst CDU-Wähler halten die Kirchen für unwichtig

77 Prozent der Bürgerinnen und Bürger bewerten den »Lebensbereich Kirche« als »unwichtig«, 68 Prozent weisen »der Religion« keine relevante Bedeutung in ihrem Leben zu. Dies geht aus den jüngst veröffentlichten Daten der »Allgemeinen Bevölkerungsumfrage der Sozialwissenschaften« (ALLBUS) hervor. »Die deutsche Politik sollte die Ergebnisse der Umfrage ernstnehmen und das Verhältnis von Staat und Religion neu bestimmen«, erklärt dazu der Vorsitzende der »Giordano-Bruno-Stiftung« (gbs), Michael Schmidt-Salomon.

Die »Forschungsgruppe Weltanschauungen in Deutschland« (fowid) hat den aktuellen Datensatz »ALLBUS 2023« im Hinblick auf die Einstellungen der Bevölkerung zu Kirche und Religion analysiert und in einem Beitrag ausführlich dargestellt. Über die Ergebnisse war selbst fowid-Leiter Carsten Frerk streckenweise überrascht: »Einiges war zu erwarten – etwa, dass 96 Prozent der Konfessionsfreien der Aussage zustimmen, dass die Kirchen für sie unwichtig sind. Schon etwas erstaunlicher ist, dass dies auch auf 65 Prozent der katholischen und evangelischen Kirchenmitglieder zutrifft.«

Der bemerkenswerteste Befund der Studie ist für Frerk jedoch, »dass die Parteipräferenz bei dieser Frage kaum eine Rolle spielt«: »Die überwältigende Mehrheit der Wählerinnen und Wähler aller Parteien hält die Kirchen für unwichtig (78 Prozent bei der SPD, 84 Prozent bei der FDP, 81 Prozent bei den Grünen, 88 Prozent bei den Linken, 85 Prozent bei der AfD, 86 Prozent bei den sonstigen Parteien). Selbst CDU/CSU-Wähler stimmen mit einer starken Mehrheit von 65 Prozent der Aussage zu, dass die Kirchen in ihrem Leben unwichtig sind.«

»Die CDU/CSU sollte ihre Politik gründlich überdenken«

Der künftige Bundeskanzler sollte diese Fakten in seiner Religionspolitik beachten, meint der Philosoph und gbs-Vorsitzende Michael Schmidt-Salomon: »Sollte Friedrich Merz, der sich in der Vergangenheit immer wieder als ›gläubiger Christ‹ inszeniert hat, seine Politik tatsächlich an den Interessen der Kirchen ausrichten, wäre dies einem Großteil seiner Wählerinnen und Wähler kaum zu vermitteln. Eine solche Ausrichtung wäre zudem alles andere als zukunftstauglich. Denn je jünger die Menschen in Deutschland sind, desto größer ist ihr Abstand zu den Kirchen. Nur in der Altersgruppe der über 89-Jährigen liegt die Zustimmung zu der Aussage, dass die Kirchen für das eigene Leben unwichtig sind, unter der 50-Prozentmarke. Schon bei den 75-89-Jährigen stimmen 58,6 Prozent dieser Position zu, bei den 45-59-Jährigen sind es bereits über 80 Prozent und bei den 18-29-Jährigen sogar 87,4 Prozent. Mit Blick auf die nähere Zukunft sollte die CDU/CSU ihre traditionell kirchenaffine Politik daher gründlich überdenken.«

Dies gelte auch und vor allem mit Blick auf den »Politischen Islam«, erklärt Schmidt-Salomon, denn »ein weltanschaulich neutraler Rechtsstaat kann Islamverbänden nicht verwehren, was er den christlichen Kirchen gewährt«: »Um den Gefahren des Islamismus und dem darauf aufbauenden Erstarken des Rechtsextremismus entgegenzuwirken, brauchen wir eine größere Distanz zwischen Politik und Religion – also exakt das Gegenteil von dem, was uns die ›Internationale der Nationalisten‹ von Moskau bis Washington gerade eintrichtern möchte. Nur mit einem konsequent säkularen, weltanschaulich neutralen Staat, der die Rechte von Gläubigen und Nichtgläubigen gleichermaßen schützt, lassen sich die Werte der offenen Gesellschaft in dieser schwierigen Zeit verteidigen.«

»Höchste Zeit, die alten Zöpfe abzuschneiden«

Der Stiftungssprecher verweist in diesem Zusammenhang auf die Pressemitteilung des »Arbeitskreises Politischer Islam« (AK Polis) vom 31. Januar 2025 sowie die gbs-Meldung »Sollten wir die Bundesregierung durch eine KI ersetzen?« vom 19. Februar. Darin heißt es unter anderem: »Die gesellschaftlichen Verhältnisse haben sich radikal geändert, doch die Religionspolitik ist auf dem Stand von 1919 [als die Rahmenbedingungen des deutschen ›Religionsverfassungsrechts‹ definiert wurden] stehengeblieben. Von dieser ›Religionspolitik aus der Mottenkiste‹ haben Islamisten und Rechtsextreme gleichermaßen profitiert.«

Diese »überkommenen Regelungen« müssten nun grundlegend reformiert werden, sagt Schmidt-Salomon: »Die Politik muss dafür sorgen, dass sich keine Religion über die für alle geltenden Gesetze stellen kann. Bislang wurde die Modernisierung des Verhältnisses von Staat und Religion aus Rücksicht auf die Privilegien der christlichen Kirchen verhindert. Wie die ALLBUS-Daten zeigen, gibt es dafür längst keinen Rückhalt mehr in der Bevölkerung. Es ist daher höchste Zeit, die alten Zöpfe abzuschneiden und eine neue Religionspolitik zu etablieren, die den aktuellen gesellschaftlichen Verhältnissen entspricht. Alles andere wäre ein Verrat an den fundamentalen Prinzipien der Demokratie.«

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