Wut und Entsetzen nach Tausch von Pride-Banner gegen Deutschlandfahne

Am Wochenende haben Unbekannte das am Kesselhaus der Muthesius Kunsthochschule befestigte Pride-Banner entfernt. An dessen Stelle ist eine Deutschlandfahne aufgehängt worden. Die Tat ist umgehend der Polizei Kiel gemeldet worden; sie hat sowohl die Fahne als auch das Banner gesichert und untersucht beide derzeit auf Spuren.

Als Reaktion auf den Vorfall mit Symbolcharakter hatten der AStA der Muthesius Kunsthochschule sowie Studierende für Sonntagnachmittag zur Kundgebung für eine queerfreundliche und antifaschistische Welt aufgerufen. Es trafen sich rund 500 Personen im Innenhof der Muthesius Kunsthochschule in Kiel. Das Pride-Banner ist als Lichtprojektion am Altbau der Kunsthochschule gezeigt worden. Auch Ulf Kämpfer, Oberbürgermeister der Stadt Kiel, und Prof. Dr. Björn Christensen, Präsident der Fachhochschule Kiel und Sprecher der Landesrektorenkonferenz Schleswig-Holstein, zeigten sich solidarisch und kündigten an, in dieser Woche die Pride-Banner am Kieler Rathaus und an der FH zu hissen.

In einem Statement verkündeten die Studierenden der Muthesius Kunsthochschule: „Die Flagge an der Muthesius [ist] das größte und sichtbarste Zeichen von queerem Leben in der Stadt und ein Anschlag darauf soll allen queeren Menschen in Kiel Angst einjagen.“ Der Angriff reiche somit über die Mauern der Kunsthochschule weit hinaus und sei Ausdruck gesellschaftlicher Verhältnisse. „Es ist ein Angriff auf die Welt, von der wir träumen: eine Welt, in der viele Welten Platz haben.“ Aus der Gewissheit, nicht allein zu sein, haben die Studierenden und Angehörigen der Muthesius Kunsthochschule Kraft und Tatendrang geschöpft: „Seitdem das Fehlen der Fahne am Samstagmorgen entdeckt wurde, ist viel passiert: In kürzester Zeit sind wir als Studierende, Alumni, Hochschulangehörige und Freund*innen zusammengekommen. Wir wollen uns nicht einschüchtern lassen, sondern umso lauter antworten.“

Zu dem Entfernen des Pride-Banners äußert sich Arne Zerbst, Präsident der Muthesius Kunsthochschule: „Ich bin traurig, wütend und entsetzt! Die Muthesius Kunsthochschule wurde von feigen anonymen Tätern angegriffen. Unsere Muthesius steht für Vielfalt, Offenheit und Freiheit; wir stehen gegen Hass und Gewalt. Dieser Angriff auf unser Progress-Pride-Banner ist ein unerträglicher Angriff auf queeres Leben und ein Angriff auf uns alle als Hochschulgemeinschaft. Wir sind eine starke Gemeinschaft und werden unsere Werte verteidigen: Das Progress-Pride-Banner steht für unsere Grundhaltung der Toleranz, Gleichberechtigung und Solidarität — und es wird weiterhin und weithin sichtbar am Kesselhaus der Muthesius Kunsthochschule hängen. Wir lassen uns nicht einschüchtern: Keine Toleranz gegenüber der Intoleranz!“

Prof. Oswald Egger, Vorsitzender des Senats der Muthesius Kunsthochschule, wertet „die Schrecken des Wochenendes als zutiefst kränkend und verstörend, fundamental angriffig und mehr als Grenzen verletzend“ und sagt: „Unser Widerstand und Widerspruch sollte meines Erachtens zusätzlich markieren, dass wir unsere Empörung nicht in der (vermutlichen) Sollbruchstelle verschanzen, sondern geschlossen allem entgegenstehen, was sozusagen mitgemeint ist: die Subordination souveräner Bildung, Intellektualität, die freien Künste und die weltoffene Kultur der Kultur.“

Das Pride-Banner „Intersex-Inclusive Progress Pride Flag“ ist eine Weiterentwicklung der Fahne, die als Regenbogenfahne bekannt ist. Sie ist 1978 entworfen und im Laufe der Zeit immer wieder aktualisiert worden. Neben sechs waagerecht verlaufenden farbigen Streifen auf der linken Seite enthält das Pride-Banner einen Keil mit weiteren Farben. Es repräsentiert neben queeren Menschen auch People of Color, Trans- und Intersexuelle Menschen sowie Personen, die an AIDS/HIV leiden, und gilt als Zeichen gegen Rassismus. Seit Februar 2023 hängt das Banner am Kesselhaus der Muthesius Kunsthochschule an der Legienstraße in Kiel.

An der Kunsthochschule planen derzeit die Kommission für Gleichstellung und Diversität und das Präsidium gemeinsam geeignete Maßnahmen, um zum Einen das Pride-Banner vor Vandalismus zu schützen, zum Anderen um Studierende in dieser Situation zu empowern und zusätzliche Beratungsangebote zu schaffen.

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