Bereitschaftsdienst vor dem Kollaps – IG Med stellt ihren Lösungsansatz vor

Das Urteil des Bundessozialgerichts zur Sozialversicherungspflicht der sog. Poolärzte hat den Finger in die Wunde gelegt: Seit Jahren versuchen die kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen, eine Lösung bei der Versorgung der Patienten außerhalb der Sprechstund enzeiten zu finden und haben dabei in vorauseilendem Gehorsam den Ärztemangel ignoriert und eine „luxuriöse Versorgung“ geschaffen (Zitat der KV Rheinland Pfalz), die dem Wirtschaftlichkeitsgebot des SGB V widerspricht.

Nun haben die ersten K(Z)Ven reagiert und mit ihren drastischen Kürzungen der Bereitschaftsdienstzeiten und Schließungen von Bereitschaftspraxen die ersten Politiker auf den Plan gerufen. Der Gesundheitsminister aus Rheinland Pfalz, Clemens Hoch, versucht es zum Beispiel mit Drohunge n und aufsichtsrechtlichen „Einbestellungen“. Das muss allerdings angesichts des Ärztemangels und der Überlastung der ambulanten Versorgung scheitern.

„Drohungen und Repressalien lösen allerdings die Probleme nicht,“ erklärt Ilka Enger, Vorsitzende der IG Med e.V. „insbesondere nicht die Überversorgung im Bereitschaftsdienst und damit Überforderung der Vertragsärzte, die seit Jahren ignoriert wurde.“

Ein Blick in das Gesetz (SGB V) zeigt aber laut IG Med klar, wohin die Reise bezüglich des Bereitschaftsdienstes gehen muss. Auch hier kann man sich nicht länger auf den Schultern der Vertragsärzte ausruhen und ein unbegrenztes Leistungsversprechen abgeben .

Die IG Med hat deshalb einen Forderungskatalog mit 8 Punkten aufgestellt, der zu einer Lösung im Bereitschaftsdienstdesaster beitragen könne:

1. Die Öffnungszeiten der KV Bereitschaftspraxen sind deutlich zu reduzieren. Es reicht, wenn die Praxen 12 Stunden am Tag geöffnet sind.

2. Die Zahl der Bereitschaftsdienstpraxen sind ebenfalls deutlich zu reduzieren. Es muss geprüft werden, ob eine Anlaufpraxis pro KV Bezirk nicht ausreichend sein sollte.

3. Gleichzeitig sollen die KVen prüfen, ob es Alternativen zur Bereitschaftspraxis unter KV Verantwortung gibt. Bürgermeister und kommunale Politiker könnten mit den Ärzten vor Ort Regelungen treffen und kommunale Strukturen schaffen.

4. Es sind Mindestausstattung und leistungen der Bereitschaftspraxen zu definieren, werden Leistungen jenseits dieser Grundversorgung erbracht, müssen diese auch außerhalb der Notfallvergütung abgerechnet und unbudgetiert bezahlt werden. Entsprechende Regel ungen mit den Krankenkassen sind zu schaffen.

5. Die Vergütung in den Bereitschaftsdiensten muss so ausgestattet sein, dass es wieder lukrativ wird, Dienste zu übernehmen dazu gehören auch adäquate Zuschläge für Nacht –, Wochenend und Feiertagsarbeit.

6. Der Fahrdienst, der den Arzt zum Patienten bringt, ist abzuschaffen. Es wird ein Vertragsarzt zur Notfallversorgung vorgehalten. Die Krankenkassen s ind aufgefordert, dafür zu sorgen, dass Ihr Versicherter zu diesem Arzt transportiert wird. Es ist ggf. Ein Patienten Bringdienst zu organisieren. Ist ein Patient nicht in der Lage, selbst seinen Transport zu organisieren oder durch einen entsprechenden Fa hrdienst gebracht zu werden, so liegt hier eine medizinische Indikation für eine Notfallbehandlung z.B. durc h den Rettungsdienst vor.

7. In diesem Zug muss auch der Rettungsdienst personell und finanziell besser ausgestattet werden. Die Vergütung der Notärzte ist ebenfalls so anzupassen, dass die Dienste wieder lukrativ werden.

8. Die Dienstpflicht der Privatärzte und hochspezialisierte Ärzte muss ebenfalls auf den Prüfstand und den Realitäten angepasst werden. Wie eine Beteiligung der bis jetzt ebenfalls dienstverpflichteten Privatärzte geregelt werden soll, müssen die Ärztekammern als Verantwortliche jetzt ebenfalls in ihren Heilberufegesetzen neu regeln.

„Uns ist klar, dass diese Forderungen auch mit Belastungen der Patienten einhergehen werden, die von der Politik daran gewöhnt wurden, einen Arzt zu jeder Tages und Nachtzeit vorzufinden, der auch für kleinste Gesundheitsstörungen Gewehr bei Fuß zu stehen habe,“ erklärt Steffen Grüner, stellv. Vorsitzender der IG Med. „Will man aber nicht das ambulante Versorgungssystem endgültig zerstören, so muss man jetzt handeln und die Anforderungen an die Vertragsärzte deutlich zurückfahren.“

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