Weniger Bewerber, mehr Stellen

 Der Ausbildungsmarkt am südlichen Oberrhein steht weiterhin unter Druck. Die demographische Entwicklung schlägt auf Bewerberseite mittlerweile voll durch. Die Rückgänge während der Coronazeit konnten teilweise wieder kompensiert werden. Das südbadische Handwerk etwa meldet, dass die aktuellen Ausbildungszahlen wieder auf Vor-Corona-Niveau liegen. Auch im Gebiet der IHK Südlicher Oberrhein ist ein deutlicher Anstieg bei neu abgeschlossenen Ausbildungsverhältnissen zu verzeichnen. Die Agenturen für Arbeit Freiburg und Offenburg melden allerdings weiterhin viele unbesetzte Lehrstellen. Migration wird auch für den südbadischen Ausbildungsmarkt immer wichtiger.

Die Ausbildungsmarkt-Akteure treibt die Sorge um den Fachkräftenachwuchs weiter um. Das machten die Arbeitsagenturen Freiburg und Offenburg, die Handwerkskammer Freiburg und die IHK Südlicher Oberrhein bei einer gemeinsamen Pressekonferenz am Montag deutlich. „Bei den Bewerberinnen und Bewerbern haben wir ein Minus von 4,4 Prozent zu vermelden, bei gleichbleibend starkem Stellenangebot“, berichtet Alexander Merk, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Freiburg. Im Agenturbezirk Offenburg geht die Schere weiter auf. „Einem Bewerberminus von 2,8 Prozent steht ein Stellenplus von 5,1 Prozent gegenüber“, erläutert Theresia Denzer-Urschel, Vorsitzende der Geschäftsführung der Arbeitsagentur Offenburg. Im Agenturbezirk Freiburg stehen damit 769 unbesetzten Stellen nur 58 unversorgten Bewerben gegenüber, im Agenturbezirk Offenburg liegt das Verhältnis bei 475 offenen Stellen zu 45 unversorgten Bewerbern. Insbesondere im Einzelhandel sind noch viele kaufmännische Ausbildungsplätze frei. „Die Chancen für Jugendliche, in der Wirtschaftsregion Freiburg einen Ausbildungsplatz zu finden, sind trotz anhaltender Krisen weiter hervorragend. Für die regionalen Betriebe wird es dagegen immer schwerer, Nachwuchskräfte zu finden“, sagt Alexander Merk.

Zahlen im Handwerk auf Vor-Corona-Niveau

Die Ausbildungszahlen der südbadischen Handwerksbetriebe liegen wieder auf dem Niveau von vor Corona. Zum Stichtag 30. September wurden im Kammerbezirk Freiburg 2.332 Ausbildungsverträge für eine handwerkliche Ausbildung abgeschlossen – das sind so viele wie 2018 (2.330). Im Vergleich zum letzten Jahr verzeichnet das Handwerk damit ein Plus von 3,7 Prozent. „Unsere Betriebe haben sich ins Zeug gelegt und der seit Jahren durchschlagenden demographischen Entwicklung getrotzt“, zeigt sich Johannes Ullrich, Präsident der Handwerkskammer Freiburg, erfreut.

Aufwärtstrend in Industrie und Handel

Auch im Gebiet der IHK Südlicher Oberrhein ist ein deutlicher Anstieg bei den neu abgeschlossenen Ausbildungsverhältnissen zu verzeichnen. Zum 30. September wurden hier 4.039 Verträge geschlossen, ein Plus von 8,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Deutliche Zuwächse gab es im Bereich Metalltechnik (plus 9,6 Prozent) beziehungsweise Elektrotechnik (plus 8,7 Prozent). Bemerkenswert ist die Entwicklung bei den Hotel- und Gaststättenberufen. Hier wurden mehr als 600 neue Ausbildungsverhältnisse abgeschlossen, ein Plus von rund 62 Prozent gegenüber der Vorperiode.  „Eine beeindruckende Zahl. Die Unternehmen waren in ihren Bemühungen, dringend benötigten Fachkräfte-Nachwuchs zu finden, sehr erfolgreich“, sagt Eberhard Liebherr, Präsident der IHK Südlicher Oberrhein.

Migration immer wichtiger

Für den Ausbildungsmarkt am Südlichen Oberrhein werden Menschen mit ausländischem Pass immer wichtiger. Im Bezirk der Arbeitsagentur Freiburg hat knapp jeder fünfte Auszubildende einen ausländischen Pass, im Bezirk der Arbeitsagentur Offenburg ist es knapp jeder siebte. „In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Zahl der Beginner ohne deutsche Staatsangehörigkeit im südbadischen Handwerk mehr als verdoppelt“, sagt auch Johannes Ullrich, Präsident der Handwerkskammer Freiburg. „Aktuell macht das knapp ein Fünftel der Ausbildungsverträge aus.“ Das Handwerk leiste somit einen wichtigen Beitrag zu Integration von Migranten und Flüchtlingen, betont Ullrich.

Im Bereich der IHK ist der Anteil ausländischer Auszubildender bei den neu abgeschlossenen Ausbildungsverhältnissen auf mittlerweile rund 20 Prozent angestiegen. Vor allem im Bereich Gastronomie geht ohne die jungen Menschen mit ausländischen Wurzeln nichts mehr. Hier liegt die Quote mittlerweile zwischen etwa 50 und 80 Prozent. „Die Unternehmen und auch wir betreiben heute einen großen Aufwand, um dem Fachkräfteengpass zu begegnen“, sagt IHK-Präsident Liebherr. Handwerkskammer und IHK unterstützen die Betriebe nicht nur mit einem gemeinsamen Welcome Center in Freiburg, um die Integration von ausländischen Fachkräften in den Arbeitsmarkt in der Region zu verbessern. Beide trommeln auch aktiv in Drittstaaten für die deutsche duale Ausbildung und die sich daraus ergebenden Karrierechancen.

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