Infolge einer Anpassung des EU-Rechtsrahmens für die Herstellung von alkoholfreiem Wein und Schaumweinverlagerte sich die Regulierungskompetenz für alkoholfreien Wein und Schaumwein vom europäischen Lebensmittelrecht in das europäische Weinrecht. Bei dieser Kompetenzverschiebung wurde jedoch die notwendige Anpassung der EU-Öko-Verordnung nicht berücksichtigt. Zwar ist die, für die Entalkoholisierung genutzte, Vakuumdestillation im EU-Öko-Recht für die Lebensmittelverarbeitung zugelassen, nicht aber für die Weinbereitung.
Bürokratisches Problem, keine Qualitätsänderung
„Die Ursache für dieses Problem liegt im Gesetzgebungsprozess der Europäischen Union, bei dem die dringend notwendige Anpassung des EU-Öko-Rechts leider vernachlässig wurde. Diese Versäumnisse haben schwerwiegende Konsequenzen für die Hersteller*innen und Händler*innen von alkoholfreiem Bio-Wein und auch für die Verbraucher*innen. Uns ist es wichtig zu betonen, dass es sich hier um ein rein bürokratisches Problem der EU handelt und sich nichts an der Qualität von alkoholfreiem Bio-Wein im Fachhandel ändert, auch wenn dieser bis auf weiteres nicht mehr biozertifiziert werden kann“, kommentiert BNN-Geschäftsführerin Kathrin Jäckel, das Versäumnis der EU-Kommission.
Die notwendige Anpassung im EU-Öko-Recht wird voraussichtlich gegen Ende 2024 umgesetzt, sofern keine weiteren Verzögerungen eintreten.
Änderungen in der Kennzeichnung und Vermarktung
Seit dem 1. Januar 2023 ist es in der gesamten Europäischen Union nicht mehr gestattet, alkoholfreien Biowein mit dem EU-Bio-Siegel zu verkaufen. Stattdessen dürfen diese Weine lediglich als konventionelle alkoholfreie Weine vermarktet werden. In Deutschland galt bisher eine Übergangsregelung, die es erlaubte, alkoholfreien Wein als ‚alkoholfreies Getränk aus Bio-Wein‘ zu verkaufen. Diese Übergangsregelung wurde jedoch von der EU als nicht rechtskonforme Marktverzerrung eingestuft, da in anderen Mitgliedsstaaten keine ähnlichen Regelungen existierten. Aufgrund dieser Bewertung haben die deutschen Öko-Kontrollbehörden beschlossen die Übergangsregelung aufzuheben.
Konsequenzen und Ausnahmeregelung
Die Produktion von entalkoholisiertem Bio-Wein war bis zum 29. September 2023 noch möglich, das Abfüllen der produzierten Ware bis zum 20. Oktober 2023 und der Verkauf von ‚alkoholfreien Getränken aus Bio- Wein‘ ist bis zum 31. Dezember 2023 erlaubt. Dem entsprechend darf ab dem 1. Januar 2024 kein alkoholfreier Wein mehr mit einer Bio-Kennzeichnung verkauft werden. Hersteller*innen, die bisher alkoholfreien Wein nach den geltenden Bio-Qualitätsvorgaben produziert haben, stehen vor der Herausforderung, ihre Produkte vorübergehend ohne Bio-Zertifizierung im Fachhandel zu vertreiben.
„Die Verbraucher*innen können sich sicher sein, dass sie auch weiterhin im Fachhandel alkoholfreie Weine höchster Qualität und nach den Grundsätzen von Bio bekommen, auch wenn diese zeitweise nicht mit ‚Bio‘ gekennzeichnet sind“, so BNN-Geschäftsführerin Kathrin Jäckel.
Um sicherzustellen, dass Verbraucher*innen weiterhin Zugang zu alkoholfreien Weinen höchster Bio-Qualität haben, hat das Lenkungsgremium der Sortimentsrichtlinien (SRL) von BNN und Naturkost Süd eine Ausnahmeregelung für den Verkauf von alkoholfreiem Wein (inklusive alkoholfreier Weinmischgetränke) ohne Bio-Zertifizierung beschlossen. Dementsprechend kann alkoholfreier Wein bis auf weiteres bei SRL-Zertifizierten Fachhändlern verkauft werden, wenn dieser nach den Grundsätzen der EU-Öko-Verordnung hergestellt wurde. Diese Ausnahmeregelung soll bis zur Aufnahme von Verfahren zur Entalkoholisierung in der Weinbereitung in die EU-Öko-Verordnung gelten.
Über die Sortimentsrichtlinien (SRL) von BNN und NK Süd:
Die Sortimentsrichtlinien von BNN (Bundesverband Naturkost Naturwaren) und NK Süd (Naturkost Süd) legen die Anforderungen und Standards für den Verkauf von Bio- und Naturprodukten fest, um die Qualität und Nachhaltigkeit in diesem Bereich sicherzustellen. Mehr Informationen zu den Sortimentsrichtlinien gibt es hier: https://n-bnn.de/leistungen-services/bnn-richtlinien-und-empfehlungen/sortimentsrichtlinie
Der Bundesverband Naturkost Naturwaren e.V. vertritt die Unternehmen der Naturkost- und Naturwarenbranche. Der Verband verabschiedet besondere Qualitätsrichtlinien für den Naturkostfachhandel, die über die gesetzlichen Anforderungen für Bio-Produkte hinausgehen. Insgesamt beschäftigen die BNN-Mitgliedsunternehmen rund 18.000 Mitarbeiter*innen, darunter über 1.000 Auszubildende. Der deutsche Naturkostgroßhandel erwirtschaftete im Jahr 2022 einen Umsatz von gut 2,13 Milliarden Euro. Für den Naturkostfachhandel in Deutschland lässt sich daraus ein Umsatzvolumen von 3,83 Milliarden Euro mit Bio-Lebensmitteln und Naturwaren hochrechnen.
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