Die Entscheidung des Juan Tomás, unbekannte Funksignale und wahre Geschichten von damals – Fünf E-Books von Freitag bis Freitag zum Sonderpreis

Wenn es in der DDR jemanden gab, der zugleich abenteuerlich und spannend und zugleich mit politischem Tiefgang schreiben konnte, dann war es der Schriftsteller Wolfgang Schreyer. Zudem zeichneten sich seine Bücher immer durch eine gründliche Recherche aus, selbst wenn er damals nicht überall dort gewesen sein konnte, worüber er schrieb. Das gilt auch für den erstmals 1971 im Mitteldeutschen Verlag Halle-Leipzig veröffentlichten ersten Band seiner „Dominikanischen Tragödie“: „Der Adjutant“, dessen Handlung im Frühjahr des Jahres 1961 in Santo Domingo in der Dominikanischen Republik einsetzt. Hintergrund ist die bereits mehr als drei Jahrzehnte andauernde Herrschaft von Diktator Trujillo. Jetzt will ihn eine Handvoll junger Männer, Offiziere, Söhne der Reichen, stürzen. Doch seine Herrschaft ist gut gesichert. Kann ein Putsch in diesem Polizeistaat glücken?

Held des spannenden Romans ist Juan Tomás, des Diktators 1. Adjutant. Aufgewachsen unter Trujillo und fest eingefügt in den Alltag des Regimes, das System der Korruption, totaler Kontrolle und befohlener Verehrung, löst er sich innerlich daraus erst, als man ihn nötigt, im Namen der Staatsräson seine Liebste zu verlassen, heuchlerische Texte zu schreiben und dem Chef ein Mädchen zuzuführen, das sich dem widersetzt. Gezwungen, Menschen zu vernichten, will Tomás durch die Tat sein Dasein als Mitglied der Schutzgarde des Diktators beenden. Er will das Beste für sein Land. Was wollen seine Gefährten? Wie wird sich Juan entscheiden? Und wird die Verschwörung gelingen? Und welche Rolle spielen die USA? Nicht zuletzt mit dieser Frage bekommt der Roman rund sechs Jahrzehnte nach seinem Erscheinen eine überraschende Aktualität. Das Buch von Wolfgang Schreyer ist das zweite der insgesamt fünf aktuellen digitalen Sonderangebote dieses Newsletters, die wie immer eine Woche lang zum Sonderpreis im E-Book-Shop http://www.edition-digital.de(Freitag, 03.11. 23 – Freitag, 10.11. 23) zu haben sind.

Fünf Geschichten anstelle eines Romans. Das bietet „Auf der Brücke mit Marie“ von Ulrich Völkel. Ein Admiral kommt, ein Matrose fällt ins Wasser, mit einem Lottogewinn soll eine Straße gebaut werden, und auch sonst passiert allerhand.

Kennen Sie vielleicht noch den DEFA-Film „Signale – Ein Weltraumabenteuer“ (Regie: Kolditz) von 1970, ein deutsch-polnisches Gemeinschaftsprojekt, unter anderen mit Gojko Mitić, Alfred Müller und Karin Ugowski. Als literarische Vorlage diente die Wissenschaftlich-fantastische Erzählung „Asteroidenjäger“ von Carlos Rasch, die hier in der Originalversion von 1961 vorliegt. Ein unbekanntes Raumschiff, das auf keinerlei Signale reagiert, nähert sich den Kosmonauten. Zudem hat ein Funker seit längerer Zeit regelmäßig fremde Funksignale aufgenommen, die er nicht entschlüsseln kann. Kommt das unbekannte Raumschiff von einem Planeten eines anderen Fixsterns? Sind sie die ersten, die Kontakt mit Außerirdischen haben werden?

Wahre Geschichten aus einem kleinen Land, das es nun schon lange nicht mehr gibt, erzählt Erik Neutsch in „Die anderen und ich“. Darunter die von Nora S., die Einspruch erhebt. Einspruch gegen ihre Kündigung. Ein Mädchen ist verschwunden. Und ein neuer Parteisekretär und ein Oberbürgermeister streiten sich.

Und damit sind wir wieder beim aktuellen Beitrag der Rubrik Fridays for Future angelangt. Jede Woche wird an dieser Stelle jeweils ein Buch vorgestellt, das im weitesten Sinne mit den Themen Klima, Umwelt und Frieden zu tun hat – also mit den ganz großen Themen der Erde und dieser Zeit. Zu den furchtbaren Folgen von Kriegen, die selbst schon furchtbares Leid bedeuten, gehörten und gehören auch der Verlust der bisherigen Heimat, Entwurzelung und ein lebenslanges Trauma. Davon erzählt die 1939 in Bessarabien geborene Autorin.

Erstmals 2003 erschien im MS-Verlag Oppeln „Welcher Heimat gehört unser Herz?“ von Liselotte Pottetz. Dem E-Book liegt die 3., erweiterte Auflage von 2015 aus dem Verlag „Mirwal ART“ Walbrzych, zugrunde. Dazu schreibt die Autorin: Am 5. Mai 1939 wurde ich in Bessarabien geboren. Nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges mussten wir 1940 unsere Heimat verlassen. Nach einem Jahr Lagerleben im Sudetenland übersiedelten wir in den Warthegau. Im bitterkalten Januar 1945, beim Heranrücken der sowjetischen Front, flüchteten wir, meine Mutter mit uns fünf Kindern, das jüngste erst fünf Monate alt, mit dem Pferdewagen nach Deutschland.

Solch oder ein ähnliches Schicksal durchlitten mehr als 14 Millionen Deutsche; deshalb verarbeitete ich in meinem Buch persönliche Erlebnisse, Zeitzeugenberichte oder Tagebuchaufzeichnungen aus Bessarabien, Ungarn, Sudetenland, Siebenbürgen, Pommern, Ostpreußen, Galizien, Banat und Schlesien. Nach der Wiedervereinigung konnte ich meine alte Heimat am Schwarzen Meer besuchen. Jedoch mein lang ersehnter Traum ging jäh zu Ende! Das Buch enthält viel Bildmaterial.

Lesen Sie über ein tragisches Schicksal:

Wir treckten los! Nicht weit, mussten an die Seite ranfahren. Das sich zurückziehende Militär hatte den Vorrang. Erst im Morgengrauen erreichten wir das von unserem Ort zwei Kilometer entfernte Eichholz. Leuchtkugeln schossen in die Luft, ein Tiefflugangriff begann, kleine, Holzkisten ähnelnde Flieger brummten über uns. Wir rannten zu einem Keller. Ich stürzte. Ein davonhastender Soldat hinterließ mit seinem Stiefel eine Blutspur auf meinem Rücken. Alles um mich herum war erschütternd, unser Opa Lehmann verschwunden. Januar 1945. Die Temperaturen schwankten bei minus 15° und 20° und mehr. Unterwegs wurden die Flüchtlingstrecks alle Richtung Heiligenbeil geschickt, um über das Frische Haff aus dem von den Russen eingekreisten Kessel herauszukommen. Dort hatte man für die Auffahrt auf das Haff viele Baumstämme gelegt. Solch ein Chaos und Durcheinander konnten meine Augen nicht fassen, der Verstand nicht begreifen. Herrenlose Tiere trieben massenweise umher, vor den stehengelassenen Wagen ausgespannte Pferde. Teilweise gingen die Flüchtlinge aus der Panik heraus zu Fuß weiter, teilweise wurden sie von Militärautos mitgenommen. Links und rechts lagen Tote. Und immer wieder Tote. Die Menschen jammerten, weinten, schrien durcheinander. In diesem Durcheinander kam uns Opa Lehmann entgegen. Kaum waren wir auf dem Eis, surrten die russischen Tiefflieger heran, schossen mit ihren Bordwaffen, was das Zeug herhielt, auf die Zivilbevölkerung. Vor uns versanken mehrere Pferdewagen durch die Bombardierungen. Die Mütter mit den Kindern gingen in Sekundenschnelle unter. Die eingespannten Pferde bäumten sich nochmals auf, ehe sie in die Tiefe gerissen wurden. Fürchterliche, herzzerreißende Todesschreie – und alles verschwand unter dem Eis!

Meinem wehruntauglichen Vater hatte man einen Kompass und eine Karte vom Frischen Haff mit dem Hinweis ausgehändigt, das mit roten Fähnchen abgesteckte Eis zu umgehen, weil dort die Einbruchgefahr groß sei. Er versuchte zu helfen, wo er nur konnte.

Den hilflosen Frauen riet er eindringlich, den Pferden keinen Hafer zu füttern. Durch stundenlanges Stehen auf dem Eis quoll er im Tier, die Nieren platzten. Die Pferde, mit dem Tod ringend, schaukelten mit dem Kopf, aus dem Maul quoll Blut, bis sie jämmerlich verendeten. Weil mein Vater den Treck an der Spitze anführte, haben wir wohl überlebt. Ich wurde am Pferdewagen angebunden, musste Tag und Nacht laufen, damit ich nicht einschlief. Viele Kinder und alte Leute, die man auf dem Wagen in dicke Decken eingepackt hatte, waren morgens erfroren, blieben auf dem Eis zurück. So erreichten wir mühselig in Bodenwinkel das Land, von wo der Flüchtlingszug nach Dirschau geleitet wurde, über die Eisenbahnbrücke, weil die Brücken über die Weichsel schon gesprengt worden waren. Das war ein Gerumple und Geholpre über die Schienen! Bei Tante Mieta brach ein Wagenrad. Zum Glück konnte Vater ein Ersatzrad auftreiben.

Endlich die Brücke hinter uns lassend, trafen wir auf vollgestopfte Straßen. Nichts ging mehr. Weiter! Weiter! Die Brücke würde jeden Moment gesprengt, schrie man. Einige Soldaten rannten aufgeregt mit Fähnchen am Ufer entlang, gaben dem mit Flüchtlingen vollbesetzten Dampfer Zeichen. Vergebens. In dem Moment, als er sich unter der Brücke befand, krachte es!

Wir hörten nur noch die Schiffsirene, das Schreien der Menschen, das polternde Krachen. Die Brücke brach in sich zusammen.

Weiter ging es in Richtung Danzig!

Meine Schwester Monika erkrankte schwer – an Ruhr oder Typhus.

Wegen Angst vor Ansteckung fanden wir nachts kein Quartier mehr. Notgedrungen übernachteten wir in Ställen, kuschelten uns in wärmendes Stroh. Einmal trat eine Kuh zurück, schiss mir mitten im Schlaf auf den Kopf. Scheißfreuden!

Der Flüchtlingsstrom quälte sich weiter in Richtung Danzig. Wieder mal suchten wir eine Übernachtung. Plötzlich stand eine Tür sperrangelweit offen. Ein fürchterlicher Anblick bot sich uns. Im Schlafzimmer lag eine Frau mit ihren drei Kindern erschossen im Bett, der Mann in SS-Uniform daneben, an der Wand die Hakenkreuzfahne. Wir flohen, fanden Unterschlupf in einem Fabrikschuppen. Vor vergiftetem Wasser aus Brunnen warnte man uns ständig. Auf einem Dreifuß tauten wir Schnee im Kochtopf auf. Die Menschen des Trecks schleppten sich hungernd, frierend in Richtung Zoppot (poln. Sopot). In Schwarzdammerdorf legte sich Opa Lehmann zum Sterben hin. Im Nebenzimmer sprach Goebbels im Radio vom Sieg. Opa hackten wir mit der Spitzhacke ein Loch im Straßengraben, wickelten ihn in ein Betttuch und bedeckten ihn mit Erde.

Der erste Band der „Dominikanischen Tragödie“, „Der Adjutant“ von Wolfgang Schreyer, erschien erstmals 1971 beim Mitteldeutschen Verlag Halle – Leipzig. Santo Domingo, Frühjahr 1961: eine Handvoll junger Männer -Offiziere, Söhne der Reichen – will den Diktator Trujillo stürzen. Dessen Herrschaft aber ist perfekt gesichert, in 31 Jahren versteinert. Kann ein Putsch in diesem Polizeistaat glücken?

Im Mittelpunkt steht Juan Tomás, des Diktators 1. Adjutant. Aufgewachsen unter Trujillo und fest eingefügt in den Alltag des Regimes, das System der Korruption, totaler Kontrolle und befohlener Verehrung, löst er sich innerlich daraus erst, als man ihn nötigt, im Namen der Staatsräson seine Liebste zu verlassen, heuchlerische Texte zu schreiben und dem Chef ein Mädchen zuzuführen, das sich dem widersetzt. Gezwungen, Menschen zu vernichten, will Tomás durch die Tat sein Prätorianerdasein beenden. Er will das Beste für sein Land. Was wollen seine Gefährten?

Das Buch schildert die Verschwörung, deren Ursachen und Folgen minutiös nach Dokumenten und der Erinnerung von Augenzeugen. Es führt in die bizarre Welt einer Bananenrepublik: vom Nationalpalast, der prunkvoll-barbarischen Machtzentrale, in den uralten Stadtkern, das Villenviertel und den Hungergürtel der Metropole, an Sandstrände, in Kirchen, durch Zuckerrohrfelder zu heimlichen Rendezvous, in Armeestäbe, in die US-Botschaft und das Haus der Mätressen bis zum Ort des historischen Attentats.

Zwischen Spitzeln und Ministern, Star-Journalisten und Oppositionellen, der Millionärstochter Cindy und der Schauspielerin Angelique, zwischen aufrechten und zerbrochenen Menschen sucht Tomás seinen Weg – zwischen Ehrgeiz und Freundschaft, Hass und Liebe, Irrtum und Einsicht. Der Verfasser hat in jenen Jahren mehrfach Cuba bereist und das Geschehen auf der Nachbarinsel nach dem Zeugnis dominikanischer Emigranten festgehalten. Gestützt auf solche Erfahrungen erzählt er das Ende der Ära Trujillo ohne eine Spur von Schwarzweiß. Deutlich werden die Zwänge, die alle Akteure treiben und doch hemmen, ihr Werk fördern, entstellen oder scheitern lassen. Ein Hauch von Ironie und Tragik durchdringt diesen Roman.

Die folgende Leseprobe gibt einen ersten Einblick:

"Aber das müssten wir doch hören, Livio! Verdammt, warum hören wir nichts?"

"Kann sein, unser Empfänger ist defekt. Der Wagen hat was abbekommen."

Das war möglich; nur glaubte Tomás nicht, dass Imbert die Meldung durchgegeben hatte. Das Gefecht, die Erregung, der Mangel an Beherrschung, die Sorge um die Verletzten – das war zuviel für einen Mann ohne Kampfausbildung, den der Pulverdunst berauschte. Livio oder er selbst, einer von ihnen hätte am Schauplatz zurückbleiben sollen, damit man nichts vergaß. Doch sie, die Erfahrensten, mussten das Dringlichste tun, so bestimmte es der Plan.

Tomás verließ die Uferstraße zwei Ecken vor dem Hotel Jaragua. Románs Haus lag in der Calle Ramírez, am stillen Südrand des Diplomatenviertels. Er fand das Hoftor angelehnt und drückte es mit der Stoßstange auf; um die Lampen auf den Pfeilern schwärmten Moskitos. Er parkte so dicht hinter der Villa, dass der Wagen im Schatten stand. Kein Fahrzeug, kein Posten im Hof; bloß ein Springbrunnen, dessen Fontäne versiegt war. Hatte Román nicht Wachmannschaften seines Ministeriums herbeordert, wagte er nicht einmal das? Die Jalousien waren geschlossen.

Sie traten zum Kofferraum. Den Toten wollten sie nicht ins Haus schleppen; das Wie der Übergabe war nie besprochen worden. Weshalb kam der General nicht heraus, hatte er ihre Ankunft überhört? "Er telefoniert vielleicht", sagte Pimentel. Hinter ihnen, in den Gärten des Villenblocks, zwitscherten Vögel; von den Avenidas wehte Verkehrslärm, gedämpft, halb verschluckt von den Blättern und Mauern des Lugo-Viertels.

Da, ein Bremsgeräusch, klappende Autotüren, Stiefel auf dem Pflaster. Die Wachmannschaft, endlich? Tomás sah um die Ecke und fuhr zurück. Am Bordstein stoppten drei, vier Wagen, einer stand schräg im Torweg. Geheimdienstler quollen heraus, eine gepresste Stimme befahl, das Haus zu umstellen. Pezuelas Stimme! Die Leute trugen Maschinenpistolen, sie begannen, sich über das Grundstück zu verteilen.

Tomás griff nach der Waffe, doch Pimentel zog ihn zurück. Eine erdrückende Übermacht, er hatte recht. Sie wichen Schritt für Schritt aus, im Blattschatten, umgingen den Springbrunnen, die Ziersträucher und langten, von Blütenstaub überpudert, bei einer dicht bewachsenen Mauer an. Sie halfen sich hinauf. Fleischige Ranken, starker Duft; das würgende Gefühl des Rückzugs, der Preisgabe… In der Villa schrillte die Torglocke, man schlug hart gegen das Holz. "Román ist nicht da", flüsterte Tomás, als er oben war. "Ob er in sein Ministerium…?"

"Wo er auch ist, Juan, wir haben verloren. Die anderen waren schneller."

Ein Volkswagen schob sich in den Hof, sein Licht warf wandernde Schatten. Dann gellten Rufe, die Seguridad hatte den Ford entdeckt, umwimmelte ihn wie Ameisen eine tote Raupe; gleich würde sie noch mehr finden.

Auf der Brücke mit Marie“ von Ulrich Völkel erschien erstmals 1973 im Militärverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin. Wussten Sie schon, dass ein Admiral kommt, wenn Sie auf drei Fingern pfeifen? Ehrlich gesagt, es klappt auch nicht immer – meistens muss man zweimal pfeifen. Aber der Matrose Sauernig schafft es auf Anhieb. Dabei möchte er gar nicht so einen sauertöpfischen Namen haben und viel lieber die Reporterin Fröhlich heiraten, denn nach dem neuen Familiengesetz …

Doch erst einmal fällt er ins Wasser, und das ausgerechnet in Gegenwart des Admirals. Aber sonst ist dies ein heiterer Roman. Er handelt von einem Bürgermeister, der während der Predigt „Bravo!“ ruft, und Cäcilie Feldmann will mit ihrem Lottogewinn eine neue Straße bauen. Ihr Sohn ist Maat bei der Volksmarine, die Antiquitätenfirma Musch & Meier kauft alte Hutschachteln, und auch sonst passiert allerhand …

Und hier ein Auszug:

Da kam wirklich einer auf dem Motorrad angeknattert, kam genau auf die Brücke zu, bremste plötzlich scharf und sagte: „Nanu, Werner, was machst du denn hier?“

„Tag, Onkel Erich!“, sagte Werner erfreut. „Ich dachte schon, ich krieg’ keinen mehr zu sehen von uns. Wir haben Übung, weißt du? Ich bin hierher geschickt worden auf Vorposten. Unser Chef ist in Ordnung, der lässt mich Heimatluft schnuppern.“

„Das ist Taktik“, sagte Nig. „Damit er besser verteidigt. Tag, Onkel Erich.“

Erich Bruswater lachte. „Dein Putzer?“

„Das ist Nig, irgendwie mein Kumpel.“ Und zu Nig sagte Werner: „Erich Bruswater, unser Vorsitzender. Ich hab’ dir erzählt von ihm.“

„Ja, er hat die schöne Tochter. Weiß Bescheid. Sieht ganz sympathisch aus. Könnte einer von meiner Verwandtschaft sein.“

Erich blickte Werner an. Er suchte etwas im Gesicht des Jungen und fand Verlegenheit. Wegen Marie, dachte er. „Das mit dem Vorsitzenden stimmt nicht mehr seit einer Woche. Ich bin auf der letzten Versammlung abgelöst worden. Jetzt regiert meine Frau wieder. Ist schon ein Kummer. Um den Doktorhut komme ich wohl nicht herum.“

Das war auch ein Kummer, tatsächlich. Davon musste Werner dem Nig gelegentlich erzählen, die Geschichte von Erich Bruswater und seiner Frau Mimi, die er Onkel und Tante nannte, obwohl sie es gar nicht waren. Er hätte viel lieber Vater und Mutter zu ihnen gesagt. Aber das war wiederum eine Geschichte, und die konnte man dem Nig nicht erzählen. Der hatte einmal, als Werner anfing von Marie zu reden, gesagt: „So umständlich, wie du dich anstellst in Sachen Mädchen, da muss ich dich mal auf einen Kursus schicken. Oder ist es bei dir etwa mit Herz? Da verfüge ich allerdings über wenig Erfahrung. Zum Ehelichen hat es mich noch nie getrieben.“ Hatte Nig gesagt. Aber das ist Angabe gewesen. Denn so einer war der Nig nun auch nicht, dass er nur große Bogen gespuckt und geantwortet hätte, wenn man ihn fragte, wie sie gewesen sei: „Sie wiegt genau zwei Zentner ohne Sachen und ist auch sonst recht handlich.“ Nein, Nig hatte eine empfindliche Seele. Die war von der Machart, dass er selber etwas Angst hatte vor ihr. So zart wie ein Radieschen im Frühbeet.

Trotzdem konnte man dem Nig die Sache mit Marie nicht erzählen. Der hätte am Ende das Heulen gekriegt vor Rührung. Aber die Geschichte von Erich Bruswater und seiner Frau, die sollte er hören. Die war nach seiner Art.

„Nimm es nicht so tragisch, Onkel Erich“, sagte Werner. „Bisher hast du es noch immer geschafft.“

„Das ist es ja eben, mein Junge“, sagte Erich. „Ich bin mir nicht mehr sicher. Zum ersten Mal bin ich mir nicht mehr sicher. Es gilt einen Doktorhut, bedenke!“

Nig wusste nicht recht, worum es hier ging. So etwas mochte er nicht, bloß zuhören und nicht mitreden können. Deshalb guckte er den ehemaligen Vorsitzenden kritisch an und sagte: „Dass ihr jungen Leute kein Zutrauen mehr habt!“

Sie lachten alle drei. „Mit dem lässt sich Posten stehen, glaub’ ich. Ist ein munterer Vogel. Wie lange müsst ihr denn noch hier aushalten?“

Asteroidenjäger“ von Carlos Rasch erschien erstmals 1961 im Verlag Neues Leben, Berlin. Das Raumschiff AJ-408 trifft mit seinen 37 Besatzungsmitgliedern bei den Asteroidenjägern ein. In dem Trümmergürtel zwischen Mars und Jupiter haben sie zehn Monate Dienst. In dem ihnen zugewiesenen Segment vernichten sie Meteoriten und installieren Funkwarnfeuer auf Asteroiden und Planetoiden. Zwei Wissenschaftler an Bord suchen und erforschen außerdem Antiteilchen. Der anstrengende Dienst sieht fast nach Routine aus, doch dann nähert sich ihnen ein unbekanntes Raumschiff, das auf keinerlei Signale reagiert. Außerdem hat der Funker seit längerer Zeit regelmäßig fremde Funksignale aufgenommen, die er nicht entschlüsseln kann. Kommt das unbekannte Raumschiff von einem Planeten eines anderen Fixsterns? Sind sie die ersten, die Kontakt mit Außerirdischen haben werden? Das Buch löst außerdem einige offene Fragen aus der Science-Fiction-Erzählung „Der Untergang der Astronautic“.

Überzeugen Sie sich von der Spannung in dieser Erzählung:

Alle zwanzig Minuten verschwand das Bild mit seinem emsigen Treiben infolge der Rotation des Planetoiden. Drüben auf dem Asteroiden ergossen ununterbrochen bei Nacht und auch in der Dämmerzeit Scheinwerfer ihr helles Licht über die Baustelle. Sie tauchten den Bauplatz in ein sich scharf von der kosmischen Dunkelheit abgrenzendes Lichtfeld. Wer den Kreis des Lichtes überschritt, war von der Finsternis verschluckt, da die das Licht zerstreuende Atmosphäre fehlte.

Nach zwanzig Minuten erschien die Baustelle wieder auf der Dämmerungsseite des Asteroiden. Vom Schiff aus konnte man wieder die von den Raumanzügen unförmig vermummten Figürchen der Astronauten herumhüpfen sehen.

Plötzlich schrillte die Alarmklingel des Radars.

Norbert Franken wandte seinen Blick stirnrunzelnd vom großen Bildschirm ab. Auf dem Radarschirm des Funkpultes war ein heller Fleck erschienen. Er schob sich hinter dem Asteroiden hervor.

Franken las den Registrierstreifen des Radarschirmes ab. Nach den dort aufgezeichneten Angaben war das Radarobjekt schon einmal vor etwa einer Stunde in einer Entfernung von rund 18 000 Kilometern erfasst worden. Es war dann aber hinter dem Asteroiden verschwunden und erst jetzt wieder aufgetaucht. Franken musste es wohl, vom Treiben auf dem Asteroiden abgelenkt, übersehen haben. Der Radarschreiber gab an, dass der erfasste Gegenstand etwa in der gleichen Richtung wie AJ-408 und wie Adonis flog, sich dabei aber gleichzeitig dem Raumjäger und dem Planetoiden mit 5 Kilometer in der Sekunde näherte. Sein Abstand betrug noch 4 200 Kilometer.

Franken blieb ruhig. Er errechnete, dass der kosmische Flugkörper, vor dem das Radar gewarnt hatte, in etwa vierzehn Minuten die Bahn des Asteroiden dicht vor ihm schneiden würde.

„Achtung, Arbeitsgruppen! Hier AJ-408! In vierzehn Minuten passiert unseren Bereich ein kosmischer Flugkörper. Es ist vermutlich ein großer Meteorit. Die Gefahr eines Zusammenstoßes besteht noch nicht. Empfehle trotzdem, die Schutzkegel des Funkwarnfeuers und der Anti-Falle aufzusuchen. — Ende."

Da jeder Raumanzug mit einem streichholzschachtelgroßen Ultrakurzwellengerät für Sendung und Empfang ausgerüstet war, konnten alle Besatzungsmitglieder außerhalb des Raumschiffes die Warnung empfangen. Frankens Mitteilung war außerdem vom Bordfunk übertragen worden, sodass auch alle im Raumschiff anwesenden Besatzungsmitglieder Bescheid wussten.

Auf dem großen Bildschirm konnte man sehen, wie auf dem Asteroiden einige Gestalten dem Schutzkegel zustrebten. Auch die Monteure, die in der Höhe an der Errichtung der Gittermasten arbeiteten, kamen heruntergeschwebt. Andere blieben unbekümmert. Sie gingen weiter ihrer Arbeit nach.

Sagitta, sonst nicht ängstlich, konnte sich einer bangen Ahnung nicht erwehren. Vielleicht lag das daran, dass sie Oulu auf dem Asteroiden wusste. Dort draußen war eine Begegnung mit einem Meteoriten weitaus gefährlicher als im Raumschiff. Auch die eventuelle Zerstörung des Meteoriten mit den Strahlen des Helikons oder einem Atomgeschoss konnte für die Arbeitsgruppen auf Adonis unangenehme Begleiterscheinungen haben.

Die anderen und ich“ von Erik Neutsch erschien erstmals 1970 im Mitteldeutschen Verlag Halle (Saale). Nora S. hat Einspruch erhoben. Sie besteht darauf, sie selbst zu sein und jedenfalls nicht so, wie dieser und jener sie gern haben möchte, die Betriebsleitung und BGL eingeschlossen — Nora S. hat eine Erfindung gemacht, die den Leuten nicht ins Konzept passt, und sie fordert nichts, was ihr nicht ohnehin zustünde: Ihr Recht auf Arbeit. Aber gerade da werden die Probleme sichtbar. Ferner ist ein Mädchen verschwunden, Oberschülerin, Tochter eines Straßenbahnfahrers – Brüdering lässt dieses Mädchen suchen. Dabei sollte man meinen, dass ein Oberbürgermeister andere Sorgen hat in diesen drei Tagen unseres Lebens: Konz ist gekommen, der neue Parteisekretär. Er will durchsetzen, was der OB für undurchführbar hält: Schneisen hauen quer durch die Stadt, die in Jahrhunderten gewachsen ist und angefüllt mit Menschenschicksalen, Verkehrsadern schlagen quer durch Häuser und Wohnungen und Plätze. Eine Stadt ist kein Wald. Man kann nicht mit einem Federstrich ausstreichen, was Generationen geschaffen haben. Gibt es einen anderen Weg als den der Feindschaft zwischen den Genossen Brüdering und Konz? Und dann fragt sich einer, was die wahren Geschichten hierzulande sind.

Schauen Sie mal rein in das Buch:

Ich klopfte mir den Staub von der Hose und fragte: „Sag mal, kennst du nicht Sigrid Seidensticker, das Mädchen aus der Zwölf b? Seit Donnerstag ist sie verschwunden. Hast du keine Ahnung, wo sie sein könnte?“

Er starrte mich an. Ein schwer zu deutender Blick. Argwohn oder Betroffenheit.

„Sie soll einen Freund gehabt haben. Parallelklasse…“

„Wenn Sie mich damit meinen… Ja, das stimmt. Vor drei Wochen aber war Schluß. Hab eine andere jetzt, eine, die nicht gleich ans Heiraten denkt. Faxen sind das. Oder nicht?“

Er schwieg und trommelte, ob aus Verlegenheit oder aus Gleichgültigkeit, mit den Fingern auf seinen Helm.

Ich aber erschrak. Das hatte ich nicht vermutet, nicht, daß Gerhard das Söhnchen von einem Arzt oder einem Direktor oder was sonst aus einer verwöhnten Familie war. Ich erschrak und fand so schnell keine Entgegnung.

Plötzlich sprach Konz. „Sie vernaschen die Mädchen wie andre zum Tee den Würfelzucker, was?“

Gerhard grinste.

„Und fühlen sich stark dabei, kommen sich vor wie ein Held.“

„Na ja… Ich kann’s mir doch nicht durch die Rippen schwitzen.“

Konz, bis dahin mit einer betont überlegten Ruhe, wurde wütend. Zum ersten Mal sah ich ihn wütend. Die Adern auf seiner Stirn schwollen an, seine Ohren röteten sich und seine Augen schienen jetzt heller. Sie blitzten hellgrau wie das geschliffene Glas seiner Brille. „Sie sind zu bedauern. Sie sind zwar maßlos zynisch, aber Sie sind zu bedauern. Sie sind so primitiv und dumm wie…“ Auch er suchte nach Worten. „… wie das Gedudel vom Deutschlandfunk.“ Dann spie er aus und schob mich in den Wagen.

Haben Sie sich schon entschieden, welche E-Books Sie kaufen und in der nächsten Zeit lesen wollen? Lieber ein politischer Roman, der in Südamerika spielt, ein später sogar verfilmtes Weltraumabenteuer oder eine Erinnerung an die DDR? Auf jeden Fall hat auch dieser erste November-Newsletter wieder eine spannende Auswahl zu bieten, was die Entscheidung möglicherweise nicht so einfach macht.

Besonders interessant erschient auch heute noch der Roman von Wolfgang Schreyer, in dem der Autor zeigt, wie Politik gemacht wird – und zwar auch hinter den Kulissen und wie der Ablauf der Geschehnisse das Leben nicht nur des Helden, sondern vieler Menschen verändert.

In einer lobenden Rezension bei Amazon heißt es zu diesem Text: „Wie bei einer antiken Tragödie entwickelt sich die Handlung und ihrer darin handelten Akteure. Das Buch erschien bereits 1971 und ist für die damalige Teil sehr objektiv und wirkt nicht eingebunden in irgendwelche ideologischen Zwänge. Noch dazu ist es sehr realistisch und kurzweilig geschrieben. Die Handlung ist sehr schön eingebettet in eine tropische Antillenlandschaft, mit für Lateinamerika typisch impulsiv handelnder Menschen. Tatsächlich ist der Haupterzählstrang fiktiv, aber eng verflochten mit den realen Vorgängen in der Dominikanischen Republik im Jahre 1961. Das macht dieses Buch so lesenswert.“

Viel Vergnügen beim Lesen, kommen Sie gut durch den November, bleiben auch Sie weiter vor allem schön gesund und munter und bis demnächst. In der nächsten Woche dürfen Sie sich unter anderem auf das Buch „Das Ende der Basmatschen“ von Heinz Kruschel freuen, das in den 1920er Jahren in der Sowjetunion spielt. In Zentralasien wollen die religiös motivierten aufständischen Basmatschen, unterstützt von den Engländern, mit Terror und Mord einen muselmanischen Staat aufbauen. Aber es geht auch um eine große Liebe und um das Leben eines Dichters.

Über die EDITION digital Pekrul & Sohn GbR

EDITION digital war vor 29 Jahren ursprünglich als Verlag für elektronische Publikationen gegründet worden. Inzwischen gibt der Verlag Krimis, historische Romane, Fantasy, Zeitzeugenberichte und Sachbücher (NVA-, DDR-Geschichte) sowie Kinderbücher gedruckt und als E-Book heraus. Ein weiterer Schwerpunkt sind Grafiken und Beschreibungen von historischen Handwerks- und Berufszeichen sowie Belletristik und Sachbücher über Mecklenburg-Vorpommern. Bücher ehemaliger DDR-Autoren werden als E-Book neu aufgelegt. Insgesamt umfasst das Verlagsangebot, das unter www.edition-digital.de nachzulesen ist, mehr als 1.300 Titel. E-Books sind barrierefrei und Bücher werden klimaneutral gedruckt.

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