Die Sparkassen halten Schritt mit der Transformation in eine digitale Zukunft, die die permanente Neudefinition von Prozessen und Produkten verlangt. Sie bleiben dabei weiterhin persönliche Ansprechpartner und Berater der Menschen und des Mittelstands in den bayerischen Regionen. Als regionale kommunale Kreditinstitute gehen sie dabei Hand in Hand mit ihren Trägern, den bayerischen Kommunen. Wie Sparkassen und Kommunen gemeinsam das Morgen gestalten, beleuchtete der Bayerische Sparkassentag 2023, der unter dem Motto „Regional. Digital. Zukunft.“ neue Perspektiven für die digitale Transformation, die Lebens- und Wirtschaftsqualität und die Infrastruktur für alle Bewohner der regionalen Geschäftsgebiete feststellte. Keynote-Speaker war der Futurologe Max Thinius, der beleuchtete, wie sich ländliche und urbane Kommunen jeweils für sich und gemeinsam in einer Region wie Bayern entwickeln, welche neuen Lebens-, Arbeits- und Wirtschaftskonzepte daraus entstehen und wie die Gemeinden in Bayern Vorreiter der „Digitalität“ werden könnten. Er zeigte den Teilnehmern und Teilnehmerinnen des Kongresses an konkreten Beispielen, dass und auch wie Kommunen, gemeinsam mit den Sparkassen, etwas verändern können. Er ermutigte: „Die Zukunft kommt nicht einfach, wir haben die Möglichkeit, sie zu gestalten. Am Übergang zwischen der auslaufenden Epoche der Industrialisierung und der neuen Zeit der Digitalität können wir uns selbst neu aufstellen und in den Regionen Möglichkeiten umsetzen, die es erst jetzt in der neuen Epoche gibt. Jede Kommune kann hierbei zu einem Role-Model für die Digitalität werden.“
Blick in die Zukunft
Beim Blick in die Zukunft hob Reuter am Rande des Kongresses auch noch einmal hervor, wie sich die Sparkassen in die Entwicklungen der Regionen und der Kundenanforderungen einpassen, um auch künftig eng an der Seite der Menschen zu stehen: „Infrastruktur muss mit der Zeit gehen, neue Technologien und veränderte Verhaltensweisen nahtlos integrieren. Das gilt für Kommunen, aber mindestens genauso für Sparkassen, die gewissermaßen eine Finanzinfrastruktur für die Bürger Bayerns bereithalten. Zu den Sparkassen gehört es, dass sie vor Ort erreichbar bleiben und damit die Gebiete der bayerischen Kommunen flächendeckend abdecken. Und es gehört immer mehr zu ihnen, dass sie die Bedarfe der digital-affinen Kunden online und mobil mit Banking-Angeboten unterlegen. Es ist eine oft bewiesene Stärke der Sparkassen in ihrer rund 200-jährigen Geschichte, dass Sie sich erstens mit den Gegebenheiten vor Ort auskennen und dass sie sich zweitens beständig weiterentwickeln.“ Er trat damit auch jüngsten Vorhaltungen von Verbraucherschutz-Vertretern entgegen, deren Forderungen unterstellen, mit Anpassungen an eine sich entwickelnde Welt würde der Kontakt der Sparkassen zu den Menschen leiden: „Das Gegenteil ist der Fall – es gab noch nie so viele Kontakte wie heute zwischen Kunden und Sparkasse, nur die Wege sind heute eben vielfältiger.“ Auch der Forderung nach festen und kleinteiligen Vorgaben in den Sparkassengesetzen, um in der Weise präsent zu sein, wie sie „einst geschaffen wurden“, erteilte er eine Absage: „Solche Ansprüche sind kontraproduktiv und rückwärtsgerichtet. Die Sparkassen müssen und wollen sich als verantwortungsvolle Unternehmen in der modernen Marktwirtschaft behaupten!“
Herausforderungen für Sparkassen
In seinem Eingangsstatement an die Teilnehmer und Teilnehmerinnen des Sparkassentags beleuchtete Reuter aktuelle regulatorische Herausforderungen für Sparkassen. Sie stehen vor der Aufgabe, nicht nur deutschen, sondern auch europäischen Entscheidungsträgern zu erläutern, welche bürokratischen und strukturellen Hürden abgebaut bzw. verhindert werden müssten, um dem staatlich unterstützten mittelstandsorientierten Geschäftsmodell der deutschen regionalen und kommunalen Sparkassen notwendige Gestaltungsmöglichkeiten zu lassen.
In Richtung Europa stellte Reuter zunächst den Handlungsbedarf der EU-Kommission bezüglich einer Honorarberatungspflicht in Frage, denn der Markt sei bereits transparent und die Konkurrenz funktioniere gut. „Wenn etwas Transparenz und Effizienz behindert, ist es regulatorisch aufgezwungene Papierflut und Informationspflichten auch für mündige Anleger, die das gar nicht brauchen und wollen.“
Weiter erteilte er Plänen zur kompletten Vergemeinschaftung der Europäischen Einlagensicherung (EDIS) anstelle der 2015 bereits erfolgten Harmonisierung abermals eine deutliche Absage.
Auch der neue Vorschlag der EU-Kommission, europäische Abwicklungsvorschriften künftig über internationale Großbanken hinaus auch auf mittlere und kleinere Kreditinstitute auszuweiten (CMDI), schlage in diese Kerbe: „Denn auch damit würde letztlich die Handlungsfähigkeit des intakten nationalen, sparkassenspezifischen Institutssicherungssystems ausgehebelt, das heute ganz wesentlich zur Stabilität der Institute und zum riesigen Vertrauen unserer Bürger für die Sparkassen beiträgt.“ Finanzielle Mittel, die heute zur Absicherung der deutschen Sparkasseneinlagen im Sicherungssystem gebunden sind, würden so künftig auch hier gesamteuropäischen Institutionen unterstellt und flössen damit in einen gemeinsamen Topf; die Haftung für Risiken würde sozialisiert, so dass die Entnahme aus dem Topf mit hoher Wahrscheinlichkeit zugunsten von Banken mit risikoreichen Geschäftsmodellen erfolgen würde und nicht für deutsche Sparkassen. Reuter: „Mit solchen Eingriffen droht die Kommission das bewährte Dreisäulen-System aufzubrechen. Zur Wahrung der Finanzstabilität in Deutschland muss dieses Vorhaben endlich begraben werden.“
Teilweise reserviert betrachtete Reuter zunächst auch den jüngsten Legislativvorschlag der EU-Kommission für einen digitalen Euro: „Digitales Zentralbankgeld entspricht sicher unserer Entwicklung hin zu einem Zeitalter der Digitalität. Die EZB sollte sich jedoch darauf beschränken, den digitalen Euro – wie auch heutiges Bargeld – als Zahlungsmittel und nicht als umfangreiches Zahlverfahren zu gestalten, das in den Wettbewerb zu anderen Geldtransfersystemen tritt. Hier braucht es den Konsens zwischen Gesetzgeber, den Zentralbanken und der Kreditwirtschaft, damit die Aufgabenteilung im System auch weiterhin reibungsfrei funktionieren kann und das Vertrauen der Bürger erhalten bleibt. Das Mandat der EZB und die konkrete Ausgestaltung eines digitalen Euros müssen zwingend transparent und demokratisch legitimiert sowie gesetzlich verankert werden, Fehlentscheidungen können wir uns dabei nicht leisten.“
Mit Blick auf Deutschland warnte Reuter vor zu starken gesetzlichen Eingriffen in den Geldautomatenbetrieb. Banken und Sparkassen müssten schon im Eigeninteresse handlungsfähig bleiben, die bayerischen Sparkassen ihre rund 3.300 Geldautomaten selbsttätig absichern: „Angesichts der gehäuften Geldautomatensprengungen im vergangenen Jahr sind wir alle besorgt, die Sparkassen als Ziel und Opfer der Angriffe, die Polizei, die Bevölkerung und die für die innere Sicherheit zuständige Politik. Die bayerischen Sparkassen haben 2022 in Zusammenarbeit mit dem LKA viele Maßnahmen zur Absicherung der Automatenstandorte angestoßen, diese Fortschritte werden uns auch vom BMI bestätigt. Pauschale gesetzliche Regelungen, wie sie von manchen derzeit zusätzlich gefordert werden, würden aber weit über das Ziel hinausschießen und doch gleichzeitig der jeweils sehr individuellen Risikosituation nicht gerecht werden können.“ Auch Ideen wie der drastischen Reduzierung von Bargeldbeständen in den Automaten oder von Geldautomaten selbst erteilte er eine Absage: „Viele Menschen vertrauen nach wie vor auf Bargeld. Solche Pläne aber würden die flächendeckende Bargeldversorgung in Deutschland gefährden. Wer das fordert, hat die Interessen der Bevölkerung im ländlichen Raum völlig aus den Augen verloren. Und so könnten dann auch wir Sparkassen unserem öffentlichen Auftrag nicht gerecht werden.“
Überblick über die aktuelle Geschäftsentwicklung
Anlässlich des Bayerischen Sparkassentags in der Jahresmitte des laufenden Geschäftsjahrs gab Reuter in Würzburg weiterhin einen kurzen Überblick auf die aktuelle Geschäftsentwicklung der bayerischen Sparkassen, die sich in den ersten fünf Monaten 2023 in einem deutlich anderen Umfeld bewegen als in den Vorjahren:
- Nach dem zins- und geopolitisch geprägten Umbruchsjahr 2022, in dem sich das Kreditvolumen der bayerischen Sparkassen erneut auf Rekordniveau entwickelte, zeigen die ersten Monate 2023 einen deutlichen Rückgang im Kreditneugeschäft, der sich inzwischen erstmals seit 15 Jahren auch in einem stagnierenden Kreditbestand niederschlägt. Im Vergleich zum Vorjahr zeigt sich seit Jahresbeginn ein Rückgang der Darlehenszusagen um fast 45 Prozent, bedingt vor allem durch den massiven Rückgang im Neugeschäft mit Wohnungsbaufinanzierungen (‑56 Prozent). Auch die Auszahlung bereits zugesagter Immobiliendarlehen lag deutlich unter dem Vorjahresniveau (‑36 Prozent). Insgesamt sank die Darlehens-auszahlung um 26 Prozent, so dass infolgedessen das Kreditvolumen der bayerischen Sparkassen um 0,5 Prozent (840 Millionen Euro) auf 169,9 Milliarden Euro abnahm.
- Die Kreditbestände der privaten Kunden reduzierten sich bis Juni 2023 insgesamt um rund 330 Millionen Euro (-0,5Prozent). Ihre Nachfrage nach neuen Krediten lag nur noch bei 44 Prozent des entsprechenden Vorjahreszeitraums, in dem allerdings massive Vorzieheffekte angesichts der erwarteten ersten Zinserhöhung stattgefunden hatten. Vor allem die Darlehenszusagen für private Wohnungsbaukredite zum Neubau trieben die Entwicklung in 2023, sie sanken um rund 70 Prozent.
- Auch im Kreditneugeschäft mit Unternehmen und Selbständigen verzeichnen die bayerischen Sparkassen einen deutlichen Rückgang (‑38,7 Prozent gegenüber 2022). Das Kreditvolumen steigt hier aber noch an (+1 Prozent).
- Insgesamt wird sich die Bilanz der bayerischen Sparkassen 2023 verkürzen, denn auch der massive Einlagenzustrom der Vorjahre bremst derzeit ab, so dass sich der Einlagenüberhang in den ersten fünf Monaten 2023 auf 23 Milliarden Euro reduzierte (Einlagen insgesamt: 193,2 Milliarden Euro). Sparguthaben und Sichteinlagen, die während der Niedrig- und Negativzinsphase den größten Teil der Einlagen bestimmten, nehmen inzwischen deutlich ab, während Termingelder und Eigenemissionen Wachstumsraten von 10 bzw. 74 Prozent aufweisen.
- 2023 setzt sich das Wachstum des Wertpapiergeschäfts fort: Der Nettoabsatz stieg im Vergleich zum ebenfalls schon sehr positiven Vorjahreszeitraum (+37 Prozent) um 73 Prozent auf fast 5 Milliarden Euro, die Käufe konzentrieren sich eindeutig auf festverzinsliche Wertpapiere (+90 Prozent). 2021 hatte das Hauptgewicht noch bei Investmentfonds gelegen.
- Durch das stark angehobene Zinsniveau wurde 2022 zum Jahr der ersten Zinserträge seit fast 10 Jahren, in 2023 wird diese Entwicklung fortgesetzt. Die bayerischen Sparkassen erwarten für das Gesamtjahr einen deutlich steigenden Zinsüberschuss.
- Die Sparkassen müssen dabei allerdings den Spagat zwischen ihren niedrig verzinsten Langfrist-Engagements aus der Negativzinsphase im Kreditbereich und bei eigenen Festzinsanlagen einerseits und Kundenerwartungen nach Einlagenzinsen andererseits schaffen. Das bedeutet auch, Einlegern zu erklären, dass sie vor dem Hintergrund der derzeitigen Inflation positive Realzinsen nur mittel- bis langfristig über Wertpapierengagements erzielen können.
- Der schnelle Zinsanstieg hat auch die bayerischen Sparkassen mit deutlichen Anpassungseffekten konfrontiert. Die Auswirkungen der Zinsentwicklung für das Jahr 2022 wirken auch auf das Bewertungsergebnis Wertpapiere, können aber trotz vorübergehend negativer Effekte auf die Profitabilität auch in 2023 gut verarbeitet werden.
- Im laufenden Jahr 2023 erwarten die bayerischen Sparkassen eine gutauskömmliche Weiterentwicklung der Geschäftslage im Kredit-, Einlagen- und Wertpapiergeschäft mit weiteren positiven Effekten auf die Ertragslage.
Reuter und die Kongress-Teilnehmer zeigten sich beim Bayerischen Sparkassentag 2023 insgesamt überzeugt, dass die Stärke der Sparkassen auch künftig in der Kombination aus „regional und digital“ liegen wird: So begleiten sie den Wandel der Regionen und bedienen die Bedarfe aller Bevölkerungsgruppen und Firmenkundensegmente. Die kommunale Trägerschaft wird hier erneut zum Vorteil – die enge Verbindung sorgt dafür, dass die bayerischen Sparkassen auch in einer Zukunft der Digitalität stets nah an den Bedürfnissen der Menschen bleiben.
Der Sparkassenverband Bayern ist zentraler Dienstleister für die 60 bayerischen Sparkassen und deren Träger. Mit einer addierten Bilanzsumme von rund 258 Milliarden Euro betreiben die bayerischen Sparkassen in allen Teilen des Freistaats Bayern Finanzdienstleistungsgeschäfte mit Schwerpunkt Privatkunden und gewerblicher Mittelstand. Bayernweit sind bei den Sparkassen 33.773 Angestellte beschäftigt, davon 2.332 Auszubildende und Trainees (Stand 31.12.2022).
Der Sparkassenverband Bayern vertritt die gemeinsamen Interessen der Sparkassen und ihrer Träger in der Öffentlichkeit. Er unterstützt und berät sie in Rechts- und Steuerfragen und steuert die Entwicklung neuer Produkte, bayerischen Sparkassen. Er koordiniert die Aktivitäten im Verbund innerhalb der Sparkassen-Finanzgruppe, bietet ein umfangreiches Aus- und Fortbildungsprogramm und übernimmt Verantwortung für die Wirtschaft und Gesellschaft in den Regionen Bayerns.
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