Inflation: Wen der Staat wie entlastet hat

In den vergangenen zwei Jahren hat sich die Bundesregierung mit einer Vielzahl von Maßnahmen Mühe gegeben, ihre Bürger von hohen Preissteigerungen zu entlasten. Eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeigt, wer in welchem Umfang profitiert hat. Insgesamt hat der Staat sein Ziel erreicht und einen Großteil der Mehrbelastungen ausgeglichen – allerdings erhielten auch diejenigen Hilfe, die keine gebraucht hätten.

Noch nie hat der Staat so viel Geld zur Bewältigung einer Krise ausgegeben wie in den vergangenen zwei Jahren: 28 Maßnahmen hat die Bundesregierung auf den Weg gebracht, um ihre Bürger in der Krise zu entlasten – darunter Preisbremsen für Strom und Gas, das 9-Euro-Ticket und die Senkung der Energiesteuer auf Benzin und Diesel. Unterm Strich haben die Pakete rund 240 Milliarden Euro gekostet, zudem gab es für viele eine arbeitgeberfinanzierte steuerfreie Inflationsausgleichprämie von bis zu 3.000 Euro. Das hat sich gelohnt, zeigt nun eine neue IW-Studie: Die Politik hat es geschafft, einen großen Teil der Belastungen abzufedern. Besonders Menschen mit geringem Einkommen haben von den staatlichen Entlastungen profitiert. 

Gutverdiener müssen tiefer in die Tasche greifen

Konkret heißt das: Eine vierköpfige Familie mit einem Jahresbrutto von 40.000 Euro muss dieses und vergangenes Jahr durch die Preisanstiege 5.388 Euro mehr zahlen. Relativ zum Nettoeinkommen liegen die Belastungen bei 7,6 Prozent im Jahr 2022 und 6,8 Prozent im Jahr 2023. Der Staat entlastet hier mit 8.543 Euro, macht ein Plus von 3.155 Euro. Hauptgrund sind hierbei die Erhöhungen des Wohngelds und des Kinderzuschlags, die insbesondere Familien mit geringen (Erwerbs-)Einkommen unterstützen.

Weniger staatliche Hilfe erhalten kinderlose Normalverdiener: Ein Single mit einem Einkommen von 45.000 Euro zahlte durch die Preisanstiege 2022 und 2023 insgesamt 3.360 Euro. Die Belastungen liegen relativ zum Nettoeinkommen bei 6,2 Prozent und 5,4 Prozent in den beiden Jahren. Vom Staat gibt es 808 Euro Entlastungen, es bleibt eine Lücke von 2.552 Euro. Bekommt der Single die volle steuerfreie Einmalzahlung vom Arbeitgeber, wurde er um 448 Euro überkompensiert.

Die größte Lücke bleibt bei Gutverdienern: Bei Singles mit einem Einkommen von 75.000 Euro bleibt nach staatlicher Entlastung eine Lücke von 2.861 Euro – sofern es vom Arbeitgeber keine Inflationsausgleichsprämie gibt. Bei Familien mit 120.000 Euro Jahreseinkommen bleibt eine Lücke von rund 6.000 Euro.

Mehr Augenmaß sinnvoll

Die Berechnungen zeigen, dass der Staat sein Ziel durchaus erreicht hat, sagt IW-Steuerexperte Martin Beznoska: „Wer nur ein kleines Einkommen zur Verfügung hat, wurde durch die Preissteigerung besonders getroffen. Der Staat hat hier vor allem durch das Wohngeld für umfangreiche Entlastung gesorgt.“ Allerdings waren nicht alle Maßnahmen zielgenau: Teilweise profitierten auch diejenigen, die eigentlich keine staatliche Hilfe gebraucht hätten, etwa ein Single mit einem überdurchschnittlichen Jahreseinkommen von 75.000 Euro. „Hier wäre künftig mehr Augenmaß sinnvoll“, sagt Beznoska. „Schließlich kommen die Steuerzahler für die hohen Ausgaben auf.“

Zur Methodik: Zur Berechnung der zusätzlichen Konsumbelastungen wurden die im Jahr 2018 aus der EVS ermittelten Konsumausgaben der jeweiligen Musterhaushalte mithilfe der Preisdaten des Statistischen Bundesamtes bis zum Jahr 2022 fortgeschrieben und dann die Inflationseffekte berechnet. Für das Jahr 2023 wurde auf Preisprognosen der Deutschen Bundesbank zurückgegriffen. Verhaltensanpassungen im Konsum wurden nicht modelliert. Die Rabatte durch die Energiepreisbremsen sind nicht auf der Entlastungsseite erfasst, sondern senken die Preisbelastungen.

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