Europäische Verpackungsverordnung darf Kreislaufwirtschaft nicht aus den Augen verlieren

Die politische Zielsetzung der EU-Kommission, einen hochwertigen und geschlossenen Recyclingkreislauf zu schaffen, in dem alle Verpackungen wirtschaftlich recycelt werden können, findet die Zustimmung der meisten europäischen Stakeholder.

Die Diskussion um die europäische Verpackungsverordnung nimmt inzwischen jedoch weiter an Fahrt auf. So kursieren bereits erste Kompromissvorschläge in Brüssel.

EuRIC, der Verband der europäischen Recyclingindustrie, unterstützt zwar, gemeinsam mit dem bvse, nachdrücklich die Änderungsanträge für verbindliche Sammelziele und die Überprüfung des Recyclatgehalts durch Dritte, doch drohen die verbindlichen Ziele für den Recyclatgehalt und die Anforderungen an die Rezyklierbarkeit von Verpackungen nun erheblich verwässert zu werden.

"Obligatorische Recyclatgehalte in allen Verpackungspolymeren sind von entscheidender Bedeutung, um eine konstante Nachfrage nach Recyclaten zu sichern und so dem Auf und Ab der Preise für neue Polymere zu begegnen. Die Vermeidung von Schlupflöchern ist von entscheidender Bedeutung für die Sicherstellung von Forschung und Entwicklung sowie von Investitionen in der EU", sagte Sophie Sicard, Präsidentin der European Plastic Recycling Branch (EPRB) von EuRIC.

Die Recyclingbranche lehnt daher Ausnahmen von den Zielvorgaben und der Rechenschaftspflicht für biobasierte Materialien ab.

Diese Ausnahmen würden keine Lösung für eine bessere Bewältigung des End-of-Life von Kunststoffverpackungen bieten und müssen daher abgelehnt werden.

Für EuRIC und den bvse geht eine weitere ernsthafte Bedrohung für die Recyclingunternehmen von der Diskussionen über ein Vorkaufsrecht für Hersteller von Verpackungen aus. "Eine solche Regelung würde Investitionsprojekte für das Recycling stoppen, da es die Fähigkeit der Recycler in Frage stellt, ihre Kosten zu decken und Zugang zu den Rohstoffen zu erhalten."

Aus Sicht der Recyclingbranche sind die Förderung geschlossener Kreisläufe und die Stärkung der Märkte für Sekundärrohstoffe essenziell für die Entkopplung des wirtschaftlichen Wachstums vom Primärrohstoff-Verbrauch und ein wichtiger Schritt zur Transformation der linearen Wirtschaft in eine Kreislaufwirtschaft. "Wir bezweifeln ganz stark, dass der vorliegende Verordnungsentwurf diese Zielsetzungen auch nur im Ansatz erreichen kann", kritisiert bvse-Experte Dr. habil. Thomas Probst.

Insbesondere bemängelt der bvse, dass viele wichtige Aspekte in dem Entwurfstext nicht geregelt werden, sondern dass auf das Instrument der "delegierten Rechtsakte" verwiesen wird. bvse-Experte Dr. habil. Thomas Probst spricht denn auch von einem "Entwurf der vielen Fragezeichen". Immer, wenn es konkret werden müsste, werde auf delegierte Rechtsakte verwiesen, die noch verabschiedet werden müssen und die ohne die Einbeziehung der Stakeholder beraten und beschlossen werden.

Die Regelungen bezüglich der Recyclingquoten sollen beispielsweise um bis zu fünf Jahre verschoben werden können. Ein Europa der verschiedenen Geschwindigkeiten wird die Folge sein, so lautet die bvse-Kritik. Die Überprüfung der erreichten Ziele der Verordnung soll sogar erst nach acht Jahren erfolgen. "Das ist ein viel zu langer Zeitraum. Ob eine Notwendigkeit zum Nachsteuern besteht, wird sich schon deutlich früher zeigen und sollte nicht auf die lange Bank geschoben werden", ist sich Probst sicher.

Außerdem behält sich die EU-Kommission vor, die durchschnittlichen Verlustraten bei der Verwertung zu einem späteren Zeitpunkt mittels delegiertem Rechtsakt festzulegen. Für den Aufbau von Recyclingstrukturen, und diese sollen ja gerade gefördert werden, ist es aber nach Ansicht des bvse "dringend erforderlich", die durchschnittlichen Verlustraten für die einzelnen Verfahren vorab zu kennen.

Hinsichtlich der vorgesehenen verpflichtenden Recyclingquoten fehlt es nach Ansicht des bvse-Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung an einem einheitlichen Monitoring. "Wir brauchen hier ein level playing field und deshalb muss die EU-Verordnung auch für die chemische Behandlung von Kunststoffabfällen einen engen Mengenstrom – und Verwertungsnachweis – vorgeben, wie er beim werkstofflichen Recycling verlangt werde", so der bvse-Experte abschließend.

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