Ungewöhnliche Freundschaften, Fahrt mit einem Ernteschiff und die Ereignisse des 17. Juni 1953 – Fünf E-Books von Freitag bis Freitag zum Sonderpreis

Nein, noch ist es nicht Juni. Aber bald ist es wieder Juni. Und zwangsläufig kommt in diesem Sommermonat auch der 17. Juni vor, nach dem sogar eine Straße in Berlin benannt ist. Und das Ereignis, wonach diese Straße nicht ohne politische Absicht und Hintergedanken benannt wurde, wird in diesem Juni genau 70 Jahre her sein. Dieses Jubiläum dürfte auch in diesem Jahr erneut Diskussionen darüber auslösen, was denn dieser 17. Juni 1953 nun eigentlich gewesen ist – ein antisowjetischer Volksaufstand – also ein Aufstand des Volkes gegen die bösen Besatzer und das SED-Regime – oder ein heftiges Stück Konterrevolution? Und wer zog aus welchen Gründen im Hintergrund die Strippen? Da ist es gut, wenn in der hitzigen Diskussion auch die Stimme eines Mannes zu hören ist, der als Zeitzeuge der damaligen aufregenden Ereignisse und Historiker zugleich bereits zum 50. Jahrestag des 17. Juni 1953 vor zwanzig Jahren eine besonnene und fundierte Analyse der Ereignisse lieferte. Nachzulesen ist sie im fünften und letzten der insgesamt fünf aktuellen digitalen Sonderangebote dieses Newsletters, die wie immer eine Woche lang zum Sonderpreis im E-Book-Shop www.edition-digital.de (Freitag, 31.03.23 – Freitag, 07. 04. 23) zu haben sind und zwar in der erstmals 2003 veröffentlichten Schrift „Was geschah am 17. Juni? Vorgeschichte, Verlauf, Hintergründe“ von Hans Bentzien.

Es folgen gleich drei Titel von ein- und demselben Autor, die alle drei im Kinderbuchverlag der DDR erschienen waren. Dieser Autor ist Reinhard Bernhof. In „Pelop und der Delfin“ schwimmt ein Junge weiter über das Meer hinaus, sehr weit sogar. Während er viel Unbekanntes entdeckt, weint zu Hause eine Mutter um ihren Sohn.

In „Der Mann mit dem traurigen Birnengesicht“ (Band 159 der bekannten und beliebten Reihe „Die kleinen Trompeterbücher“) erzählt Reinhard Bernhof in fünf Geschichten von ungewöhnlichen Freundschaften.

Und in „Ben sucht die Quelle“ (Band 123 der Reihe „Die kleinen Trompeterbücher“) lässt Reinhard Bernhof einen Großstadtjungen während eines Ferienaufenthaltes bei seiner Tante auf dem Lande nach dem Ursprung eines Baches forschen. Er will es genau wissen. Aber bis er schließlich tatsächlich zur Quelle gelangt, erlebt Ben eine ganze Menge.

Und damit sind wir wieder beim aktuellen Beitrag der Rubrik Fridays for Future angelangt. Jede Woche wird an dieser Stelle jeweils ein Buch vorgestellt, das im weitesten Sinne mit den Themen Klima, Umwelt und Frieden zu tun hat – also mit den ganz großen Themen der Erde und dieser Zeit. Auch heute geht es wieder einmal um den Zweiten Weltkrieg und um die durch alle Kriege heraufbeschworene, geradezu unvermeidliche Unmenschlichkeit, die keinen Platz für gute Gedanken und Gefühle lässt. Das gilt auch für einen jungen Mann, der an der Ostfront kurz vor Warschau scheinbar Glück hat …

1964 im Deutschen Militärverlag Berlin als Heft 42 der Kleinen Erzählerreihe „Das Haus im Park“ von Kurt David. Der Pianist Daniel Merten scheint an der Ostfront kurz vor Warschau Glück zu haben, denn er wird Putzer eines ebenfalls musikbegeisterten Leutnants. In einem kleinen Dorf bei Warschau nehmen sie ihr Quartier und Merten spielt in der Freizeit auf dem Flügel der jungen Polin, die gemeinsam mit ihrer Mutter das Haus bewohnt. Die Deutschen haben den Polen verboten, Chopin zu spielen. Doch Merten bedrängt die junge Frau so sehr, bis sie sich an den Flügel setzt und so hervorragend spielt, dass Merten andächtig lauscht und nicht bemerkt, dass Unteroffizier Puschke den Raum betreten hat. Nun nimmt das Unglück seinen Lauf. Der folgende Auszug zeigt die Dramatik der Situation:

„Aber der Herr Leutnant, was wird der sagen?“

„Der kriegt die Meldung als Vorspeise zum Abendbrot. Hab’ mit dem noch die Rechnung von der Kohlenschippergeschichte zu begleichen. – Schreiben Sie, Puschke – oben rechts – Ortsunterkunft und Datum, gesperrt – Meldung!“

„M e l d u n g“, wiederholte der Unteroffizier. Er war sehr neugierig zu erfahren, wie sich die Sache zugetragen hatte. Zunächst schilderte Stein den Tathergang. Als er bei jener Stelle angelangt war, wo es hieß: „Der Eintritt des Unterzeichneten wurde vom Unterzeichner so geschickt vollzogen, dass die zwei denselben nicht bemerkten, so dass der Unterzeichner die beiden unauffällig noch eine längere Zeit beobachten konnte“, unterbrach er sich und meinte zum Schreiber: „Seh’n Se, Puschke, ich habe das so kommen sehen. Der Merten, diese Type, hat von Anfang an gedacht – Kamerad schieß du, ich spiel’ derweil Klavier. Dann kommt noch etwas hinzu, Puschke, und das ist politisch. Ich habe mal gelesen, Musik ist Weltsprache – also versteht sie auch unser Gegner. Das ist gefährlich, Puschke!“

Puschke fand das auch gefährlich und schrieb nach dem Diktat des Hauptfeldwebels weiter. „Laut Anweisung ist es in unserem heroischen Kulturkampf den Polen verboten, Noten des Chopin zu spielen, was nur uns gestattet ist. Das wusste die H. Z., was sie nicht hinderte, das Verbot zu übertreten, ja, der Merten forderte die H. Z. sogar auf, Chopin zu spielen, obwohl die H. Z. Merten auf denselben und das Verbot als solches aufmerksam gemacht hatte.“

„Sehr leichtsinnig“, bemerkte Puschke.

„Lassen Sie Ihre Zwischenbemerkungen! – Weiter – In diesen Tagen, wo unsere Soldaten östlich Warschaus zur großen Abwehrschlacht gegen den anstürmenden Feind angetreten sind, tapfer und zäh kämpfen – haben Sie das, Puschke?“

„– tapfer- und zäh kämpfen – weiter Hauptfeld, wie geht’s weiter?“

„– sitzt Grenadier Merten hinter der Front und paktiert mit dem Gegner, indem er diesen als solchen auf dem Klavier spielen lässt, und zwar auch noch Chopin, der sowieso schon verboten ist. Unterschrift – Hauptfeldwebel.“

Puschke, ermutigt durch Steins Vertraulichkeit, sagte: „Das Gesicht des Leutnants möchte ich sehen, wenn er die Meldung bekommt.“

Der Hauptfeldwebel überflog noch einmal den Text und war über dessen Inhalt selbst so entsetzt, dass ihn die Furcht packte. Er schrie: „Puschke, hab’ Sie nicht nach Ihrer Meinung gefragt. Dass mir hier nicht die Disziplin einreißt. Mit Chopin fängt’s an, und beim popligen Schreiber hört’s auf. Puschke?“

„Herr Hauptfeld?“

„Mensch, wie Sie dastehn! Disziplin, Puschke, Disziplin! Ham Se vielleicht auch schon eine Polin als Aushilfskraft engagiert, die, wenn ich nicht da bin, für Sie auf diesem Buchstabenklavier klappert?“

„Nein, Hauptfeld!“

„Oder verschieben Sie unser Briefpapier bei den Polen gegen saure Gurken?“

„Nein, Hauptfeld!“

„Vielleicht Kompanieschnaps gegen polnische Eier? Für die werte Gattin?“

„Nein, Herr Hauptfeld!“

Stein schrie sich in seiner Furcht immer mehr in Wut: „Sie putziger Engel! Der eine bändelt über Chopin mit dem Feind an, der andere mit Speck, Enten und Wodka. Ich glaube, dass ich wieder mal anständig beim Haufen dazwischenfahren muss. Wer weiß, was hinter meinem Rücken so alles verhökert wird. Vielleicht liegt man mal früh tot im Bett, indessen die halbe Kompanie auf mein Ableben mit den Polen Brüderschaft trinkt.“

2003 erschien in der Edition Ost das Buch „Was geschah am 17. Juni? Vorgeschichte, Verlauf, Hintergründe“ von Hans Bentzien. 60 Jahre nach den Ereignissen scheint alles zum Thema gesagt. Reflexhaft wird wiederholt: Ein Volksaufstand, letztes Aufbegehren der Arbeiter gegen die sowjetische Besatzungsmacht. Doch was geschah wirklich? Hans Bentzien berichtet als Zeitzeuge und Historiker und liefert eine andere, eine besonnene und fundierte Analyse der Ereignisse mit interessanten Dokumenten als Beleg im Anhang. Hier ein Auszug unter der Überschrift „Roll back geplant“.

Manchmal zweifele ich daran, ob es überhaupt möglich ist, sich heute vorzustellen, welch ein Knoten von Problemen und Widersprüchen gelöst werden musste, aber es gab jeden Tag neue und schwierigere.

Im Westen taten sich einschneidende Dinge. Am 19. März 1953 wurde vom Bundestag der Generalvertrag ratifiziert, auch Deutschlandvertrag oder Bonner Vertrag genannt. Er regelte die Beziehungen der BRD zu den drei Mächten USA, Großbritannien und Frankreich. Der Vertrag sollte das Besatzungsregime ablösen und den Weg in die Europäische Verteidigungsgemeinschaft (EVG) freimachen. Zwar gab es durch Proteste und Einwände Verzögerungen, doch Adenauer versicherte dem neuen amerikanischen Präsidenten Eisenhower, trotz Schwierigkeiten durch die Opposition an der Stärkung des militärischen Bündnisses mitzuwirken. Auch nach der Wiedervereinigung werde Deutschland nicht aus der EVG austreten. Der amerikanische Präsident verspricht dafür Rüstungshilfe und für Westberlin Wirtschaftshilfe.

Damit war verbindlich der Kurs der Adenauer-Regierung gegenüber der führenden Macht im westlichen Bündnis festgelegt, der Staatsbesuch hatte die spalterischen Positionen festgeklopft. Adenauer muss an die Wiedervereinigung als Gegenwartsaufgabe gedacht haben, denn es kann kein Zufall sein, dass am 12. Juni die Konzerne, die auf dem Territorium der DDR inzwischen enteignete Betriebe noch zu ihrem Besitz zählten, Weisungen erteilten, deren Aktien aufzukaufen. Die Börsen verzeichneten am 13. Juni rege Nachfrage nach den sogenannten Ostwerten.

Besonders erfolgreich wurden die Aktien von Siemens, AEG, Flick, des Krupp-Konzerns, der Dessauer Continental Gasgesellschaft und der Deutschen Erdöl AG gehandelt. Einige frühere Großagrarier erkundigten sich nach dem Zustand ihrer alten Besitzungen.

Maßnahmen dieser Art treffen Konzerne nicht ohne ausreichende Informationen. Zu ihrer Beschaffung war im März 1952 beim Ministerium für gesamtdeutsche Fragen ein „Forschungsbeirat für Fragen der Wiedervereinigung Deutschlands“ gegründet worden. Besser hätte diese Informationszentrale „Ausforschungsbeirat“ geheißen. Bei ihr liefen die Spionagemeldungen zusammen, die zu einem Sofortprogramm umgeformt wurden. Die Maßnahmen waren detailliert ausgearbeitet, es kam der BRD-Regierung darauf an, nach dem Tag X eine kompatible Angleichung der Verhältnisse von Ost zu West zu erreichen. Die Landsmannschaften hatten hierin die Funktion einer „Armee für die Wiedervereinigung“ zu übernehmen, wie Minister Kaiser formulierte.

Im Juli 1952, zum Zeitpunkt der II. Parteikonferenz, berichtete der „Spiegel“: „Der Generalstabsplan für die administrative Machtübernahme ist so gut wie fertig. Es fehlt – nach der Unterzeichnung des Generalvertrages durch den Bundeskanzler Adenauer – nur die Gelegenheit, ihn in der Praxis anzuwenden.“ Zu diesem Plan gehörte eine Liste mit Mitgliedern einer „Schattenregierung“, die für den Tag X bereit stand. Eine „Ostkartei“ erfasste Bürger der DDR, welche vom Volkszorn hinweggefegt, also gelyncht werden sollten. Die Sabotageakte steigerten sich in den folgenden Monaten erheblich, die Liste wäre lang, wollte man sie alle aufführen.

Dem „Forschungsbeirat“ des Ministers Kaiser gehörten wichtige Verbindungsleute zu den Organisationen und Verbänden an. Die Banken vertrat der Vorsitzende des Verwaltungsrates der Berliner Zentralbank, die Konzerne wurden repräsentiert durch den Verband der Deutschen Industrie und die Arbeitgeberverbände. Die Gutsbesitzer wurden vertreten durch Friedrich Karl von Zitzewitz-Muttrin (in der DDR enteignet), der Deutsche Gewerkschaftsbund hatte drei Vertreter, die Kollegen Scharnowski, Rosenberg und Hirche, ebenso wie die SPD ihre führenden Mitglieder Bertsch, Dr. Seume und Wehner entsandt.

Walter Ulbricht bezeichnet auf dem IV. Parteitag der SED den „Tag X“ als Putsch. Dazu führt er aus: „Die uns bekannten Beratungen des ‚Forschungsbeirates’ hatten das Ziel, durch einen Putsch die Arbeiter- und Bauernmacht in der DDR zu stürzen und dann die ehemaligen Konzernbetriebe ihren früheren Besitzern zurückzugeben. Das Programm der Putschisten war in der Landwirtschaft gegen die Klein- und Mittelbauern gerichtet, die entsprechend dem ‚Grünen Plan’ Westdeutschlands in großbäuerliche Wirtschaften verwandelt werden sollten. Die Initiatoren des Putsches in der DDR waren Faschisten, die früher Funktionäre von Hitlerorganisationen gewesen waren, Agenten des Ostbüros der SPD und verschiedene Agenten des Kaiserministeriums, die sich in die kleinbürgerlichen Parteien in der DDR eingeschlichen hatten. Gewisse aggressive Kreise der USA waren an einer Verschärfung der internationalen Lage interessiert und deshalb waren sie bereit, ihre Reserven in der DDR einzusetzen und in einem solchen Putsch zu opfern.“ (Protokoll des IV. Parteitages der SED, S. 60, Berlin 1954)

1981 erschien im Kinderbuchverlag Berlin das von Erdmute Oelschlaeger reich illustrierte Buch für Leser ab 6 Jahren „Pelop und der Delfin“ von Reinhard Bernhof.

Als Pelop ganz weit ins Schwarze Meer hinausschwimmt und das Ufer nicht mehr sieht, nimmt ihn ein Delfin auf den Rücken. Er schwimmt weit über das Meer und Pelop sieht viel Unbekanntes. Aber seine Mutter weint zu Hause nach ihrem Jungen. Hier ein Auszug über die Sehnsucht und Hoffnung der Mutter:

Niemand glaubte dem Fischer, nur die Mutter schöpfte neue Hoffnung. Sie wartete viele Tage lang am Strand und befragte die Wellen, die blieben kalt und sangen ihr altes Lied. Sie horchte in die Muscheln, die rauschten nur. Sie blickte in die Fischernetze, kein Zeichen von Pelop.

Pelop aber, auf dem Rücken des Delfins, ritt über die Meere. Über den im Vollmond glänzenden Wogen winkte und lachte er den Schiffen zu und blies auf seinem Muschelhorn.

Eines Tages legte wieder ein Boot an am Strand der kleinen Stadt. Ein anderer Fischer berichtete:

„Ich habe Pelop gesehen.

Er hat mir zugewinkt und gelacht.

Leicht, in einem Mondscheinhemd,

ritt er auf einem Delfin

an mir vorüber.“

Niemand glaubte dem anderen Fischer, nur die Mutter schöpfte neue Hoffnung. Sie wartete viele Tage lang am Strand und befragte die Wellen, die blieben kalt und sangen ihr altes Lied. Sie horchte in die Muscheln, die rauschten nur. Sie blickte in die Fischernetze, kein Zeichen von Pelop.

Der silberblaue Delfin brachte Pelop auf eine ferne Insel und sagte:

„Ich muss in die Tiefe,

um für dich ein noch schöneres Geschenk

zu finden.“

1982 erschien im Kinderbuchverlag Berlin in der beliebten Reihe „Die kleinen Trompeterbücher“ das Buch für Leser ab 9 Jahren „Der Mann mit dem traurigen Birnengesicht“ von Reinhard Bernhof. „,Lass ihn laufen‘, sagte Pit. Er hielt mir die Hand hin und sagte: ,Freunde‘. Ich schlug ein. Wir rösteten gemeinsam die Kartoffeln, die drei faustgroßen von Pit und die pflaumengroßen aus meinen Hosentaschen. Und als die ersten Kartoffeln gar waren und wir die verbrannte Haut abpellten, da fühlte ich mich wie Hans im Glück. Nie mehr schmeckten mir Kartoffeln so gut wie an jenem Tag.“ In fünf Geschichten erzählt Reinhard Bernhof von ungewöhnlichen Freundschaften und solchen, die wir vielleicht schon selbst erlebt haben. Hier ein Auszug aus der Geschichte „Das Fünfmeterbrett“:

Seit Tagen kämpft Jochen mit sich. Er will den Sprung vom Fünfmeterbrett wagen. Immer schiebt er ihn hinaus und schleicht um den Turm herum. Der Andrang vor dem Freibad ist heute besonders groß. Es ist schwül, und die Sonne scheint molkig trüb. Als Jochen ans Schwimmbecken kommt, hat er es nicht mehr eilig. Er grübelt, ob er gleich auf den Sprungturm steigen oder sich zunächst auf die Wiese legen soll. Dabei blickt er zum Fünfmeterbrett hinauf.

Ein älterer Schüler mit brauner, geölter Haut, der eine kurze Dreieckhose anhat, wippt in die Höhe und zeigt einen herrlichen Kopfsprung. Sein Rücken ist durchgedrückt, seine Brust vorgewölbt. Wenn ich einen solchen Kopfsprung könnte, denkt Jochen neidvoll und beklommen. Er sieht den älteren Schüler aus dem Wasser auftauchen. Flüssig sind dessen Kraulschläge. Am Beckenrand stützt er sich auf und zieht sich mit leichtem Schwung heraus.

Jochen springt ins Wasser und schwimmt erst einmal zum Einmeterbrett. Am Beckenrand hievt er sich ebenso elegant und kraftvoll aus dem Wasser, wie er es von dem älteren Schüler gesehen hat. Dann steigt er auf das Einmeterbrett, wippt, versucht auf Zehenspitzen die Balance zu halten, rutscht ab und fällt seitwärts ins Wasser. Beim Auftauchen hört er das Gekicher einiger Mädchen und Jungen.

Jochen ärgert sich und will es noch einmal versuchen. Diesmal nimmt er Anlauf, federt gut und hoch ab, überschlägt sich in der Luft und klatscht mit der Rückenfläche auf. Wie betäubt scheint sein Körper. Doch beim Auftauchen verkneift er sich den Schmerz.

Und beim dritten Versuch ist Jochen zu vorsichtig und landet breitbeinig wie ein Frosch im Wasser. Unlustig bleibt er am Beckenrand stehen. Er beobachtet, wie der ältere Schüler wieder auf den Sprungturm klettert. Jochen denkt: Der ist sicher im Verein und trainiert regelmäßig.

Der ältere Schüler dreht eine Schraube und taucht so gerade ein, dass nur wenig Wasser aufspritzt. Ohne auszuruhen, zieht er sich wieder schwungvoll aus dem Becken, eilt erneut die Treppen des Sprungturms hinauf, konzentriert sich, wippt noch einige Male auf der Spitze des Fünfmeterbretts und zeigt einen vollendeten Doppelsalto. Einige Mädchen und Jungen am Beckenrand rufen: „Oh!“ und „Ah! Der kann aber springen!“

Jochen fühlt sich entmutigt und denkt gar nicht mehr daran, den Turm hinaufzusteigen. Vielleicht, wenn Elke aus seiner Klasse käme, ihr würde er beweisen, dass er vom Fünfmeterbrett springen kann.

1977 erschien ebenfalls in der Reihe „Die kleinen Trompeterbücher“ und auch von Reinhard Bernhof „Ben sucht die Quelle“ für Leser ab 8 Jahren.

Ben, ein Großstadtjunge, verbringt ein paar Tage seiner Ferien auf dem Dorf bei seiner Tante. Dort macht er sich, gleich einem Forscher, auf, den Ursprung eines Baches zu finden. Wie und wo mag der Bach entspringen? fragt sich Ben. Er will es genau wissen. Auf dem Wege zur Quelle sieht und erlebt er mancherlei. Er freut sich über die vielen Schönheiten der Natur, staunt über die Macht der Naturgewalten, fährt mit einem Ernteschiff, verhindert eine Überschwemmung, trifft auf eine verfallene Mühle und begegnet einem Angler auf stillem See, bis er schließlich zur Quelle gelangt. Hier ein Auszug aus dem spannenden Kinderbuch:

Ben ist schon einige Stunden unterwegs. Er springt mal auf die eine, mal auf die andere Seite des Bachs. Plötzlich steht er vor einer alten Mühle. Aus ihren Steinfugen hängt zottig das Moos. Sie ist umgeben von einer Brennnesselwildnis. Von Wind und Wetter morsch, starrt das Balkengerüst. Ben balanciert auf einer gesprungenen Steinmauer entlang und muss dabei aufpassen, dass er nicht von den wackligen Steinen abrutscht. Vor dem Achsenstumpf, um den sich das Mühlenrad gedreht hat, bleibt er stehen. Wie viele Umdrehungen wird es gemacht, wie viele tausend Zentner Getreide mag der Mühlstein da drinnen zerrieben haben? Und was für Leute mögen das gewesen sein, die Müller?

Ben mustert Türen und Fenster. Sie hängen schräg in den Angeln. Er löst einen Brocken von der Mauer und wirft ihn gegen die morsche Tür. Mit heftigem Gepolter fällt sie in den Innenraum der Mühle, und eine schwarzgähnende Leere tut sich auf. Ben nimmt einen runden Spiegel aus der Hosentasche und fängt einen Sonnenstrahl, um ihn in den dunklen Raum zu lenken. Aber nichts zu sehen. Nur ein leises Rauschen kommt aus der Dunkelheit. Weg von hier, denkt Ben, weg von dieser alten Gespenstermühle. Und eine Gänsehaut überzieht ihn.

Im nahen Kiefernwald scheint die Sonne durch die Baumkronen und färbt sie golden. Es kommt Ben vor, als stünde er in einem Traumland.

Plötzlich ein Rascheln im Bachgestrüpp. Ben erstarrt vor Schreck. Ein Fuchs funkelt ihn mit seinen Augen an, als hätte er Feuer unter der Stirn, dann wendet er schnell und huscht ins Unterholz.

Und um am Schluss dieses Newsletters noch einmal auf den 17. Juni 1953 und dessen Bewertung je nach politischer Ausrichtung ganz unterschiedlich ausfällt, sei noch einmal an den berühmten Kommentar des parteilosen Kommunisten Bertolt Brecht erinnert werden, der unmittelbar danach folgendes bekenntnisstarke Gedicht geschrieben hatte:

„Nach dem Aufstand des 17. Juni

Ließ der Sekretär des Schriftstellerverbands

In der Stalinallee Flugblätter verteilen

Auf denen zu lesen war, daß das Volk

Das Vertrauen der Regierung verscherzt habe

Und es nur durch verdoppelte Arbeit

Zurückerobern könne. Wäre es da

Nicht doch einfacher, die Regierung

Löste das Volk auf und

Wählte ein anderes?“

Brecht bezog sich mit seinem durchaus sehr dialektischen und parteilichen Text auf eine am 20. Juni 1953 im „Neuen Deutschland“ veröffentlichte Abrechnung des Sekretärs des Schriftstellerverbandes Kurt Barthel (KUBA) mit den Bauarbeitern der Stalinallee: „Schämt ihr euch auch so, wie ich mich schäme? Da werdet ihr sehr viel und sehr gut mauern und künftig sehr klug handeln müssen, ehe euch diese Schmach vergessen wird.“ Weiter schrieb Barthel damals: „Zerstörte Häuser reparieren, das ist leicht. Zerstörtes Vertrauen wieder aufrichten ist sehr, sehr schwer.“

Wer sich wohl schämen musste? Viel Vergnügen beim Lesen und beim Denken – nach demselben Bertolt Brecht gehört das Denken bekanntlich zu den größten Vergnügen der menschlichen Rasse -, einen vergnüglichen April, bleiben auch Sie weiter vor allem schön gesund und munter und bis demnächst.

Ach, und nicht vergessen: dieser April 2023 ist auch Leipziger-Buchmesse-Zeit, die nach dreimaliger Corona-bedingter Pause nun endlich wieder stattfindet – in diesem Jahr vom 27. April bis zum 30. April. Sehen wir uns?

Über die EDITION digital Pekrul & Sohn GbR

EDITION digital war vor 28 Jahren ursprünglich als Verlag für elektronische Publikationen gegründet worden. Inzwischen gibt der Verlag Krimis, historische Romane, Fantasy, Zeitzeugenberichte und Sachbücher (NVA-, DDR-Geschichte) sowie Kinderbücher gedruckt und als E-Book heraus. Ein weiterer Schwerpunkt sind Grafiken und Beschreibungen von historischen Handwerks- und Berufszeichen sowie Belletristik und Sachbücher über Mecklenburg-Vorpommern. Bücher ehemaliger DDR-Autoren werden als E-Book neu aufgelegt. Insgesamt umfasst das Verlagsangebot, das unter www.edition-digital.de nachzulesen ist, mehr als 1.200 Titel. E-Books sind barrierefrei und Bücher werden klimaneutral gedruckt.

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