Mit Abgaben die notwendige Transformation der Landwirtschaft finanzieren

Seit Wochen streiten die Ampel-Koalitionspartner energisch über den Bundeshaushalt – eine schnelle Lösung der Konflikte scheint nicht in Sicht. Dadurch stehen auch hinter der Finanzierung wichtiger Projekte wie der ökologischen Transformation der Landwirtschaft mit dem Umbau der Nutztierhaltung noch große Fragezeichen. Dabei könnte ein Instrument zusätzliche Finanzmittel für die Transformation mobilisieren: Abgaben auf Pestizide, Fleisch und Stickstoff.

„Die Zahlen der Zukunftskommission Landwirtschaft sprechen eine deutliche Sprache: 90 Milliarden Euro ökologische Folgekosten verursacht der Agrarsektor jährlich – er trägt aber nur zu rund 25 Milliarden zur Wirtschafsleistung bei. Dieses Ungleichgewicht gilt es, auszutarieren. Dazu braucht es wirksame, verursachergerechte Anreizsysteme für Wirtschaft und Verbraucher: wer wenig Folgekosten verursacht, zahlt weniger und entsprechend umgekehrt“, fordert Bioland-Präsident Jan Plagge.

„Es ist jetzt der Zeitpunkt für marktwirtschaftlich wirkende Instrumente. Wir fordern daher Abgaben mit Lenkungswirkung auf Fleisch, chemisch-synthetische Pestizide und mineralischen Stickstoff-Dünger“, so Gerald Wehde, Geschäftsleiter Agrarpolitik und Kommunikation bei Bioland. „Diese haben einen doppelten Nutzen: Einerseits sind sie wichtige Lenkungsinstrumente, um zum Beispiel durch Verteuerungen den Fleischkonsum zu reduzieren, andererseits sind sie eine zusätzliche Einnahmequelle, die wir für den Umbau dringend brauchen.“

Denn der Umbau des Wirtschaftssystems und seiner einzelnen Sektoren ist zwar unumgänglich, aber er ist auch teuer: Allein die Transformationskosten des Agrarsektors belaufen sich auf rund 7 bis 11 Mrd. Euro pro Jahr. Viel Geld, das erst mal aufgewendet werden muss. Doch vor allem Finanzminister Christian Lindner steht auf der Bremse und blockiert Mittel für dringend nötige Umbau-Projekte. Abgabensysteme auf Fleisch, chemisch-synthetische Pestizide und mineralischen Stickstoff-Dünger könnten dafür neue Mittel generieren und direkt reinvestiert werden, etwa in den ökologischen Umbau der Landwirtschaft.

„Viel teurer als die Transformation des Agrarsektors jetzt entschlossen anzugehen, kommt es uns zu stehen, wenn wir diese weiter verschleppen“, unterstreicht Bioland-Präsident Plagge. „Schon heute betragen die Umweltfolgekosten ein Vielfaches der Transformationskosten. Und je länger wir nichts gegen die hohen Umweltschäden, das Artensterben und den Klimawandel unternehmen, umso größer wird dieser Faktor werden.“

Gerald Wehde verdeutlicht: „Es geht auch um die Erreichung der Ziele des EU-Green Deals mit der Farm-to-Fork Strategie: Diese sehen, vor allem zum Schutz der Artenvielfalt, bis 2030 eine Halbierung der Menge und des Risikos von Pestiziden sowie eine deutliche Reduktion der Stickstoffdüngung vor. Auch dazu wäre die Einführung von marktwirtschaftlich wirkenden Abgaben ein effizientes Instrument.“

Abgaben: Instrument mit doppeltem Nutzen

Das bringt eine Pestizidabgabe: Der Einsatz von chemisch-synthetischen Pestiziden in der Landwirtschaft ist eine Kernursache für den Rückgang der Biodiversität und damit auch für die aus dem Artensterben resultierenden hohen Folgekosten mitverantwortlich. Eine Pestizidabgabe würde nicht nur zusätzliche Einnahmen generieren, sie würde auch dazu führen, dass sich der Pestizideinsatz in Deutschland halbiert. Zu dieser Erkenntnis kommt eine Studie des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) im Auftrag eines breiten Bündnisses.

Das bringt eine Abgabe auf mineralischen Stickstoffdünger: Mineralischen Stickstoffdünger zu produzieren benötigt viel fossile Energie: Die Ammoniaksynthese verschlingt 1 bis 3 Prozent des weltweiten Energiebedarfs – und 80 Prozent davon gehen in die Herstellung der Düngemittel. Entsprechend klimaschädlich sind Verfahren, wie die „Haber Bosch Synthese“: Für jede Tonne produziertes Ammoniak – die chemische Verbindung aus Stickstoff und Wasserstoff – werden 2 Tonnen klimaschädliches Kohlenstoffdioxid freigesetzt. Zudem wird bei der Ausbringung von mineralischen Stickstoffdüngern das besonders schädliche Lachgas freigesetzt, was den Treibhauseffekt nochmals anheizt. Eine Abgabe auf diese Düngemittel würde deren Einsatz reduzieren und damit auch die Klima- und Energiebilanz der Landwirtschaft aufbessern.

Das bringt eine Fleischabgabe: Die deutsche Gesellschaft für Ernährung fordert eine Halbierung des Fleischkonsums – schon aus gesundheitlichen Gründen. Denn auch im Gesundheitssystems entstehen durch falsche und zu fleischlastige Ernährung hohe Folgekosten. Bioland hat sich dieser Forderung schon vor langer Zeit angeschlossen, da diese auch zu einer Reduzierung der Nutztierbestände führen würde. Das ist wichtig, denn die zu intensive Nutztierhaltung in der aktuellen Form ist ineffizient und klimaschädlich: 80 Prozent der globalen landwirtschaftlichen Nutzfläche wird für die Produktion tierischer Lebensmittel genutzt – diese tragen aber nur zu 18 Prozent zur globalen Kalorienversorgung bei. Zudem verursacht der Agrarsektor 25 Prozent der globalen Gesamtemissionen – der Anteil der Tierhaltung daran liegt bei 70 Prozent. Eine mengenbezogene Fleischabgabe würde also nicht nur dazu führen, dass die Folgekosten im Gesundheitsbereich sinken, sondern auch die Bilanz der Landwirtschaft bei der Flächennutzung und der Emission von Treibhausgasen verbessern.

Über den Bioland- Verband für organisch-biologischen Landbau e.V.

Bioland ist der bedeutendste Verband für ökologischen Landbau in Deutschland und Südtirol. Rund 10.000 Betriebe aus Erzeugung, Herstellung und Handel wirtschaften nach den Bioland-Richtlinien. Gemeinsam bilden sie eine Wertegemeinschaft zum Wohl von Mensch und Umwelt.

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