Bürgerliche Kreise haben die drohende Strommangellage Anfang Winter schamlos dazu benutzt, einen Frontalangriff auf den Natur- und Landschaftsschutz zu lancieren. Rechtsstaatliche Prinzipien, vom Volk gutgeheissene Gesetze und bewährte Mechanismen im Planungs- und Umweltrecht wurden dabei über Bord geworfen.
Dass die heraufbeschworene Mangellage nun doch nicht eingetreten ist, kann den bereits angerichteten Schaden kaum mehr rückgängig machen: So sind die Anbauschlacht und der Run auf Subventionen für grossflächige Photovoltaikanlagen in noch unberührten, alpinen Wildnisgebieten in vollem Gang und Restwassermengen wurden trotz drohendem Artensterben temporär für gewisse Wasserkraftwerke gesenkt. Weitere Attacken auf Natur und Landschaft sind mit einer Initiative der Kleinwasserkraftlobby geplant. Dass vor allem jene Kilowattstunde am meisten zählt, welche eingespart wird, ist derweil in der Politik kaum ein Thema.
Was in der Frühjahrssession auf dem Spiel steht
In der kommenden Frühjahrssession steht mit der Diskussion zum Energie- und zum Stromversorgungsgesetz (so genannter Mantelerlass) erneut das Verhältnis von Schutz und energetischem Nutzen unserer Natur und Landschaft auf dem Spiel: Noch ist nicht gesichert, dass Biotope von nationaler Bedeutung von der Energienutzung ausgeschlossen bleiben sollen – als wären diese 2,17% der Schweizer Landesfläche für die Energiewende ausschlaggebend; die Pflicht zu Schutz-, Wiederherstellungs- und Ersatzmassnahmen, wenn ein Inventarobjekt betroffen ist, wird infrage gestellt, obwohl deren Notwendigkeit vom «Runden Tisch Wasserkraft» noch vor kurzem bekräftigt worden war; die Planungspflicht für die Projekte vom «Runden Tisch Wasserkraft» soll deutlich reduziert werden und ein grundsätzlicher Interessenvorrang für erneuerbare Energien steht zur Debatte. Per Ausnahmegesetz soll nach der alpinen Photovoltaik auch der Ausbau der Windenergie beschleunigt werden, was die sorgfältige Prüfung von Naturwerten infrage stellt.
Pro Natura appelliert an die Parlamentarierinnen und Parlamentarier, zu einem nachhaltigen Verhältnis zwischen Schutz und Nutzen zurückzufinden und
- im Auge zu behalten, wie eng Biodiversitäts- und Klimakrise zusammenhängen;
- zu berücksichtigen, dass ein Drittel unserer einheimischen Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht sind, ganz besonders die Gewässerlebewesen;
- den Naturwert von neu entstehenden Gletschervorfeldern zu berücksichtigen, statt sie voreilig der Nutzung zuzuschlagen
- unsere letzten unberührten Landschaften nicht einem Energieausbau zu opfern, welcher grösstenteils konfliktfrei auf bereits bebauten Gebieten stattfinden kann;
- politische Rahmenbedingungen anzugehen, um die Energieverschwendung zu stoppen und unseren Energiekonsum auf ein planetenverträgliches Mass zu reduzieren.
Energiewende, Biodiversitätskrise und Klimakrise müssen gemeinsam gelöst werden!
Weitere Informationen:
Sichere Schweizer Energieversorgung 2035 – die Lösungen der Umweltallianz
Standpunkte der Umweltallianz zur Frühjahrssession 2023
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