Das entwickelte und innovative EBOADD-Verfahren gehört zu den drahtbasierten Verfahren. Dabei wird ein Draht mit dem Elektronenstrahl aufgeschmolzen und selektiv deponiert.
Im Gegensatz zu pulverbasierten Verfahren bietet das EBOADD-Verfahren eine höhere Aufbaurate. Zusätzlich ist das Rohmaterial in Drahtform in der Anschaffung günstiger und weniger anfällig für äußere Verunreinigung wie z.B. durch Sauerstoff.
Ein weiterer Vorteil von EBOADD ist der Elektronenstrahl. Dieser kann mit bis zu 150 kV Beschleunigungsspannung herausfordernde Materialien aufschmelzen, die z.B. eine hohe Reflektivität (Kupfer) oder eine sehr hohe Schmelztemperatur (Wolfram) aufweisen. Auch rissanfällige (Nickellegierungen) oder reaktive Materialien (Titanlegierungen) können gut verarbeitet werden. Letzteres ist durch das erforderliche Vakuum gegeben.
Experimentelle Durchführung
Verwendet wird eine Elektronenstrahlanlage mit einem Kammervolumen von 22 m³ und einem 150 kV Elektronenstrahlgenerator. Die Startplatte wird auf einer Kipp-Z-Drehvorrichtung eingespannt. Die verwendete Anlage und der beispielhafte Versuchsaufbau werden in Abbildung 1 dargestellt.
Zu Beginn wird eine Startplatte im Vakuum mit einem defokussierten Strahl auf 600-800 °C vorgeheizt. Für diesen Vorgang ist keine zusätzliche Hardware erforderlich. Der additive Aufbau erfolgt mit einer Beschleunigungsspannung von 100 kV und einem Strahlstrom von 11-12 mA. Der auf einen Punkt zentrierte Strahl bewegt sich mit 20 Hz und einem Radius von 2,25 mm um ein Zentrum herum. In dieses Zentrum wird ein Edelstahldraht (Werkstoffnummer 1.4316) von 1,6 mm Durchmesser mit einer Geschwindigkeit von 15 mm/s diskontinuierlich befördert, aufgeschmolzen und deponiert. Im Gegensatz zu einer kontinuierlichen Drahtzuführung wird der Ansatz verfolgt, dass mit einer Punkt-aufbaudauer von 1s, Punkt für Punkt das Bauteil aufgebaut wird. Bedeutet, nachdem ein Punkt additiv aufgebaut wurde, wird der Draht leicht zurückgezogen und das Bauteil um 3 mm bewegt (Abstand der Punkte zueinander). Die Orientierung der Drahtzuführung zur aufgebauten Wand hat durchgehend einen Winkel von 90° (seitlich). Die Schichtdicke beträgt 1,5 mm. Damit wird eine Aufbaurate von ca. 30 cm²/h erreicht.
Für den Zugversuch werden Proben nach DIN 50125 mit der Probengeometrie E aus dem additiv gefertigtem Muster geschnitten. Zwei Orientierungen, vertikal und horizontal zur Aufbaurichtung, werden untersucht. Der Zugversuch wird an einer Universalprüfmaschine, Inspect 50 desk von Hegewald Peschke, mit einer Dehnrate von 0,0067 1/s durchgeführt.
Die Härtemessung nach Vickers erfolgt an einem polierten Schliff, mittig entlang der Aufbaurichtung. Verwendet wird das Modell Z3.2A der Firma Zwick & Co. KG.
Für den metallographischen Schliff wird die Probe eingebettet und mit Schleifpapier aufsteigender Körnungen (120 – 1.000 Körnungen) plan geschliffen und mit einer abschließenden Diamantpolitur (3 µm) poliert. Für das Gefügebild in Abbildung 2b wird die Probe nach Adler geätzt.
Ergebnisse und Diskussion
In Abbildung 2a ist das hergestellte Muster dargestellt. Es ist ein Quadrat mit einer Kantenlänge von 90 mm und einer Wandstärke von ca. 5 mm.
Der hergestellte Schliff in Abbildung 2b zeigt ein kolumnares Gefüge, welches in Aufbaurichtung orientiert ist. Abbildung 2c stellt das austenitische Gefüge mit Deltaferrit dar. Defekte wie Poren, Risse oder Schichtanbindungsfehler werden nicht detektiert.
Im Zugversuch wird vertikal eine Zugfestigkeit von 500 MPa ± 8 MPa und horizontal von 550 MPa ± 4 MPa ermittelt. Hinsichtlich der Bruchdehnung wird vertikal ein Wert von 58,0 % ± 1,8 % und horizontal einen Wert von 52,4 % ± 0,4 % gemessen. Anhand dieser Ergebnisse ist eine gewisse Anisotropie zu erkennen wie sie typisch für die additive Fertigung ist [1-2]. Im technischen Datenblatt des Drahts werden Richtwerte von 590 MPa Zugfestigkeit und 35 % Bruchdehnung angegeben. Es zeigt sich, dass die hier ermittelten Werte hinsichtlich der Zugfestigkeit knapp darunter und hinsichtlich der Bruchdehnung weit darüber befinden. Die gemessene Härte liegt bei 173,5 ± 9,47 HV0,5 und damit leicht über den Angaben des technischen Datenblattes von 160 HV.
Die erwähnte Aufbaurate von ca. 30 cm³/h ist verglichen zu einem kontinuierlichen Drahtvorschub niedriger. Dies konnte jedoch weiter optimiert werden (siehe Abbildung 3). Der angewendete Ansatz bietet allerdings den Vorteil nicht rotationssymetrische Bauteile besser herstellen zu können.
In Abbildung 3 sind exemplarisch verschiedene Geometrien mit unterschiedlichen Materialien dargestellt, die bei der Steigerwald Strahltechnik GmbH mit EBOADD hergestellt wurden.
Zusammenfassung und Ausblick
Das von Steigerwald Strahltechnik GmbH entwickelte EBOADD-Verfahren bietet die Möglichkeit drahtbasierte additive Fertigung durchzuführen. Es können eine große Bandbreite von metallischen Legierungen verarbeitet werden. Auch der Aufbauprozess und die Strahlführung können beliebig mit der CNC-Programmierung vorgegeben werden.
Die Ergebnisse zeigen das Potential der drahtbasierten additiven Fertigung für komplexere Geometrien. Zusätzlich können mit den hier gezeigten Prozessparametern ein defektfreies und stängelkristallines Gefüge mit einer leicht anisotropen Zugfestigkeit und einer hohen Bruchdehnung erzielt werden.
Somit bietet dieser Prozess ein großes Potential hinsichtlich der drahtbasierten additiven Fertigung. Es können schwierig zu verarbeitende Materialien verwendet werden um mittels dem punktuellen Auftrag komplexere Geometrien zu erzeugen. Großes Optimierungspotential liegt auch bei der Aufbaurate und der möglichen parallelen Nutzung mehrerer Materialien.
Danksagung
Unser Dank geht an Prof. Dr.-Ing. Ghazal Moeini. Sie hat sich bereit erklärt die mechanischen Eigenschaften (Zugversuch) sowie das Mikrogefüge der additiv aufgebauten Proben zu untersuchen.
Referenzen
[1] C. Körner (2016) Additive manufacturing of metallic components by selective electron beam melting — a review, International Materials Reviews, 61:5, 361-377, DOI: 10.1080/09506608.2016.1176289
[2] R. Guschlbauer, A. K. Burkhardt, Z. Fu, C. Körner (2020) Effect of the oxygen content of pure copper powder on selective electron beam melting, Materials Science and Engineering: A, Volume 779, DOI: 10.1016/j.msea.2020.139106.
© Ralf Guschlbauer, Entwicklungsingenieur, Steigerwald Strahltechnik GmbH, r.guschlbauer@sst-ebeam.com
Pavlo Denysiuk, Entwicklungsingenieur, Steigerwald Strahltechnik GmbH
Dr. Michael Maaßen, Forschung & Entwicklung Leitung, Steigerwald Strahltechnik GmbH
Prof. Dr.-Ing. Ghazal Moeini, Institut für Maschinenbau, Westfälische Hochschule
Weitere Informationen finden Sie unter:
www.eboadd.com und www.sst-ebeam.com
Steigerwald Strahltechnik GmbH
Emmy-Noether-Straße 2
DE – 82216 Maisach
info@sst-ebeam.com
www.eboadd.com
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THE INNOVATORS OF THE ELECTRON BEAM – Weltweite Verbindungen mit der Elektronenstrahltechnik
Als weltweit agierendes mittelständisches Unternehmen ist die Steigerwald Strahltechnik GmbH einer der führenden Entwickler und Hersteller von Elektronenstrahlmaschinen und -anlagen zum Schweißen, Perforieren (Bohren) und Oberflächenbehandeln von metallischen Werkstoffen.
Von der Luft- und Raumfahrtindustrie über alle Zweige des Maschinenbaus, der Elektrotechnik/Elektronik bis hin zu Sonderanwendungen – weltweit profitieren Kunden von dem seit mehreren Jahrzehnten aufgebauten Know-how, der zuverlässigen, innovativen Technologie und einer permanenten Weiterentwicklung der hocheffizienten und kostensparenden Anwendungsmöglichkeiten durch den Elektronenstrahl-Spezialisten mit Hauptsitz in Bayern.
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