Zwei Jahre nach Militärputsch in Myanmar: Der Terror gegen Journalisten geht weiter

Zwei Jahre nach der Machtübernahme durch das Militär zieht Reporter ohne Grenzen (RSF) eine erschütternde Bilanz der Angriffe auf die Pressefreiheit in Myanmar. Um ihre Massaker an der Zivilbevölkerung zu vertuschen und ihre Macht durchzusetzen, haben die myanmarischen Streitkräfte Journalistinnen und Journalisten festgenommen, inhaftiert, gefoltert und getötet, die ihre Kontrolle über Nachrichten und Informationen untergraben könnten.

Die Unterdrückung der Pressefreiheit lässt sich in konkrete Zahlen fassen: Seit dem Militärputsch am 1. Februar 2021 wurden vier myanmarische Journalisten getötet. Zwei von ihnen wurden gewaltsam verhört, geschlagen und verstümmelt. Die Militärbehörden ließen 130 Journalistinnen und Journalisten festnehmen, 72 von ihnen sitzen immer noch im Gefängnis. Damit sind – gemessen an der Bevölkerungsgröße – in Myanmar die meisten Medienschaffenden weltweit inhaftiert. Die Gesamtzahl der Haftjahre, zu denen Journalistinnen und Journalisten dort verurteilt wurden, stieg bis Ende 2022 auf 189.

„Seit zwei Jahren blicken wir entsetzt auf den Terror gegen Journalistinnen und Journalisten in Myanmar. Das Land ist der erbarmungslosen Unterdrückung des Militärs ausgesetzt. Die Haftstrafen gegen Medienschaffende werden immer länger. All das hat nur ein Ziel: zu verhindern, dass die Welt erfährt, was unter den Generälen passiert“, sagte RSF-Geschäftsführer Christian Mihr. „Wir fordern den UN-Sonderberichterstatter für Myanmar auf, diese Tragödie wieder in den Mittelpunkt der internationalen Agenda zu stellen.“

Militärgerichte verurteilen mehr Journalisten

In absoluten Zahlen sitzen weltweit nur in China mehr Journalistinnen und Journalisten im Gefängnis als in Myanmar. Gemessen an der Bevölkerungsgröße steht das südostasiatische Land aber mit Abstand an der Spitze. Die Zahl der inhaftierten Medienschaffenden ist in den ersten zwölf Monaten nach dem Militärputsch kontinuierlich gestiegen. Insgesamt 115 Journalistinnen und Journalisten wurden in dem Zeitraum festgenommen und inhaftiert, im Vergleich zu 15 im darauffolgenden Jahr. Diese Entwicklung ist jedoch kein Grund zur Entwarnung, denn sie ging einher mit einem Anstieg der Zahl der zu Haftstrafen verurteilten Medienschaffenden. Bis Dezember 2021 waren zehn Journalistinnen und Journalisten zu Gefängnisstrafen verurteilt worden, inzwischen sind es fünfmal so viele.

Die Reporterinnen und Reporter, die über die erste Protestwelle nach dem Putsch berichtet hatten, sitzen nun entweder im Gefängnis, sind aus dem Land geflohen oder untergetaucht. Fast alle der 15 im vergangenen Jahr inhaftierten Journalistinnen und Journalisten wurden an den Orten aufgespürt, an denen sie sich versteckt hielten.

Längere Haftstrafen

Gleichzeitig werden die durch Militärgerichte verhängten Haftstrafen stetig länger. Ende November verurteilte ein Gericht den freiberuflichen Reporter Myo San Soe wegen „Terrorismus“ und „Finanzierung von Terrorismus“ zu 15 Jahren Gefängnis. Das ist die längste Haftstrafe, die ein Journalist seit dem Militärputsch erhalten hat. Myo San Soe saß zu dem Zeitpunkt bereits ein Jahr in Untersuchungshaft. Die Gesamtzahl der Haftjahre, zu denen Journalistinnen und Journalisten in Myanmar verurteilt wurden, stieg von 58 Ende 2021 auf 189 Ende 2022.

Unmittelbar nach dem Putsch hat sich das Militär mit einem neuen repressiven Instrument ausgestattet: Nach Paragraph 505 (a) des Strafgesetzbuches kann die Verbreitung „falscher Nachrichten“ über Vertreter der Militärregierung mit bis zu drei Jahren Gefängnis bestraft werden. Doch im Laufe der Monate haben die innerhalb der Gefängnisse eingerichteten Gerichte damit begonnen, Journalistinnen und Journalisten wegen neuer Vorwürfe wie „Terrorismus,“, „Spionage“, oder „Handlungen, die der Sicherheit des Staates schaden“ zu deutlich längeren Gefängnisstrafen zu verurteilen. Das Militär ist offenbar bereit, jeden Vorwand zu nutzen, um die Haftstrafen zu verlängern und Medien einzuschüchtern.

Mehr Regionen betroffen

Zudem zeigt eine Analyse der Orte, an denen Journalistinnen und Journalisten inhaftiert sind, das Ausmaß der Unterdrückung durch die Militärjunta in dem von ihr kontrollierten Gebiet. Im berüchtigten Insein-Gefängnis in Yangon werden 30 Medienschaffende festgehalten. Daneben zählt RSF aber noch 26 weitere Gefängnisse in anderen Regionen.

Einige wenige Grenzregionen konnten sich offenbar der Unterdrückung entziehen. Dazu zählt der Chin-Staat im Westen, der Kachin-Staat im Norden und der Shan-Staat im Osten. Diese drei Regionen werden traditionell von Rebellengruppen, die den myanmarischen Streitkräften feindlich gegenüberstehen, autonom geführt. Das bedeutet, dass die Militärjunta hier keine direkte Macht ausübt und Journalistinnen und Journalisten relativ frei arbeiten können.

Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht Myanmar auf Platz 176 von 180 Staaten. Mehr zur Situation für Journalistinnen und Journalisten im Land finden Sie unter www.reporter-ohne-grenzen.de/myanmar.

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