Lkw-Winterreifen: FAQ

Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) e.V., Bundesverband Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk e.V. (BRV) und Wirtschaftsverband der deutschen Kautschukindustrie e.V. (wdk) beantworten häufig gestellte Fragen zu Lkw-Winterreifen: 

FRAGE 1: Was ist die gesetzliche Grundlage für die situative Winterreifenpflicht in Deutschland?

ANTWORT: Die Verordnung zur Änderung der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) . vom 1. Dezember 2010, gültig ab 4. Dezember 2010 (vgl. BGBL Jahrgang 2010 Teil I Nr. 60, vom 3. Dezember 2010) sowie aktuell die 52. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften (StVO und StVZO) vom 18. Mai 2017, gültig ab 1. Juni 2017 (vgl. BGBL Jahrgang 2017 Teil I Nr. 31, vom 31. Mai 2017).

FRAGE 2: Gilt die "Winterreifenpflicht" innerhalb eines bestimmten Zeitraumes, z.B. von Oktober bis Ostern?

ANTWORT: Nein. Es handelt sich um eine sog. "situative Winterreifenpflicht", d.h. nur wer unter winterlichen Straßenverhältnissen (Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eisglätte oder Reifglätte) am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen will, muss sein Kraftfahrzeug mit Winterreifen ausstatten.

FRAGE 3: Was bedeutet "situative Winterreifenpflicht"?

ANTWORT: Nur wer bei winterlichen Straßenverhältnissen am öffentlichen Straßenverkehr (dem Geltungsbereich der StVO und StVZO) teilnehmen will, muss sein Kraftfahrzeug mit Winterreifen ausstatten. D.h. im Umkehrschluss, dass nicht auf Winterreifen umgerüstete Kraftfahrzeuge nur bei winterlichen Straßenverhältnissen nicht am Straßenverkehr teilnehmen dürfen, ansonsten schon.
Der Gesetzgeber erwartet allerdings, dass in den Wintermonaten bei längeren Fahrten das Fahrzeug auch dann mit einer geeigneten Bereifung ausgerüstet ist, wenn winterliche Straßenverhältnisse zu erwarten waren. Die Ausrede "als ich losfuhr schien die Sonne, und es war trocken" zählt also nicht, wenn man bei winterlichen Straßenverhältnissen ohne Winterreifen angetroffen wird.

FRAGE 4: Was sind winterliche Straßenverhältnisse?

ANTWORT: Nach § 2 Abs. 3a der StVO sind winterliche Straßenverhältnisse "Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eisglätte oder Reifglätte".

FRAGE 5: Welche Kraftfahrzeuge betrifft die "situative Winterreifenpflicht"?

ANTWORT: 

Kraftfahrzeuge der Klassen M1: Pkw, SUV, Van, Geländefahrzeuge, Wohnmobile und Busse mit bis zu 8 Sitzplätzen
Kraftfahrzeuge der Klasse M2: Busse mit mehr als 8 Sitzplätzen und bis zu 5 t zulässiger Gesamtmasse und Wohnmobile
Kraftfahrzeuge der Klasse M3: Busse mit mehr als 8 Sitzplätzen und über 5 t zulässiger Gesamtmasse
Kraftfahrzeuge der Klasse N1: Fahrzeuge zur Güterbeförderung – (Lkw) mit bis zu 3,5 t zulässiger Gesamtmasse
Kraftfahrzeuge der Klasse N2: Fahrzeuge zur Güterbeförderung (Lkw) mit über 3,5 t und bis zu 12 t zulässiger Gesamtmasse
Kraftfahrzeuge der Klasse N3: Fahrzeuge zur Güterbeförderung (Lkw) von mehr als 12 t zulässiger Gesamtmasse

FRAGE 6: Welche Kraftfahrzeuge sind ausgenommen?

ANTWORT: 

Nutzfahrzeuge der Land- und Forstwirtschaft
Einspurige Kraftfahrzeuge
Stapler im Sinne § 2 Nummer 18 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung
Motorisierte Krankenfahrstühle im Sinne § 2 Nummer 13 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung
Einsatzfahrzeuge der in § 35 Abs. 1 genannten Organisationen (Bundeswehr, Bundespolizei, Feuerwehr, Katastrophenschutz, Polizei und Zolldienst), soweit für diese Fahrzeuge keine Winterreifen verfügbar sind
Spezialfahrzeuge, für die bauartbedingt keine Reifen der Kategorien C1 ("Pkw-Reifen"), C2 ("Leicht-Lkw Reifen") oder C3 ("Lkw-Reifen") verfügbar sind
Spezialfahrzeuge, die mit Reifen für schwere Mobilkräne, mit Reifen mit der Kennzeichnung POR (Professional Off-Road) oder mit Reifen der Kennzeichnung MPT (Multi Purpose Tire) ausgestattet sind/betrieben werden (Vkbl. 21/2018, S. 758, vom 15.11.2018)
Anhänger sind im Sinne des Gesetzgebers keine Kraftfahrzeuge und somit von der Winterreifenpflicht ausgenommen! 

FRAGE 7: Was sind Winterreifen im Sinne der StVO und StVZO?

ANTWORT: 

Pkw- und Lkw-Neureifen (einschließlich Ganzjahresreifen), runderneuerte oder gebrauchte mit Produktionsdatum bis 31. Dezember 2017 (DOT 5217) mit M+S- (oder M&S oder M.S.) Kennzeichnung nach ECE-R 30, 54 in Verbindung mit der ECE-R 117 bzw. 108/109. Diese M+S-Reifen – mit Herstellungsdatum bis DOT 5217, s.o. – sind bis 30. September 2024 an Kraftfahrzeugen im Sinne der situativen Winterreifenpflicht als Winterreifen zulässig. 

Pkw- und Lkw-Neureifen (einschließlich Ganzjahresreifen), runderneuerte oder gebrauchte ab Produktionsdatum bis 1. Januar 2018 (DOT 0118) müssen zusätzlich mit dem Schneeflockensymbol (3PMSF/Alpine-Symbol/Bergpiktogramm mit Schneeflocke) nach ECE-R 30, 54 in Verbindung mit der ECE-R 117 bzw. ECE-R 108/109 gekennzeichnet sein.

FRAGE 8: Wie ist mit Reifen zu verfahren, die nur eine M+S-Kennzeichnung tragen, aber eine Herstellerbescheinigung vorliegt, dass die Reifen, die o.g. Anforderungen an das Schneeflockensymbol erfüllen?

ANTWORT:

Laut BMVI erfüllen Reifen ohne eine Kennzeichnung mit dem Alpine-Symbol (Bergpiktogramm mit Schneeflocke) nicht die Anforderungen des § 36 Abs. 4 StVZO für Winterreifen. => Sie sind somit nicht als WINTERREIFEN im Sinne der situativen Winterreifenpflicht einsetzbar.

Von einem Reifenhersteller ausgestellte Bescheinigungen können die fehlende Reifenkennzeichnung nicht ersetzen!

FRAGE 9: Welche Achspositionen müssen mit Winterreifen bestückt sein?

ANTWORT:

Kraftfahrzeuge der Klassen M1 und M1G (Pkw, SUV, Van, Geländefahrzeuge, Wohnmobile und Busse mit bis zu 8 Sitzplätzen) und N1 (Fahrzeuge zur Güterbeförderung (Lkw) mit bis zu 3,5 t zulässiger Gesamtmasse) sind auf allen Achspositionen mit Winterreifen zu bestücken. 

Kraftfahrzeuge der Klassen M2 (Busse mit mehr als 8 Sitzplätzen und bis zu 5 t zulässiger Gesamtmasse und Wohnmobile), M3 (Busse mit mehr als 8 Sitzplätzen und über 5 t zulässiger Gesamtmasse), N2 (Fahrzeuge zur Güterbeförderung (Lkw) mit über 5 t und bis zu 12 t zulässiger Gesamtmasse) und N3 (Fahrzeuge zur Güterbeförderung (Lkw) mit mehr als 12 t zulässiger Gesamtmasse) sind mindestens auf den permanent angetriebenen Achsen und den vorderen Lenkachsen – die Regelung für vordere Lenkachsen gilt erst seit 1. Juli 2020 – mit Winterreifen zu bestücken.

Anhänger sind im Sinne des Gesetzgebers keine Kraftfahrzeuge und somit von der Winterreifenpflicht ausgenommen!

FRAGE 10: Wer ist für die ordnungsgemäße Bereifung, hier mit Winterreifen, verantwortlich?

ANTWORT:

Für die ordnungsgemäße Bereifung der Kraftfahrzeuge mit Winterreifen ist neben dem Fahrzeugführer auch der Fahrzeughalter verantwortlich.

FRAGE 11: Ist die Mindestprofiltiefe für Winterreifen neu geregelt?

ANTWORT:

Nein, die gesetzlich vorgeschriebene Mindestprofiltiefe beträgt nach wie vor 1,6 mm.

Im Übrigen verweisen wir auf die Empfehlung der jeweiligen Reifenhersteller.

FRAGE 12: Gilt die "Winterreifenpflicht" auch für ausländische Kraftfahrzeuge?

ANTWORT:

Ja. Alle Kraftfahrzeuge, die am öffentlichen Straßenverkehr in der Bundesrepublik Deutschland teilnehmen, unterliegen der situativen Winterreifenpflicht und müssen bei winterlichen Straßenverhältnissen (Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eisglätte oder Reifglätte) ebenfalls mit entsprechenden Winterreifen ausgestattet sein.

FRAGE 13: Mit welchen Bußgeldern ist bei Verstößen zu rechnen?

ANTWORT: 

Die Neufassung des Bußgeld-Kataloges gilt seit dem 1. Juni 2017: 

Das Fahren mit unzulässiger Bereifung bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eisglätte oder Reifglätte wird mit einem Bußgeld in Höhe von 60 EUR (mit Behinderung 80 EUR, mit Gefährdung 100 EUR, mit Unfallfolge 120 EUR) und 1 Punkt in Flensburg geahndet. Der Fahrzeughalter, der das Fahren mit unzulässiger Bereifung bei winterlichen Straßenverhältnissen anordnet oder zulässt, erhält ein Bußgeld von 75,- EUR und ebenfalls 1 Punkt in Flensburg. Siehe auch www.bussgeldkatalog.org/…

Hinweis: Es droht der Verlust des Versicherungsschutzes. 

FRAGE 14: Warum bleiben gerade bei Schneefall immer wieder Lkw an Steigungen hängen?

ANTWORT: Weil bei Eis- und Schneeglätte an Steigungen selbst die besten Winterreifen ab einem bestimmten Zustand der Straßenverhältnisse keinen ausreichenden Kraftschluss zwischen Reifen und Fahrbahn mehr herstellen können: Die Antriebsräder drehen dann durch. Das Fahrverhalten eines Lkw ist ganz anders als dasjenige eines Pkw. Bei einem Pkw, dem bei winterlichen Straßenverhältnissen die Antriebsräder durchdrehen, genügt oft schon eine einzelne Person, die mit ihrem Gewicht die Antriebsachse belastet, um den notwendigen Kraftschluss zwischen Fahrzeug und Fahrbahn wiederherzustellen. Ein Pkw ist voll beladen nur etwa ein Viertel bis ein Drittel schwerer als im Leerzustand; ein voll beladener Lkw dagegen kann zweieinhalbmal so schwer sein, wie ein leerer Lkw (40 Tonnen statt ca. 16 Tonnen). Beim Lkw gibt es aufgrund der großen Gewichtsunterschiede zwischen leeren, teilweise beladenen und voll beladenen Fahrzeugen große Unterschiede in der Traktion. 

FRAGE 15: Können die Lkw-Fahrer an den Steigungen nicht Schneeketten aufziehen?

ANTWORT: Dazu müssten sie anhalten, was auf Autobahnen – weil zu gefährlich – verboten ist und zu schweren Unfällen führen könnte. Für das Aufziehen der Ketten müssen sichere Autobahnrast- bzw. -parkplätze angefahren werden. Diese sind jedoch bereits bei normalem Wetter in der Regel überfüllt und bei starken Schneefällen nicht zu befahren, weil die Schneeräumfahrzeuge sich zuerst um die Räumung der Autobahnfahrspuren kümmern müssen. Zudem zeigt die Praxis, dass Schneeketten an vereisten Steigungen oftmals nicht die erhoffte Wirkung haben. 

FRAGE 16: Könnten die Lkw-Fahrer dann nicht schon vorher Schneeketten aufziehen?

ANTWORT: Nein. Denn die Schneeketten erhöhen auf Streckenabschnitten ohne geschlossene Schneedecke das Sicherheitsrisiko und beschädigen die Fahrbahn. Zudem dürfen Lkw mit Schneeketten maximal 50 km/h fahren, was ebenfalls zu Staus und Auffahrunfällen führen könnte. 

FRAGE 17: Was kann konkret getan werden, um die Situation auf winterlichen Straßen zu verbessern?

ANTWORT: Die Räumfrequenz erhöhen! In der Vergangenheit wurden nach einer Reihe schneearmer Jahre nicht nur die Streusalzbestände, sondern auch die Anzahl der vorgehaltenen Streu- und Räumfahrzeuge massiv abgebaut. Hieraus resultierte zwangsläufig eine stark reduzierte Räumfrequenz. Diese muss wieder deutlich erhöht werden, damit die Straßen stets rechtzeitig genug geräumt werden, BEVOR der Schnee zu hoch auf den Fahrbahnen liegt. Uns liegen allerdings auch Meldungen vom Schneechaos im Februar 2021 vor, wonach sonntags aus Kostengründen (Sonntagszuschlag!) viel zu wenige private Räumfahrzeuge beauftragt wurden. 

FRAGE 18: Warum legen sich manche Lkw-Fahrer bei Streckensperrungen ".einfach schlafen und müssen erst mühsam geweckt werden, damit es weitergehen kann.", wie man immer wieder in Polizeiberichten liest?

ANTWORT: Wer bei einer Vollsperrung der Autobahn stundenlang im stehenden Fahrzeug festsitzt, der kann dabei auch einschlafen. Das gibt es auch bei Pkw-Fahrern. Ein bisschen Rücksicht und Einsicht für einzelne betroffene Fahrer wäre ein Stück Menschlichkeit auf unseren Straßen. Jedenfalls ist uns nicht bekannt, dass einzelne eingeschlafene Lkw- oder Pkw-Fahrer die Auflösung eines Staus entscheidend behindert hätten, zumal die Lkw in der Regel rechts stehen. 

FRAGE 19: Gehen im Winter manche Streckensperrungen nicht auch auf das Fehlverhalten von Lkw-Fahrern zurück?

ANTWORT: Lkw-Fahrer sind Menschen. Und Menschen machen manchmal Fehler. Genau wie alle anderen Fahrer. Nur dass man Fahrzeuge anderer Verkehrsteilnehmer meist schnell mal eben zur Seite schieben kann – einen Lkw leider nicht. Eine den Umständen angepasste, vorausschauende Fahrweise ist daher für Lkw-Fahrer besonders wichtig. 

FRAGE 20: Warum fahren manche Lkw weiter, auch wenn die Verkehrsbehörden aufgrund winterlicher Straßenverhältnisse ein Lkw-Fahrverbot verkündet haben:

ANTWORT: Es handelt sich oftmals um ein reines Kommunikationsproblem. Mittlerweile sind auf deutschen Straßen zu über 40 % ausländische Lkw unterwegs. Immer mehr dieser Lkw sind mit z.B. ukrainischen, weißrussischen oder kasachischen Fahrern besetzt, die nur Kyrillisch, aber keine Schilder in lateinischer Schrift lesen können – geschweige denn deutsche Verkehrsdurchsagen verstehen. 

FRAGE 21: Enthält das EU-Reifenlabel Hinweise zu den Wintereigenschaften eines (Lkw-)Reifens?

ANTWORT: Die aktuelle Reifenkennzeichnungs-Verordnung
(EU)  2020/740 gibt vor, dass das 3PMSF/Alpine-Symbol/Bergpiktogramm mit Schneeflocke auf dem jeweiligen Reifenlabel ausgewiesen sein muss, sobald ein Reifen die entsprechenden Testbedingungen erfüllt. Das "Eisgriff"-Zeichen gibt es aktuell allerdings nur für C1(PKW/SUV)-Reifen.

Über den Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) e.V.

Der BGL ist der Spitzenverband für Straßengüterverkehr, Logistik und Entsorgung in Deutschland mit Sitz in Frankfurt am Main. Er vertritt seit 1947 die berufsständischen Interessen von aktuell rund 7.000 in seinen Landesverbänden organisierten Unternehmen. Diese betätigen sich schwerpunktmäßig in den Bereichen Straßengütertransport, Logistik, Spedition, Lagerung und Entsorgung.

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