„Die neue EU-Kommission steht vor der großen Aufgabe, die In-vitro-Diagnostika-Verordnung fit für die Zukunft zu machen. Der aktuelle Rechtsrahmen gefährdet nicht nur die Innovationskraft der Branche, sondern auch die Versorgungssicherheit der Patientinnen und Patienten in Europa“, sagt Dr. Martin Walger, Geschäftsführer des VDGH. „Wir brauchen jetzt konkrete Maßnahmen, um bürokratische Hürden abzubauen und Innovationsprozesse zu beschleunigen.“
Die IVDR, die ursprünglich mehr Sicherheit und Transparenz schaffen sollte, behindert in ihrer jetzigen Form den Marktzugang wichtiger Diagnostika. Besonders betroffen sind kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die einen Großteil der Diagnostikindustrie ausmachen. Ein Drittel aller hochkomplexen Diagnostika droht vom Markt zu verschwinden – darunter lebenswichtige Tests wie HIV-Diagnostika und Sicherheitstests für Blutspenden.
Dr. Walger hob in seiner Rede hervor: „Die Verlängerung der Übergangsfristen war eine notwendige Maßnahme, hat jedoch nur die Symptome behandelt. Die IVDR in ihrer jetzigen Form ist weder nachhaltig noch berechenbar. Deshalb brauchen wir eine grundsätzliche Reform, die sich an den Bedürfnissen der Branche orientiert.“
Der VDGH unterstützt daher die Bestrebungen für eine zielgerichtete Reform der IVDR, wie sie im gemeinsamen Whitepaper mit dem Bundesverband Medizintechnologie (BVMed) vorgeschlagen wird. Die Kernforderungen umfassen:
- Einführung eines Fast-Track-Zulassungsverfahrens für Innovationen und Produkte für seltene Erkrankungen.
- Abschaffung des fünfjährigen Re-Zertifizierungszyklus zugunsten eines risikobasierten Ansatzes.
- Stärkere Zentralisierung der Verwaltungsfunktionen unter der Leitung einer zentralen Institution wie der EMA, um Prozesse effizienter zu gestalten.
Dr. Peter Liese, Sprecher für Gesundheit der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament, stellte fest, dass die IVDR weit über das Ziel hinausgeschossen sei. Die Resolution des Parlaments vom 23. Oktober fordert daher folgerichtig den Abbau unnötiger Bürokratie und eine grundlegende Revision des Rechtsrahmens. Im Europäischen Rat zeichnet sich auf Initiative Frankreichs und Deutschlands ab, dass Anfang Dezember über ein schnelles Paket zur Verwaltungsvereinfachung diskutiert wird. Ferner sollen konkrete Vorschläge zur Änderung der IVDR und MDR vorgestellt werden, darunter Fast-Track-Verfahren für Innovationen, spezielle Regelungen für Orphan Diagnostics sowie transparente und berechenbare Verfahren bei den Benannten Stellen.
Die Teilnehmer der VDGH-Konferenz betonten die Notwendigkeit, Europa als Innovationsstandort zu erhalten. „Die europäische Diagnostikbranche hat das Potenzial, globale Standards zu setzen – wenn die Rahmenbedingungen stimmen“, betont Ulrich Schmid, Vorsitzender des VDGH.
Der VDGH appelliert an die neue EU-Kommission, diese Reformen prioritär voranzutreiben und eng mit der Industrie, der Wissenschaft und den Gesundheitsbehörden zusammenzuarbeiten. Das Momentum durch die EU-weite Diskussion zur IVDR und die neue politische Konstellation müssen genutzt werden, um Europa als führenden Standort für Diagnostik zu stärken.
Der Verband der Diagnostica-Industrie (VDGH) vertritt als Wirtschaftsverband die Interessen von mehr als 100 in Deutschland tätigen Unternehmen mit einem Gesamtumsatz von 5,4 Milliarden Euro im Jahr 2023. Sie stellen Untersuchungssysteme und Reagenzien zur Diagnose menschlicher Krankheiten her, mit denen ein Umsatz von mehr als 2,3 Milliarden Euro erzielt wird, sowie Instrumente, Reagenzien, Testsysteme und Verbrauchsmaterialien für die Forschung in den Lebenswissenschaften, mit denen ein Umsatz von 3,1 Milliarden Euro erwirtschaftet wird.
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