Religionsfreiheit ist ein Menschenrecht und kein Recht der Religionen

In der öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Menschenrechte zum dritten Bericht der Bundesregierung zur weltweiten Lage der Religions- und Weltanschauungsfreiheit am 24. April 2024 betonten die Sachverständigen die enorme Bandbreite des Themas – geografisch, konzeptionell sowie als innen- und außenpolitisches Handlungsfeld. Die Einordnung der Religionsfreiheit als Menschenrecht sowie begriffliche Reibungspunkte und Missverständnisse hätten dabei große Aufmerksamkeit erfahren, heißt es in einer Pressemitteilung der Bonner Querschnitte (BQ).

Prof. Dr. Dr. h. c. Heiner Bielefeldt, Professor für Menschenrechte und Menschenrechtspolitik am Institut für Politische Wissenschaft der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, machte auf die „dramatische“ Fülle von „sehr unterschiedlichen“ Verletzungen der Religionsfreiheit weltweit aufmerksam. Die Religionsfreiheit zu stärken, mache nur Sinn, wenn sie als Menschenrecht begriffen werde. Umgekehrt setze ein volles Verständnis der Menschenrechte den Respekt vor der Religionsfreiheit voraus. Andernfalls würde sie „entmenschlicht“. Es sei fatal, zwischen beiden künstliche Antagonisten [Gegensätze] zu konstruieren.

Religionsfreiheit ist kein „kein Sakralrecht“ oder „Recht der Frommen“

Die Religionsfreiheit sei auch „kein Sakralrecht“ oder „Recht der Frommen“. „Berechtigte sind alle Menschen“, machte der Wissenschaftler klar. Auch die Freiheit, keine Religion auszuüben gehöre dazu. „Auch bekennende Atheisten können sich auf sie berufen.“ Indem man die Infrastruktur der Menschenrechte stärke, werde der Religionsfreiheit am besten geholfen.

Kein Menschenrecht werde so unmittelbar gefühlt wie die Religionsfreiheit. Und um mit Missverständnissen auszuräumen: Religionsfreiheit sei ein individuelles Menschenrecht auf die freie Ausübung des Glaubens oder auch des Nichtglaubens – und kein Recht der Religionen. Die strikte Durchsetzung von religiösen Normen oder Dogmen – wie die Beschneidung von Frauenrechten im Iran oder die Blasphemiegesetze in Pakistan – habe nichts mit Religionsfreiheit zu tun und verletze die Menschenrechte.

Das spezifische Thema des Berichts der Bundesregierung, der Blick auf die indigenen Völker, ziele als Testfall für universelle Rechte „aufs Ganze“. Von diesen universellen Rechten, zu denen auch die Religionsfreiheit gehöre, sollten alle Menschen profitieren, so Bielefeldt. Es gelte, die „blinden Flecken“ auf der Weltkarte zu beseitigen. Bis dahin handele es sich um einen „Universalismus auf Bewährung“. Man betrachte jetzt „eine Baustelle, die noch kaum betreten worden ist“ und sende ein Signal an die bisher Vergessenen. „Daran hängt die Glaubwürdigkeit des Universalismus.“ Das Thema des Berichts sei also nicht nur ein spezifisches, sondern auch ein prinzipielles.

Ausführlicher Bericht der Anhörung zum „Dritten Bericht der Bundesregierung zur weltweiten Lage der Religions- und Weltanschauungsfreiheit“: https://www.bucer.de/ressource/details/bonner-querschnitte-092024-ausgabe-786.html

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