Länderrisken: Coface passt Einschätzung für 13 Länder an

Der Kreditversicherer Coface hat im Rahmen seiner Country Risk Conference in Paris sein neuestes Risiko-Barometer vorgestellt. Die Analysten von Coface rechnen 2024 mit einem Wachstum des weltweiten Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 2,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr – nach 2,6 Prozent im vergangenen Jahr. Insgesamt zwölf Länder, darunter Belgien, Dänemark und die Schweiz, werden ab sofort besser bewertet, während sich die Länderrisikoeinschätzung für Israel verschlechterte. Das Länderrisiko spiegelt die Wahrscheinlichkeit von erhöhten Zahlungsausfällen bei Exportkrediten in einem Land in den kommenden sechs Monaten wider. 

Die Risikobewertung von insgesamt 12 Ländern haben die Analysten von Coface heraufgestuft, verbessern konnten sich unter anderem Belgien (von A3 auf A2), Kroatien (jetzt in A3), Namibia (B) und Rumänien (neu in A4). Die Bestnote A1 erhielten die deutschen Nachbarländer Dänemark und die Schweiz. „In beiden Ländern liegt die Inflation unter der Zwei-Prozent-Marke. Der private Konsum in Dänemark hat sich erholt und wird durch einen stabilen Arbeitsmarkt gestützt. Darüber hinaus sehen wir dort rückläufige Insolvenzzahlen. In der Schweiz hat die Nationalbank die Zinsen nur auf 1,75 Prozent erhöht und damit die Investitionstätigkeit Schweizer Unternehmen weniger gebremst. Darüber hinaus sind Exportschlager wie Pharma- und Luxusprodukte relativ unabhängig von der Konjunkturlage“, erklärt Coface-Volkswirtin Christiane von Berg.

Von A2 auf A3 hat Coface das Länderrisiko von Israel herabgestuft. Bereits vor der Terrorattacke der Hamas gab es Anzeichen für eine Abschwächung der Wirtschaft. Gründe waren die hohen Zinssätze und die hohe Inflation, wodurch die Kaufkraft der privaten Haushalte und die Margen der Unternehmen geschmälert wurden. Darüber hinaus haben die Bemühungen der Regierung, eine Justizreform ohne breiten Konsens zu verabschieden, zu Massenprotesten geführt, durch die ein Teil der ausländischen Investoren vertrieben wurde.

Mehr als 60 Wahlen weltweit

Ein Risiko für die Stabilität und Sicherheit der Weltwirtschaft sind 2024 die mehr als 60 anstehenden nationalen Parlaments- und Präsidentschaftswahlen, die zu geopolitischen Verschiebungen führen könnten. Dies gilt in erster Linie für die Wahlen in den Vereinigten Staaten, denen angesichts der unterschiedlichen Weltanschauungen der voraussichtlichen Kandidaten Joe Biden und Donald Trump eine immense Bedeutung zukommt. Inwieweit das Wahlergebnis in Taiwan zu einer Ausweitung der Spannungen mit China beiträgt, werden die kommenden Monate zeigen. Der chinakritische Lai Ching-te, auch bekannt unter seinem englischen Namen William Lai, ging Mitte Januar als Sieger hervor. Richtungsweisende Wahlen stehen auch in Europa bevor: Neben der Wahl zum Europa-Parlament schreiten unter anderem die Österreicher, wo die rechte FPÖ in den Umfragen weit vorne liegt, und die Briten zur Wahlurne.

Inflation und Zinsen: ein ungünstiges Umfeld

Trotz eines Rückgangs der Teuerungsraten im Jahr 2023 liegt die Kerninflation, welche Energie- und Nahrungsmittelpreise herausnimmt, in den meisten entwickelten Volkswirtschaften immer noch doppelt so hoch, wie das Ziel der Zentralbanken es vorgibt. 2024 wird zeigen, ob die seit über 18 Monaten laufende Straffung bzw. Beibehaltung der restriktiven Geldpolitik ausreicht, um die Inflationsraten wieder auf 2 Prozent zu bringen. Die nach wie vor angespannte Lage an den Arbeitsmärkten mit wenigen Arbeitslosen, historisch hohen Stellenangebotsquoten und einer anziehenden Lohndynamik deutet darauf hin, dass der Kampf gegen die Inflation noch nicht gewonnen ist – unabhängig von etwaigen Angebotsschocks, die im aktuellen geopolitischen Umfeld auftreten könnten, z. B. durch die Verknappung am Ölmarkt. In puncto Zinsen gehört das Umfeld, an das sich private Haushalte, Unternehmen und Regierungen in den letzten fünfzehn Jahren gewöhnt haben, nun endgültig der Vergangenheit an. Die Zinssätze dürften in allen entwickelten Volkswirtschaften das ganze Jahr über auf hohem Niveau bleiben. „Die Markterwartungen von bis zu sechs Zinssenkungen zu je 25 Basispunkten im Laufe des Jahres erscheinen uns für beide Seiten des Atlantiks, also sowohl in den USA als auch in Europa, übertrieben. In Europa rechnen wir aufgrund des anhaltenden Kerninflationsdrucks frühestens ab Sommer 2024 mit einer geldpolitischen Lockerung“, sagt Christiane von Berg. „Dieses ungünstige wirtschaftliche Umfeld bleibt für Unternehmen ein Risiko, wodurch auch die Insolvenzzahlen deutlich steigen könnten.“

USA und Europa stagnieren, Schwellenländer treiben Wachstum

Ein „Soft Landing“ der US-amerikanischen Wirtschaft wird von Coface als wahrscheinlichstes Szenario gesehen. Dabei dürfte sich die Wirtschaftsaktivität in der ersten Jahreshälfte aufgrund rückläufiger Ausgaben der privaten Haushalte weiter abschwächen. Ein Grund: Die während der Pandemie angehäuften und nun weitgehend aufgebrauchten Ersparnisse werden weiter schwinden. In Europa wird in der ersten Jahreshälfte mit einer (Beinahe-)Stagnation gerechnet. Das Verarbeitende Gewerbe wird weiterhin durch anhaltend hohe Kosten und eine schleppende Auslandsnachfrage belastet.

Haupttreiber der Weltwirtschaft werden 2024 erneut die Schwellenländer sein, die laut Coface 1,7 Prozentpunkte zum Wachstum des weltweiten BIP von 2,2 Prozent beitragen. Auf die Schwellenländer entfallen somit drei Viertel des globalen Wachstums – der größte Anteil seit 2013. Die chinesische Wirtschaft schien in der zweiten Jahreshälfte 2023 wieder Tritt zu fassen und schloss das Jahr mit einem BIP-Wachstum von 5,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr, also leicht über dem offiziellen Wachstumsziel, ab. Zu Jahresbeginn gerät die Wirtschaft der Volksrepublik jedoch ins Stocken. „Der private Konsum erholt sich nur allmählich und die Sorgen über die Korrektur des Immobilienmarktes schwelen weiter. Die erhöhte Verschuldung auf kommunaler Ebene, die unter anderem zur Reduzierung staatlicher Unterstützungsmaßnahmen führt, belastet weiterhin die privaten Investitionen und die Stimmung der Verbraucher“, sagt Christiane von Berg. Auch Südostasien wird mit einem Wachstum von 4,6 Prozent erneut eine der dynamischsten Regionen sein, nach 4 Prozent im Jahr 2023. 

Der „Globale Süden“ wird zwar Protagonist der Weltwirtschaft, ist aber nach wie vor von großer Heterogenität geprägt. Die ärmsten und am stärksten verschuldeten Länder werden weiterhin große Schwierigkeiten haben. Angesichts hoher Zinssätze und eines weiterhin starken Dollars ist ein Wiederaufleben von Staatspleiten zu befürchten. Einige Länder wie Sri Lanka, Ghana, Äthiopien, Malawi, Pakistan und Laos sind bereits zahlungsunfähig oder stehen kurz vor einem Staatsbankrott.

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