Und wieder stehen die Züge still: Die Lokführergewerkschaft GDL hat erneut zum Streik aufgerufen – ganze sechs Tage lang legen die Mitglieder der Gewerkschaft ihre Arbeit nieder. Damit startet das neue Jahr ebenso konfliktreich wie das vergangene Jahr verlaufen ist. Eine neue IW-Analyse auf Basis der hauseigenen Tarifdatenbank zeigt für die zur Untersuchung herangezogenen Jahre von 2010 bis heute, dass die Verhandlungen von 20 ausgewählten Branchen im vergangenen Jahr eskaliert sind wie noch nie. Die maximale Eskalationsstufe, die mithilfe einer siebenstufigen Skala misst, bis zu welcher Stufe ein Konflikt eskaliert (0 = Verhandlung am Tisch, 7 = Streik und Aussperrung), lag 2023 im Schnitt bei 3. Das sind 0,8 Punkte mehr als im langjährigen Durchschnitt. Der bisherige Höchstwert lag im Jahr 2015 bei 2,8.
Ruppige Verhandlungen bei Handel und öffentlichem Dienst
Und auch die Konfliktintensität, also die Summe der Eskalationsstufen in den beobachteten Branchen, ist mit durchschnittlich 15 Punkten je Konflikt so hoch wie nie. Zum Vergleich: 2022 lag dieser Wert nur bei 5,5. Besonders heftig wurde im vergangenen Jahr im Handel gestritten. Zwar eskalierten die Streitereien hier nie weiter als bis zu einem Warnstreik (Stufe 4), aber die Verhandlungsrunden wurden ein ums andere Mal ohne Ergebnis abgebrochen – nach wie vor haben Gewerkschaften und Arbeitgeber hier keine Lösung gefunden. Und auch im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen ging es zur Sache: Hier scheiterten die Verhandlungen sogar, es folgte eine Urabstimmung (Stufe 6 auf der Eskalationsskala). Die Parteien einigten sich dann aber doch ohne Arbeitskampf.
Klassenkampf statt Partnerschaft
Nach wie vor gestritten wird zwischen GDL und Bahn. „Die GDL setzt im neuen Jahr fort, was wir im Jahr 2023 bereits gesehen haben: Das Gebaren der Tarifparteien verkommt zunehmend zum Klassenkampf“, sagt Studienautor und IW-Tarifexperte Hagen Lesch. „Diese Entwicklung sollte uns Sorgen bereiten. Wir brauchen wieder mehr Partnerschaft und konstruktive Gespräche.“ Für das gemeinsame Miteinander sei es besser – und oft zielführender – wenn die Verhandler sich künftig mehr bemühten, das Gegenüber zu verstehen und beim Scheitern der Verhandlungen erst einmal einen Mediator oder Schlichter zu Hilfe riefen. Denn nur so ließen sich Konflikte schnell lösen und Arbeitskämpfe vermeiden, unter denen Unbeteiligte leiden.
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