Oxfam: Neues EU-Lieferkettengesetz ist ein Meilenstein für Betroffene von Menschenrechtsverletzungen – trotz Lücken

EU-Rat, Parlament und Kommission haben sich heute auf eine neue Lieferketten-Richtlinie geeinigt. Dadurch sollen Unternehmen für Schäden, die sie Menschen und dem Planeten zufügen, zur Verantwortung gezogen werden. Trotz Schlupflöchern muss die Bundesregierung diesem Entwurf jetzt im Rat zustimmen. 

"Die neue Richtlinie ist ein wichtiger Meilenstein: Endlich werden die größten europäischen Unternehmen dazu verpflichtet, Menschenrechte in ihren Lieferketten zu achten“, so Steffen Vogel, Referent für Menschenrechte in globalen Agrarlieferketten. „Durch den neuen Entwurf werden bedeutende Lücken des deutschen Lieferkettengesetzes geschlossen und europaweit gleiche Pflichten für Unternehmen festgelegt. Für Arbeiter*innen in den Lieferketten deutscher Supermärkte bedeutet das, dass sie künftig leichter auf Schadensersatz klagen können“, so Steffen Vogel weiter. Auch sind künftig deutlich mehr Unternehmen erfasst. 

Der jetzt gefundene Kompromiss ist deswegen ein wichtiger Schritt, obwohl er auf Druck der Unternehmenslobby und einzelner Regierungen verwässert wurde. „Der neue Entwurf klammert etwa Finanzdienstleistungen aus, obwohl auch Banken und Investoren zu Menschenrechtsverletzungen beitragen können. Auch bei den Klimaschutzpflichten gibt es zu viel Spielraum“, erklärt Vogel.  

Dennoch betont er: „Die Bundesregierung muss dem jetzt gefundenen Kompromiss unbedingt zustimmen.“ Denn: Eine Enthaltung im Rat würde das Zustandekommen der Richtlinie in Gefahr bringen.

Hinweise an die Redaktion

  • Steffen Vogel steht für Interviews und tiefergehende Einschätzungen zur Verfügung. 
  • Aktuell sieht das deutsche Lieferkettengesetz keine zivilrechtliche Haftung, sondern lediglich eine behördliche Kontrolle vor. Nach diesem Verfahren hatte Oxfam Deutschland zusammen mit der ecuadorianischen Gewerkschaft ASTAC Anfang November Beschwerde gegen Edeka und Rewe wegen Arbeitsrechtsverletzungen auf Bananenplantagen eingelegt. 
  • Oxfam fordert EU-Regeln für Lieferketten, die:   
  • Betroffenen von Menschenrechtsverletzungen durch Unternehmen effektiven Zugang zu europäischen Gerichten verschaffen. Dass die zivilrechtliche Haftung in der EU-Richtlinie enthalten ist, ist ein großer Fortschritt gegenüber dem deutschen Lieferkettengesetz. In der Praxis werden jedoch Plantagenarbeiter*innen und Gewerkschaften milliardenschweren Konzernen und ihren Anwält*innen vor Gericht gegenüberstehen. Zwar erleichtert es die Richtlinie, vor Gericht Zugang zu Unternehmensinformationen zu bekommen, die Beweislast wird jedoch nicht umgekehrt. 
  • für die gesamte Wertschöpfungskette gelten. Die Regelung ist eine klare Verbesserung, da sie nicht wie das deutsche Lieferkettengesetz zwischen unmittelbaren und mittelbaren Zulieferern unterscheidet. Die heute erzielte Einigung betrifft jedoch nur die vorgelagerte Lieferkette, also die Lieferanten. Die nachgelagerten Lieferketten werden nur in sehr begrenztem Umfang erfasst, da der Verkauf und die Nutzung von gefährlichen Produkten und Dienstleistungen nicht einbezogen werden.  
  • grundsätzlich alle Unternehmen mit Menschenrechtsrisiken einschließen. Die Regelung bezieht sich auf alle Unternehmen mit Sitz in der EU und mehr als 500 Mitarbeitenden und 150 Millionen Euro Jahresumsatz, wobei in Risikosektoren wie Textilien und Landwirtschaft die Schwelle auf 250 Mitarbeitende abgesenkt wird. Dies klammert zwar viele Unternehmen aus, ist aber eine deutliche Verbesserung zum deutschen Lieferkettengesetz, das ab 2024 eine Schwelle von 1000 Beschäftigten vorsieht.  
  • den Finanzsektor einbeziehen. Auch Banken und Investoren, die Umweltzerstörung und Menschenrechtsverletzungen direkt finanzieren, müssen zur Rechenschaft gezogen werden können. Die jetzige Einigung klammert Finanzdienstleistungen und Investitionen aus den Sorgfaltspflichten aus.  
  • Unternehmen verpflichten, Klimaschutzpläne im Einklang mit dem Pariser Abkommen zu verabschieden und umzusetzen. Das neue Gesetz verpflichtet Unternehmen dazu, einen “Klimaübergangsplan” zu erstellen, lässt den Unternehmen aber zu viel Spielraum für Greenwashing bei der Umsetzung.  
  • Unternehmen für alle Formen von Kinderarbeit in ihren Lieferketten zur Verantwortung ziehen. Die neue Vereinbarung lässt die Tür für Ausnahmen für Kinder ab dem Alter von nur 12 Jahren offen.
  • Beschäftigten einen existenzsichernden Lohn zusichern. Nach dem heute erreichten Kompromiss müssen etwa europäische Supermärkte sicherstellen, dass sie nicht durch Dumpingpreise dazu beitragen, dass Feldarbeiter*innen nicht von ihrem Lohn leben können.
Über den Oxfam Deutschland e.V.

Oxfam ist eine internationale Nothilfe- und Entwicklungsorganisation, die weltweit Menschen mobilisiert, um Armut aus eigener Kraft zu überwinden. Dafür arbeiten im Oxfam-Verbund 21 Oxfam-Organisationen Seite an Seite mit rund 3.000 lokalen Partnern in mehr als 90 Ländern.
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