Stefanie Stoff-Ahnis, Vorstand beim GKV-Spitzenverband: „Eine Reform des Rettungsdienstes bietet die Chance, das Wirrwarr der unterschiedlichen Strukturen je nach Land, Kreis oder Kommune endlich aufzulösen. Statt eines Flickenteppichs brauchen wir einheitliche Strukturen und Qualitätsvorgaben – damit gewährleistet werden kann, dass Menschen im Notfall so schnell wie möglich zum richtigen Krankenhaus gebracht werden. Dafür müssen wir den Rettungsdienst neu denken. Das heißt: bundeseinheitliche Vorgaben machen, die für alle verpflichtend sind, konsequent auf Transparenz über freie Klinik-Kapazitäten setzen und die Möglichkeiten der Digitalisierung gerade auch im Rettungswesen nutzen. Diese Faktoren können die im Notfall entscheidende Zeit sparen."
Rufnummern 112 und 116117 zusammenlegen
Bislang existieren die Leitstellen des Rettungsdienstes und die Notdienste der Kassenärztlichen Vereinigungen parallel. Deren Rufnummern 112 und 116117 sollten bestehen bleiben, aber zusammengelegt werden. Entscheidend dabei sind eine digitale Vernetzung mit bundesweit interoperablen Systemen und eine verpflichtende Kooperation der beiden Stellen. So können Notfälle schneller in die je nach Schweregrad notwendige Versorgung gebracht werden. Idealerweise hilft ein standardisiertes Verfahren der Ersteinschätzung dabei, dass der Weg in die richtige Versorgung bereits beim Kontakt zur Leitstelle beginnt, nicht erst in der Notaufnahme. Die Nummer 116117 des ärztlichen Notdienstes sollte noch bekannter gemacht, dessen Rolle in der Notfall-Versorgung gestärkt und der Zugang verbessert werden.
Krankenhaus-Kapazitäten transparent machen
Für einen effizienten Rettungsdienst muss Transparenz über Krankenhaus-Kapazitäten hergestellt werden. Leitstellen und Rettungswagen müssen die aktuellen Notfallstufen der umliegenden Kliniken kennen sowie digital und in Echtzeit Informationen über deren freie Betten bekommen, damit die für den individuellen Notfall geeignetste Klinik angefahren werden kann. Umgekehrt benötigt das Krankenhaus Informationen aus dem Rettungswagen über den Gesundheitszustand der Patientinnen und Patienten. Für beides braucht es bundesweit einheitliche Vorgaben und die Pflicht zur digitalen Vernetzung.
Rettungswagen überregional sichtbar machen
Derzeit entscheiden die Kommunen, welche IT-Systeme in den Leitstellen verwendet werden. Das Ergebnis ist ein Flickenteppich von Systemen, die nicht miteinander verknüpft sind – Rettungswagen sind nicht über Kreis- und Ländergrenzen hinweg sichtbar. Für einen effizienteren Rettungsdienst muss ein überregionaler Zugriff der Leitstellen auf Rettungswagen mithilfe von einheitlichen IT-Systemen ermöglicht werden. Damit alle Menschen unabhängig vom Wohnort die gleiche Versorgungsqualität bekommen, sind außerdem bundeseinheitliche Qualitätsstandards nötig für die Qualifizierung des Personals, die Kooperation zwischen den Leitstellen sowie die Übergabe von Hilfegesuchen zwischen Rettungsdienst-Leitstelle und Notdienst der Kassenärztlichen Vereinigung. Die Vorgaben dafür sollte der Gemeinsame Bundesausschuss machen.
Finanzierung aus Beitragsgeldern an Bedingungen geknüpft
Die Versorgung durch den Rettungsdienst vor Ort sollte unabhängig vom Transport in die Klinik vergütet werden, um unnötige Rettungsfahrten zu vermeiden. Auch ist es sinnvoll, die Betriebskosten des Rettungsdienstes in leistungsbezogene Finanzierung und Vorhaltefinanzierung aufzuteilen, also analog der aktuellen Vorschläge der Regierungskommission zur Krankenhausreform zu gestalten. Eine Teil-Finanzierung des Rettungsdienstes aus den Beiträgen der GKV-Versicherten hat aber zur Bedingung, dass Mindestanforderungen eingehalten werden – zum Beispiel an die Qualität der Leitstellen und an die Größe ihres Versorgungsgebietes. Daneben muss klargestellt sein, dass die Länder ihrer Pflicht zur Übernahme der Investitionskosten nachkommen.
Der GKV-Spitzenverband mit Sitz in Berlin ist der Verband aller gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen. Als solcher gestaltet er den Rahmen für die gesundheitliche Versorgung in Deutschland; er vertritt die Kranken- und Pflegekassen und damit auch die Interessen der 73 Millionen Versicherten und Beitragszahlenden auf Bundesebene gegenüber der Politik und gegenüber Leistungserbringenden wie der Ärzte- und Apothekerschaft oder Krankenhäusern. Der GKV-Spitzenverband übernimmt alle nicht wettbewerblichen Aufgaben in der Kranken- und Pflegeversicherung auf Bundesebene. Der GKV-Spitzenverband ist der Spitzenverband Bund der Krankenkassen gemäß § 217a SGB V.
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