Können laufende Kosten wie Miete oder Strom nicht mehr bezahlt werden, seien die Frauen verzweifelt und hätten vielfach Existenzängste, so der Bericht. Um die Not der Schwangeren und jungen Familien abzumildern, haben die Beratungsstellen vermehrt Nothilfen aus dem Bischöflichen Hilfsfonds der Diözese Rottenburg-Stuttgart beantragt. Davon wurden allein 37 Prozent der bewilligten Mittel in 2022 für Überbrückungsleistungen eingesetzt, bis staatliche Mittel zur Verfügung standen. Unmut kam bei den Beraterinnen und Beratern auf, weil das Jobcenter an einzelnen Standorten die Ratsuchenden explizit aufgefordert hat, zur Caritas zu gehen und dort Unterstützung zu beantragen.
„Dies kann nicht die Rolle der Caritas sein“, erklärt Birgit Wypior, Referentin beim Caritasverband Rottenburg-Stuttgart. „Kirchliche Unterstützungsmittel greifen nachrangig zu staatlichen Leistungen. Aufgabe der Beratungsstellen ist es, Frauen für eine psychosoziale Begleitung zur Seite zu stehen.“ Mittlwerweile aber werde viel Zeit für die Klärung sozialrechtlicher Ansprüche und das Ausfüllen der teilweise hoch komplexen Anträge verwendet, die quer durch alle Bevölkerungsgruppen eine Herausforderung darstellen. Wechselten dann noch Arbeitsverhältnisse oder seien Aufenthaltstitel befristet, komme es zu immer wieder neuen zermürbenden Antragsberechnungen.
Auch mit der zunehmend digitalisierten Antragstellung könnten nicht alle Menschen Schritt halten. Als eine weitere Hürde habe sich im Berichtsjahr für Ratsuchende die mangelhafte Erreichbarkeit der Ämter und undurchschaubare bürokratische Abläufe erwiesen. Themen, die die eigentliche Schwangerschaft betreffen, könnten oft erst besprochen werden, wenn die belastenden Fragen zu Existenzsicherung geklärt seien. „All dies trägt nicht dazu bei, dass die Kinder gut ins Leben starten können. Es bleibt zu hoffen, dass die geplante Einführung der Kindergrundsicherung die langfristigen Bewilligungsprozesse tatsächlich vereinfacht und die Existenz von Familien gesichert ist“, so Caritasdirektorin Dr. Annette Holuscha-Uhlenbrock.
Die Zahl der Beratungsfälle in den Schwangerschaftsberatungsstellen der Caritas und beim Sozialdienst Katholischer Frauen in der Diözese Rottenburg-Stuttgart war im Jahr 2022 mit 6.208 beratenen Frauen ungebrochen hoch. In knapp 16.500 Beratungsgesprächen thematisierten 72 Prozent der Frauen finanzielle Probleme.
Der Bericht der Schwangerschaftsberatung in der Diözese Rottenburg-Stuttgart für das Jahr 2022 steht zum Download bereit unter http://www.caritas-rottenburg-stuttgart.de/cms/contents/caritas-rottenburg-s/medien/dokumente/presse/jahresbericht-2022-d/jahresbericht_2022_katholische-schwangerschaftsberatung.pdf
In der Diözese Rottenburg-Stuttgart sind 57 Beraterinnen und Berater in der katholischen Schwangerschaftsberatung (KSB) in knapp 35 Vollzeitstellen tätig. Sie beraten und begleiten Frauen und Paare württembergweit an 40 Standorten. Die Beratungsstellen sind in Trägerschaft des Caritasverbandes der Diözese Rottenburg-Stuttgart und des Sozialdienstes katholischer Frauen. Sie sind Anlaufstelle bei Fragen der Sexualaufklärung und Familienplanung sowie bei allen Fragen zur Schwangerschaft. Sie begleiten junge Eltern im Übergang von der Paarbeziehung zur Elternschaft. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter informieren über familienfördernde Leistungen und vermitteln bei Bedarf finanzielle Hilfen.
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