Weltbank und IWF: Echte Reformen als Antwort auf Vielzahl von Krisen nötig

Die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch fordert von Weltbank und Internationalem Währungsfonds klare Signale für weitreichende Reformen. Tiefgreifende Veränderungen seien notwendig, um dem enormen Investitionsbedarf zur Bewältigung der Vielzahl an parallel auftretenden Krisen gerecht zu werden. „Vor rund einem Jahr wurde der Startschuss gegeben für Reformen von Weltbank und Internationalem Währungsfonds, um sie an die geopolitischen Realitäten und Herausforderungen des 21. Jahrhunderts anzupassen. Seitdem ist mehr passiert als viele Akteure erwartet hätten. Aber noch bleiben viele Reformfragen offen“, sagt David Ryfisch, Leiter des Bereichs Internationale Klimapolitik bei Germanwatch und bei der Jahrestagung von Weltbank und IWF als Beobachter vor Ort.

Evolution der Weltbank – tieferliegende Strukturen verändern

Die Weltbank hat sich vorgenommen, größer, besser und kühner zu werden; mehr Risiken für Finanzierung gerade in den ärmsten Ländern zu schultern, damit Investoren nicht weiter einen Bogen um sie herum machen. Im Zentrum dieses Vorhabens steht ein Fahrplan für die Evolution der Weltbank, deren dritte Fassung diese in den kommenden Tagen ihren Anteilseignern vorstellt.

Fortschritte gibt es bereits: Ein lebenswerter Planet soll im Zentrum der künftigen Arbeit der Weltbank stehen, sie will mit dem vorhandenen Geld mehr Risiken schultern – und sie wird einige zusätzliche Milliarden zur Verfügung haben. „Diese Evolutionsstufe im Fahrplan der Weltbank ins 21. Jahrhundert ist ein Fortschritt gegenüber den ersten Versionen. Die Weltbank hat zumindest in Teilen die Bedenken der Zivilgesellschaft und der Anteilseigner gehört“, sagt Anja Gebel, Referentin für Entwicklungsbanken und Klima bei Germanwatch und ebenfalls in Marrakesch vor Ort.

„Allerdings werden die Synergien zwischen der Arbeit an globalen Herausforderungen und lokalen Entwicklungsprioritäten noch zu wenig beachtet. Zudem wird weiterhin stark auf den Privatsektor gesetzt ohne nachweislich gleichzeitig den öffentlichen Sektor und seine regulative Rolle zu stärken, obwohl dies in der Vergangenheit wenig erfolgreich war. Niemand scheint sich außerdem an problematische interne Strukturen wirklich heranzutrauen – zum Beispiel interne Anreizstrukturen für das Weltbankpersonal oder auch die Anzahl von verschiedenen, teilweise ineffizienten Treuhandfonds. Da müssen Weltbank und Anteilseigner noch deutlich nachbessern. Das ist entscheidend als Signal für die anderen regionalen Entwicklungsbanken, die folgen werden“, so Gebel weiter.

Der globale Norden traut sich nicht an die Stimmrechte

Ein Überbleibsel aus der Gründungszeit der Institutionen vor knapp 80 Jahren ist, dass der globale Norden die alleinige Entscheidungshoheit über diese Institutionen hat, die eigentlich dem globalen Süden dienen sollen. Bisher haben etwa die verletzlichsten Länder kein ausreichendes Mitspracherecht. Eine Voraussetzung für eine effektive Zusammenarbeit ist jedoch, dass die Ungleichheit im Machtverhältnis abgebaut wird. „Die Industriestaaten müssen sich einer Diskussion zur Reform der Anteilsquote öffnen. Ein Anfang wäre gemacht, wenn bei dieser Jahrestagung die verletzlichsten Staaten – die V20 – als eigenständige Gruppe im Internationalen Währungsfonds anerkannt würden und die Staaten in Subsahara-Afrika einen dritten Sitz im Verwaltungsrat bekämen. So könnten sie ihre Bedürfnisse besser vertreten“, sagt Mariana Micozzi, Referentin für klimakompatible Finanzflüsse bei Germanwatch. Kristalina Georgiewa, geschäftsführende Direktorin des IWF, hat am ersten Tag der Jahrestagung überraschend die Aufnahme der V20, die 68 verletzliche Staaten umfasst, als eigene Gruppe innerhalb von IWF und Weltbank unterstützt.
 

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