Zahlreiche Gäste aus der ganzen Bundesrepublik waren eingeladen, ein ganzes Wochenende lang das 70-jährige Bestehen des Seniorenheims Haus Wittelsbach und den Abschluss einer fünfjährigen Umbauphase zu feiern. Der Kirchensaal der auf dem Gelände ansässigen Adventgemeinde war am Samstagnachmittag zum Jubiläumsgottesdienst bis auf den letzten Platz gefüllt. Bis in den späten Sonntagabend hinein fanden viele weitere Aktionen statt.
Historie
Seit über 150 Jahren trägt das Haus Wittelsbach in Bad Aibling seinen Namen. Das gehe auf ein "Gentlemen’s Agreement" beim Verkauf des Gebäudes zwischen dem alten und dem neuen Nutzer im Jahr 1920 zurück, so Heimleiter Andreas Heuck in seinem historischen Rückblick. 1873 hatte der Unternehmer Josef Pentenrieder das fertiggestellte Gebäude zu Ehren des bayerischen Königshauses „Chur-Haus-Wittelsbach“ genannt. Später erwarb der Deutsche Verein für Gesundheitspflege (DVG) das Haus. Dieser hatte mit einem Sanatorium in Friedensau bei Magdeburg und einem Krankenhaus in Berlin bereits zwei Gesundheitszentren im Norden etabliert. Bis 1922 diente das Haus Wittelsbach als Kur- und Badeanstalt. Es folgte bis 1925 eine Schule für Laienmissionare und eine Ausbildungsstätte für Pastoren. Danach stand bis 1941 wieder der Kur- und Badebetrieb im Vordergrund. In den Kriegsjahren bis 1945 diente das Haus als Lazarett. Von 1945 bis 1946 war es in den Händen der amerikanischen Besatzungsmacht. Danach wurde es beschlagnahmt und bis 1952 als staatliches Flüchtlingslager genutzt.
Da in diesen Jahren großer Mangel herrschte, wurde das Gebäude zunehmend verwahrlost und weitgehend unbrauchbar an den DVG zurückgegeben. Nach umfangreichen Renovierungsarbeiten in den Jahren 1952 und 1953 wurde das Gebäude am 3. Oktober mit einer Mischung aus Altenheimbetrieb und sogenanntem „Kurheim“ im Haupthaus wieder eröffnet. Der Kurbetrieb wurde noch bis 1960 fortgeführt, bis ab 1961 das gesamte Haus Wittelsbach zum Altenheim wurde.
Umfangreiche bauliche Veränderungen
„Sanieren hat Tradition“, so beschrieb einer der zahlreichen Festredner die umfangreichen baulichen Veränderungen im Haus Wittelsbach. Anfang der 1960er Jahre entsprach das Haus nicht mehr den neuen gesetzlichen Anforderungen. Flure waren zu eng, Zimmer zu klein, Aufzüge fehlten. Haus C wurde gebaut und 1965 eingeweiht. Das ursprüngliche Haus D, die „alte Baracke“, wich 1966 einem Neubau, der seitdem als Kirchengebäude der Adventisten dient. 2018 wurde es erneut umfangreich saniert. 1969 kam ein neuer Mittelbau, das Haus M, hinzu. Damit verfügte das Haus über eine moderne Zentralküche, einen hellen Speisesaal und insgesamt 180 Wohnplätze. 1982 wurde das Haus M um das Haus A erweitert. 1987 kam der Neubau von Haus B hinzu und 1992 ein neues Haus D. Der 93-jährige ehemalige Heimleiter Helmut Haubeil (1984-1994) berichtete eindrucksvoll aus dieser Zeit. Zeitweise betrug die Kapazität des Hauses in diesen Jahren 200 Wohnplätze.
Beim Festgottesdienst zum Abschluss des letzten Bauabschnitts kamen viele am Bau Beteiligte zu Wort und berichteten von ihren Erfahrungen. Pastor Werner Dullinger, Präsident der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten in Süddeutschland und Mitgesellschafter der „AWW Haus Wittelsbach Senioren- und Pflegeheim gGmbH", berichtete über den ersten Schriftverkehr zum letzten Neu- und Umbauprozess, der bereits im November 2013 stattgefunden habe. Ein Jahr später sei die Suche nach Projektplanern erfolgt. Es folgte ein gutachterlicher Realisierungswettbewerb, an dem auch die Stadt Bad Aibling beteiligt war. Als ortsansässiger Generalunternehmer sei die Rosenheimer Grossmann Bau GmbH gewonnen worden und die KD-Bank habe die Finanzierung mit einem ursprünglichen Projektvolumen von 12 Millionen Euro übernommen, das sich durch die Corona-Krise, den Ukraine-Krieg und unvorhergesehene und notwendige Planungsänderungen auf rund 20 Millionen Euro erhöht habe. 2018 fiel der Startschuss für den ersten Bauabschnitt.
Frauke Weiß von der CPB Projekt- und Baumanagement GmbH erinnerte an die erste Sitzung im August 2015 und insgesamt 212 Jour-fixe-Termine mit daraus resultierenden 212 Protokollen. Insgesamt seien 117.675 Einzelmaßnahmen erfolgt, 325 Kostenverfolgungsberichte und 16 Statusberichte für die Banken erstellt worden.
Architekt Thomas Otte aus Bielefeld sprach in seinem Bericht von einem „schönen Haus“. 2016 habe die erste Entwurfspräsentation stattgefunden. Ziel sei die „Schaffung eines Gebäudeensembles als zusammenhängende Einheit“ gewesen. Während der Bauphase habe es naturgemäß viele Änderungen und Anpassungen gegeben. Besonders lobte er aber den Geist der Zusammenarbeit, den er sehr geschätzt habe. Heute beherbergt das Haus Wittelsbach 36 hochwertige Wohnungen für Betreutes Wohnen und 118 Wohnplätze für stationäre Pflege sowie Personalwohnungen.
Ein grandioser Geist in diesem Haus
Siegfried Huber, Geschäftsführer des Generalunternehmers Grossmann Bau GmbH, lobte das Besondere an diesem Haus, das er bei anderen Bauprojekten so nicht erlebt habe – ein harmonisches und konstruktives Miteinander. Es habe immer wieder Situationen gegeben, wo man sich hätte streiten können. Aber mit Transparenz und Offenheit seien die Dinge immer gelöst worden. „Wir waren schon erstaunt, dass das so harmonisch gelöst werden konnte.“
Frauke Weiß schilderte, dass sie sich während der achtjährigen Planungs- und Umbauphase immer wieder gefragt hätten, was das Beste für die Bewohner des Hauses sei. Das Leitbild des Hauses sei dabei die treibende Kraft gewesen: „Die Bewohner zu achten und ihre Bedürfnisse einzubeziehen“. Das sei der Geist gewesen.
Diesen Geist bestätigte auch Thomas Jahn, Kurdirektor der Stadt Bad Aibling, mit den Worten: „Es herrscht ein grandioser Geist in diesem Haus. Es ist ein Flaggschiff und ein Schmuckstück für diese Stadt“. Das Haus Wittelsbach in Bad Aibling sei „gelebte Inklusion“, direkt gegenüber dem von der Stadt angelegten Mehrgenerationenpark. Die Campus-Idee", so Erster Bürgermeister Stephan Schlier in seinem Grußwort am Sonntagvormittag, sei vom Stadtrat sehr begrüßt worden. Sie habe auch die volle Unterstützung der Bevölkerung. Er dankte den Verantwortlichen für den Mut zu dieser Maßnahme, die damit einen „Qualitätsturbo gezündet“ hätten.
„Ein Tag – Ein Ort – Drei Türen“
In diesem Motto des Festwochenendes spiegelt sich der Campusgedanke des Seniorenheims Haus Wittelsbach wider. Neben dem Seniorenheim sind in den vergangenen Jahren ein Gemeindezentrum und ein Kinderhaus entstanden. Volkmar Proschwitz, geschäftsführender Vorsitzender des Advent-Wohlfahrtswerk e.V. (AWW) und Hauptgesellschafter von Haus Wittelsbach, warb daher für den Campus-Gedanken und lud herzlich dazu ein, an diesem Wochenende die offenen Türen zu betreten und die zahlreichen Angebote zu nutzen. Dazu gehörten Einblicke in den Heimalltag mit Führungen durch den Pflegebereich, Informationen rund um das Thema Pflege und Betreutes Wohnen, Besichtigung der neuen Räumlichkeiten und Seniorengymnastik. Für die Kinder lud das Advent-Kinderhaus zu Aktionen wie Armbänder basteln und Glitzertattoos ein. Mitglieder der Pfadfindergruppe „Moorwürmer“ sorgten für Spaß auf dem Karussell und versorgten die Gäste am Nachmittag mit Pommes Frites. Für das leibliche Wohl sorgte die Küche des Hauses Wittelsbach mit Mittagessen und Kuchenbuffet.
Ein reichhaltiges kulinarisches Angebot der Küche begleitete das gesamte Wochenende. Mit kunstvoll zubereiteten Cannapés, veganen Dips, leichten und deftigen Speisen war für jeden Besucher etwas dabei. Immer wieder wurde die Küche während der Festveranstaltungen gelobt. Während der gesamten Bauphase habe die Küche alle „immer gut und reichlich versorgt“.
Werte geschaffen
In den vielen Dankesworten an diesem Wochenende wurde immer wieder auf die geistliche Ausrichtung des Seniorenheims hingewiesen. Viele Bibeltexte wurden zitiert und die dahinter stehenden christlichen Werte hervorgehoben. Pastor Werner Dullinger nahm die diesjährige Jahreslosung der Kirchen aus der Hagar-Geschichte („Du bist ein Gott, der mich sieht“, 1. Mose 16,13) zum Anlass, darauf hinzuweisen, dass Gott dieses Haus und seine Menschen sieht und begleitet. Er dankte Gott für die Führung und Begleitung und vor allem für den Schutz während der langen Bauphase. Niemand sei zu Schaden gekommen. Dankbarkeit äußerten auch andere Redner gegenüber den geduldigen Bewohnern, die lange Zeit Lärm und Unannehmlichkeiten ertragen hätten. Sie habe immer „fröhliche und zufriedene Heimbewohner“ erlebt, sagte Frauke Weiß. Generalunternehmer Huber ermutigte mit den Worten: „Bewahren Sie sich dieses harmonische Miteinander und Handeln!“
Weitere Informationen zum Seniorenheim Haus Wittelsbach: www.seniorenheim-wittelsbach.de.
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