Riehle fiel es zeitweise schwer, vor allem mit dem Umstand umzugehen, das bei ihm bereits vor dem 40. Lebensjahr eine deutlich über das normale Maß hinausgehende Hirnatrophie stattfindet: "Wenn man sich dieses Schrumpfungsvorganges bewusst wird, macht das durchaus Angst. Allerdings kann ich mich weiterhin vor allem der höheren Fertigkeiten gut bedienen. Arbeitsgedächtnis, Wortfindung, Kurzzeitgedächtnis und zeitliche Orientierung sind neben der Bewältigung von mehrstufigen Abläufen und Aufgaben des Alltages momentan die größte Baustelle. Und natürlich bereitet mir die erhebliche Verlangsamung in der Psychomotorik erhebliche Schwierigkeiten. Insbesondere das Umdrehen geschieht nur noch in Zeitlupe. Und durch die Muskelsteifigkeit habe ich das Gefühl, den ganzen Tag gegen einen Widerstand anzukämpfen, als ob ich durch Wasser laufen würde. Das typische Zittern steht eher im Hintergrund. Dagegen sind die gebeugte Haltung und meine Unfertigkeit, eine aufrechte Sitzposition zu bewahren, durchaus kennzeichnend und auch nach außen sichtbare Symptome. Dystonische Anzeichen, eine Hemi- und Blickparese sowie Absencen erschweren die selbständige Lebensführung durchaus hartnäckig. Psychisch kann und will ich mich trotz eines paranoiden Beschwerdebildes mit einer organisch bedingten, optischen Halluzinose nicht allzu sehr beklagen. Anfänglich schwere Depressionen haben sich mittlerweile weitgehend relativiert – und ich habe auch keinen Überdruss aufgrund der durchaus mannigfaltigen Beeinträchtigungen, die zu Schwerbehinderung, Erwerbsunfähigkeit und Pflegebedürftigkeit geführt haben. Schlussendlich spielt es für mich auch nicht mehr die vorrangige Rolle, ob es sich in meinem Fall um ein Primäres oder Atypisches Parkinsonsyndrom im Sinne einer Multisystematrophie handelt“, erklärt Riehle.
„Diskutiert wurde neben einem Shy-Drager-Syndrom, einer Striatonigralen Degeneration (MSA-P) und der Lewy-Körper-Demenz auch eine Kortikobasale Degeneration – wobei es auch zum Ausschluss verschiedener dieser Diagnosen kam, nachdem sich unter anderem keine Hypersensivität gegenüber einem Neuroleptikum zeigte. Letztendlich waren aber die Möglichkeiten zur weiteren Differenzierung und Befundung am Ende ausgeschöpft – und auch mir selbst fehlte irgendwann die Kraft zu einem weiteren Ärzte- und Klinikmarathon. Was wiederum doch für einen idiopathischen Verlauf in meinem Fall sprach und mir Hoffnung machte, war das durchaus gute Ansprechen auf die Dopamin-Therapie mit einer Verbesserung von 30% in der Symptomatik nach Provokationstest. Dieser Effekt hält bis heute an und stellt daher den wichtigsten Behandlungsansatz dar. Neben ergänzender Physio- und Ergotherapie erhalte ich eine multimodale Schmerzbegleitung und eine psychopharmakologische Unterstützung. Zudem werden die komplex-fokalen Anfälle mit einer antikonvulsiven Medikation angegangen", so der Journalist, der zusammenfassend ausführt: "Ich bin mit meinem Dasein nicht unzufrieden, weil ich eine empathische und kompetente Betreuung durch sachkundige Mediziner erhalte und mich darüber hinaus auf mein Umfeld entsprechend verlassen kann. Selbstredend wurde meine Lebensplanung komplett auf den Kopf gestellt. Allerdings lehrt ein solches Leiden auch Genügsamkeit und die Anpassungsfähigkeit an neue Gegebenheiten. Resilienz und das Verweilen im Hier und Jetzt sind wichtige Eigenschaften, die ich aus der Krankheit ziehe. Insofern will ich auch andere Betroffene ermutigen, sich durch solch einen Schicksalsschlag nicht völlig zu Boden reißen zu lassen, sondern auf die eigene Widerstandskraft zu vertrauen“, so der Coach abschließend.
Die Psychologische, Sozial- und Familienberatung der Selbsthilfeinitiative ist kostenlos unter www.selbsthilfe-riehle.deerreichbar.
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