Im vergangenen Jahr stiegen im Vergleich zum Vorjahr bei der AOK Baden-Württemberg die Leistungsausgaben in der Krankenversicherung je Versicherten um 2,6 Prozent auf insgesamt 15,7 Milliarden Euro. Eine anhaltend große Ausgabendynamik liegt im Bereich der Arzneimittel. Der Anstieg lag 2022 mit 4,9 Prozent auf 2,7 Milliarden Euro wie auch in den vergangenen Jahren über dem durchschnittlichen Anstieg der Leistungsausgaben. Diese Steigerung konnte die AOK Baden-Württemberg insbesondere durch Maßnahmen der Verordnungssteuerung im Bereich der Selektivverträge (Hausarzt- und Facharzt-Programme) sowie durch die Arzneimittelrabattverträge dämpfen.
„Die Selektivverträge der AOK Baden-Württemberg sorgen seit 15 Jahren für eine nachgewiesene bessere und koordinierter Versorgung, während gleichzeitig Kosten eingespart werden können“, betont Peer-Michael Dick, alternierender Vorsitzender des Verwaltungsrates und Arbeitgebervertreter. Daher sei es umso ärgerlicher, dass effiziente Versorgungsstrukturen wie in Baden-Württemberg durch die Regionalkomponente im Gesundheitsfonds deutlich zugunsten von Metropolregionen benachteiligt werden. „Die nun unbegrenzt wirksame Regionalkomponente bedeutet für die GKV in Baden-Württemberg einen Zuweisungsverlust von deutlich über einer halben Milliarde Euro. Davon trägt mit über 350 Millionen Euro die AOK Baden-Württemberg den überproportional größten Anteil“, so Dick. Gerade auch vor dem Hintergrund der systematischen Unterdeckung von vulnerablen Gruppen im Risikostrukturausgleich (RSA) müsse der Gesetzgeber dringend gegensteuern. „Der zukunftsgerichtete Versorgungswettbewerb zwischen den Kassen wird deutlich eingeschränkt, wenn effiziente Versorgungsmodelle systematisch benachteiligt werden“, resümiert Dick.
Das im vergangenen Jahr verabschiedete GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG) sieht der Verwaltungsrat als verpasste Chance. „Auf politischer Ebene fehlt es auch der Ampel-Regierung an echten Reformbemühungen. Stattdessen schaut der Bundesgesundheitsminister tatenlos zu und kündigt beiläufig die nächste Beitragssatzerhöhung an. Es ist unzumutbar, dass die Belastungen einseitig von Versicherten und Arbeitgebern getragen werden müssen“, kritisiert Lersmacher. Der erneute Rückgriff auf die Finanzreserven der Krankenkassen habe zudem den Gestaltungsspielraum weiter eingeschränkt und die Finanzautonomie der sozialen Selbstverwaltung massiv missachtet. „Mit den bereits 2021 entzogenen Reserven stehen der AOK Baden-Württemberg in Summe 800 Millionen Euro weniger Finanzmittel zur Verfügung“, so Lersmacher. Lösungsansätze könne die Regierung in ihrem eigenen Koalitionsvertrag finden: ein dynamischer Bundeszuschuss zur Deckung versicherungsfremder Aufgaben und die Zahlung kostendeckender Krankenversicherungsbeiträge für Bürgergeld-Empfängerinnen und -empfänger. Der Staat müsse seiner Pflicht nachkommen und gesamtgesellschaftlichen Ausgaben ordnungspolitisch korrekt zuverlässig finanzieren. Darüber hinaus fordert der Verwaltungsrat die Senkung der Mehrwertsteuer auf Arzneimittel auf den reduzierten Satz. „Es ist schlicht nicht nachvollziehbar, weshalb Tierarzneimittel mit sieben Prozent besteuert werden, Humanarzneimittel aber dem normalen Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent unterliegen“, sagt Lersmacher. „Die finanzielle Stabilität der GKV ist für den Verwaltungsrat der AOK Baden-Württemberg ein überaus wichtiges Thema. Es muss Schluss damit sein, die Probleme in die Zukunft zu verschieben und die Beitragszahlenden mit immer weiter steigenden Kosten zu belasten.“ Eine unkontrollierte weitere Steigerung der Ausgaben sei angesichts der derzeitigen wirtschaftlichen Situation und bereits hohen Sozialabgabelast in Deutschland weder nachhaltig noch vertretbar.
Die AOK Baden-Württemberg versichert über 4,5 Millionen Menschen im Land und verfügt über ein Haushaltsvolumen von über 20 Milliarden Euro.
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