„Vor drei Monaten noch gaben sich viele unserer Unternehmen trotz schwieriger Rahmenbedingungen vielfach optimistisch. Davon kann inzwischen keine Rede mehr sein. Es ist besorgniserregend, wie sehr sich das Stimmungsbild in der Wirtschaft eingetrübt hat“, kommentiert Elke Döring, Hauptgeschäftsführerin der IHK Heilbronn-Franken, die aktuelle Konjunkturumfrage der Kammer für das zweite Quartal 2023. Eine schwache Außenwirtschaft, gestiegene Zinsen und Sorgen um die internationale Wettbewerbsfähigkeit sind die Treiber der negativen Lagebeurteilung – und das quer durch fast alle Branchen.
In Zahlen ausgedrückt heißt das: Nur noch 35 der von der IHK befragten Unternehmen (statt 42 Prozent im Vorquartal) beurteilen ihre aktuelle Geschäftslage als gut, deutlich mehr (12 statt 7 Prozent) als schlecht. Der Saldo der Beurteilungen hat damit wieder den niedrigsten Stand seit Frühjahr 2021 erreicht.
Bei den Geschäftserwartungen sieht es nicht besser aus. „Erstmals seit Herbst 2022 überwiegen wieder die pessimistischen Stimmen“, bedauert Elke Döring. Nur noch 16 statt 24 Prozent der Betriebe rechnen mit einer günstigeren Geschäftsentwicklung. 27 Prozent (Vorquartal 19 Prozent) erwarten einen schlechteren Geschäftsverlauf. Der Fachkräftemangel ist dabei für 70 Prozent der Unternehmen das größte Geschäftsrisiko, während die Energiepreise nach den hohen Arbeitskosten auf Platz drei der Geschäftsrisiken abgesackt sind. Stark zugenommen hat dagegen die Angst vor einer schwachen Inlandsnachfrage (Anstieg von 44 auf 51 Prozent).
„Vor allem die Schwäche der Industrie bringt die Konjunktur in schwieriges Fahrwasser. Nach drei schweren Jahren mit Corona- und Energiekrise wäre eigentlich eine dynamische Erholung zu erwarten gewesen. Doch davon ist nichts zu spüren. Stattdessen beherrschen Verunsicherung und daraus folgende Investitionszurückhaltung das Bild in der regionalen Wirtschaft“, bilanziert Elke Döring. Um den Unternehmen aus dem Dauertief zu helfen, benötige es vor allem Entlastungen für die Betriebe, weniger Regulierung und umfassende Investitionsanreize.
Zahl der Pessimisten wächst
Industrie: Rund die Hälfte der Industrieunternehmen in der Region gibt der aktuellen Geschäftslage nur ein „befriedigend“, 11 Prozent (gegenüber 10 Prozent im Vorquartal) bezeichnen sie als schlecht, und nur noch 38 statt 49 Prozent sind mit dem Geschäftsverlauf zufrieden. Schwächelnde Auftragseingänge aus dem In- und Ausland drücken auf die Stimmung, aber auch das gesamte außenwirtschaftliche Umfeld bei gleichzeitig steigenden Zinsen trüben die Bilanz ein. Entsprechend skeptisch beurteilen die Unternehmen die Geschäftserwartungen. Beim Blick in die Zukunft hat sich die Zahl der Pessimisten von 15 auf 27 Prozent fast verdoppelt. Auch die Exporterwartungen fallen deutlich verhaltener als im Vorquartal aus. Diejenigen Unternehmen, die steigende Exporte erwarten (22 statt 27 Prozent im Vorquartal) halten sich mit jenen, die mit Einbrüchen rechnen, inzwischen etwa die Waage (21 statt 16 Prozent). „Die großen Hoffnungen auf eine wirtschaftliche Erholung in China nach dem Ende der Null-Covid-Politik haben sich nicht erfüllt“, so die IHK-Hauptgeschäftsführerin. Das führt zu einer deutlichen Investitionsblockade. Nur noch etwas mehr als ein Fünftel (Vorquartal 30 Prozent) plant höhere Investitionsausgaben im Inland.
Flaute am Bau
Baugewerbe: Im ersten Quartal 2023 bezeichneten 43 Prozent der Unternehmen ihre Lage als gut, jetzt sind es nur noch 27 Prozent. 70 Prozent nennen sie befriedigend. Auch am Bau schlagen nach wie vor der Fachkräftemangel, die Zinsen und vor allem auch die teuren Baumaterialen durch. Zwei Drittel der Unternehmen mussten unter diesen Bedingungen Auftragseinbußen hinnehmen. Im Hoch- und im Wohnungsbau verzeichnet die IHK mittlerweile langfristige Tiefstände. Allein im Wohnungsbau melden mehr als 80 Prozent der Betriebe Auftragsrückgänge. Ein Ende ist nicht absehbar. Nur 5 Prozent der befragten Unternehmen erwarten eine günstigere Geschäftsentwicklung. 60 Prozent gehen davon aus, dass sich in naher Zukunft nichts ändert.
Händler im Stimmungstief
Großhandel: Bei den Großhändlern hat sich die Zahl der Unternehmen, die mit dem Geschäftsverlauf unzufrieden sind, innerhalb eines Quartals verdreifacht (von 5 auf 15 Prozent). Ein Fünftel der Großhändler macht gute Geschäfte. Im produktionsverbindenden Großhandel überwiegen nun die leicht negativen Rückmeldungen. Das Bestellverhalten fällt hingegen stark zurückhaltend aus. Lediglich 7 Prozent (Vorquartal 20 Prozent) berichten von einem Anstieg der Bestellungen. Das schlägt sich auf die Personalplanung nieder. 28 Prozent der Unternehmen wollen Stellen abbauen.
Einzelhandel: Drastisch verschlechtert hat sich die Situation im Einzelhandel. Zwar sind mehr als die Hälfte der Händler (55 Prozent) einigermaßen zufrieden mit dem Geschäftsverlauf, die Zahl derjenigen, die gute Geschäfte machen, sackt jedoch von 49 auf 21 Prozent ab. Über sehr schwache Geschäfte klagen der Möbeleinzelhandel und der Handel mit Sport- und Geschenkartikeln. Problematisch ist vor allem das Kaufverhalten der Kunden. Elke Döring: „Die Furcht vor einer weiter steigenden Inflation und vor einer Rezession in der Wirtschaft verunsichern die Verbraucher und drücken auf die Konsumstimmung.“ Die Erwartungen sind entsprechend wenig euphorisch. Die Hälfte der befragten Händler geht davon aus, dass sich erst einmal nicht viel bewegt.
Auch die Dienstleister schwächeln
Dienstleistungsgewerbe: ITK- und Beratungsdienstleister sind nach wie vor außergewöhnlich gut im Geschäft, während die Lageeinschätzung in den Bereichen Reisevermittlung, Arbeitnehmerüberlassung sowie Verkehr unterdurchschnittlich ausfällt. Auftragsvolumen und Umsatzentwicklung haben gegenüber dem Vorquartal an Schwung verloren. 40 Prozent berichten von steigenden, 29 von sinkenden Umsätzen. Insgesamt sind 13 statt 7 Prozent im Vorquartal mit der Entwicklung der Geschäftslage unzufrieden, 42 Prozent bewerten sie gleichbleibend positiv. Bei den Erwartungen halten sich Optimisten (21 Prozent) und Pessimisten (19 Prozent) in etwa die Waage.
Weiter Erholung bei Hotels und Gaststätten
Hotel- und Gaststättengewerbe: Die Stimmung in den Hotels und Gaststätten hat noch lange nicht das Vor-Corona-Niveau erreicht, ist aber weiter auf dem Weg der Besserung. 43 Prozent (Vorquartal 39 Prozent) sind mit den laufenden Geschäften zufrieden, 6 Prozent (Vorquartal 0 Prozent) nicht. Auch hier spielt der Fachkräftemangel eine herausragende Rolle, weshalb 26 Prozent (Vorquartal 20 Prozent) der Betreiberinnen und Betreiber eher pessimistisch und nur 14 Prozent (Vorquartal 20 Prozent) mit Optimismus nach vorne blicken.
„Unsere Unternehmen stehen aktuell und in Zukunft vor wachsenden Herausforderungen. Denen sind sie nur gewachsen, wenn die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen stimmen. Das ist aber nach wie vor nicht der Fall“, so Elke Döring.
Info: Für den Wirtschaftslagebericht wurden im Befragungszeitraum Juni die Antworten von insgesamt 370 Unternehmen mit insgesamt mehr als 65.000 Beschäftigten ausgewertet.
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