„Unsere Ergebnisse legen nahe, dass neben den gut etablierten Hörscreenings bei Neugeborenen zusätzlich auch weitere systematische und flächendeckende Untersuchungsverfahren für ältere Kinder notwendig sind, um später erworbene Hörverluste frühzeitig zu entdecken. Außerdem sollten auffällige Kinder nach dem Neugeborenen-Hörscreening zuverlässig nachverfolgt werden. Nur so kann man späteren Sprachentwicklungsstörungen oder allgemeinen Entwicklungsstörungen frühzeitig entgegenwirken“, sagt Prof. Dr. Karolin Schäfer, Lehrstuhl für Audiopädagogik.
Die Studie mit dem Titel „DiViDe – Diagnosehäufigkeit und Versorgung hörgeschädigter Kinder und Jugendlicher in Deutschland auf Basis einer Analyse von GKV-Routinedaten der BARMER“ analysierte die Abrechnungsdaten von insgesamt circa neun Millionen Versicherten der BARMER, um Rückschlüsse auf die Situation in ganz Deutschland zu ziehen. „Solche großen Datentöpfe ermöglichen es uns, sehr genau in die Gesundheitssituation und die Versorgung von Kindern und Jugendlichen hineinzuschauen. Wir gewinnen einen Einblick, der das ganze Land umfasst“, erklärt Heike van de Sand, verantwortliche Analystin bei der PMV forschungsgruppe an der Uniklinik Köln.
Dazu wurden die Daten der BARMER statistisch an die Bevölkerung Deutschlands angepasst. Im Jahr 2019 erfüllten 0,61 Prozent aller Kindern und Jugendlichen die festgelegten Kriterien für eine anhaltende periphere Hörstörung. Das sind hochgerechnet etwa 83.000 Kinder und Jugendliche in Deutschland. Dabei sind Jungen häufiger betroffen als Mädchen. Die höchsten Anteile einer Erstdiagnose weisen die Altersgruppen von vier bis sechs Jahren auf. Nicht geklärt werden konnte die wichtige Frage nach der Ursache und dem Zeitpunkt des Erwerbs der Schwerhörigkeit in diesen Fällen, also ob es sich um einen angeborenen oder eine später erworbenen Hörverlust handelt. Später auftretender Hörverlust kann unter anderem durch äußere Einflüsse wie Infektionen verursacht werden. In den Diagnosen für die Abrechnung wird nach diesen verschiedenen Ursachen allerdings nicht unterschieden. In einer weiteren Studie soll der später auftretende Hörverlust durch Befragung von Betroffenen und Ärztinnen und Ärzten näher untersucht werden.
Hintergrund:
Die DiViDe Studie wurde von der KIND Hörstiftung und der Internationalen Hörstiftung gefördert. Am 30.06.2023 wurde der Teil der Ergebnisse, der für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte besonders relevant ist, im Deutschen Ärzteblatt veröffentlicht.
Originalarbeit:
van de Sand, Heike; Pützer, Elena; Filip, Jasmin; Marschall, Ursula; Meyer, Ingo; Schäfer, Karolin; Schubert, Ingrid
Dtsch Arztebl Int 2023; 120: 461-2; DOI: 10.3238/arztebl.m2023.0033
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