Der Angeklagte war im Frühjahr 2022 nach Mitternacht auf einem E-Scooter unterwegs. Dabei hatte er mindestens 1,64 Promille im Blut. Er hatte sich nach einem vorausgegangenen Barbesuch, bei dem er Wodka-Soda und Bier getrunken hatte, spontan dazu entschlossen, für die Rückfahrt ins Europaviertel einen E-Scooter zu nutzen.
Das Amtsgericht hatte ihn wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 20 Euro und einem Fahrverbot von sechs Monaten verurteilt. Die Fahrerlaubnis wurde dem Angeklagten aber nicht entzogen. Hiergegen wandte sich die Amtsanwaltschaft. Das Oberlandesgericht (OLG) meinte, dass ihm auch noch die Fahrerlaubnis mit Sperrfirst entzogen werden müsse.
Die Fahrerlaubnis sei zwingend zu entziehen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür gegeben seien, heißt es in der Begründung der Entscheidung. Dies sei der Fall, „wenn sich aus der Tat ergibt, dass der Täter zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist“. Es bestehe weder Raum für ein Ermessen des Richters noch finde eine Verhältnismäßigkeitsprüfung statt. Die Begehung einer Trunkenheitsfahrt – wie hier – begründe eine Regelvermutung für die Ungeeignetheit des Täters zum Führen von Kraftfahrzeugen. Nur wenn sich die Tatumstände von denen eines Durchschnittsfalls deutlich abheben würden, könne in seltenen Ausnahmen von der Entziehung der Fahrerlaubnis abgewichen werden. Derartige Gründe habe das Amtsgericht hier zu Unrecht angenommen: Vor allem sei es unerheblich, dass der Angeklagte nicht Auto, sondern E-Scooter fuhr. Nach der Wertung des Verordnungsgebers seien auch Elektrokleinstfahrzeuge – wie E-Scooter – Fahrzeuge und unterlägen damit den für sie geltenden allgemeinen Vorschriften.
Das Amtsgericht überzeugte auch nicht damit, dass E-Scooter mit einem betrunkenen Fahrer andere Menschen nicht in gleichem Maße gefährde wie die Trunkenheitsfahrt eines Kraftfahrzeugfahrers. „Der Sturz eines Fußgängers oder Radfahrers infolge eines Zusammenstoßes mit dem E-Scooter (könne) ganz erhebliche, unter Umständen sogar tödliche Verletzungen verursach(en)“, betonte das OLG. Es verwies auch auf mögliche Ausweichmanöver stärker motorisierter Verkehrsteilnehmer durch alkoholbedingte Fahrfehler eines E-Scooter-Fahrers. Mit der Entziehung der Fahrerlaubnis solle nicht nur verhindert werden, dass der Täter weiterhin betrunken Kraftfahrzeuge fahre. Bezweckt werde vielmehr ganz allgemein der Schutz der Sicherheit des Straßenverkehrs.
Damit ist der Führerschein noch nicht entzogen, vielmehr muss das Amtsgericht die Sache neu verhandeln und entscheiden. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass Feststellungen getroffen werden, die die Regelvermutung hier tragfähig widerlegen könnten.
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