„Leben Sie gesund, pflegen Sie soziale Kontakte und Freundschaften!“

Depressionen und depressive Verstimmungen sind in den vergangenen Jahren fast schon zu einer Volkskrankheit geworden – so erkranken laut einer aktuellen Statistik, die der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) vorliegt, zwischen 16 und 20 Prozent aller Menschen in Deutschland daran. Ständiger Druck und Stress im Beruf, aber auch im Verwandten- und Bekanntenkreis, Zukunftsängste und andere Unwägbarkeiten machen den Menschen zu schaffen. Und dies in fast allen Altersklassen.

Dr. Hedda Opitz, Chefärztin der Akutgeriatrie und Geriatrischen Rehabilitation in der GRN-Klinik Sinsheim, hatte, gemeinsam mit der KVBW und der Volkshochschule Sinsheim, zu einem Vortrag eingeladen, der sich explizit um „Depressionen im Alter“ drehte. „Bei älteren Menschen tritt die Krankheit in etwa vier bis sieben Fällen von 100 auf und ist somit nicht häufiger als beispielsweise bei jungen Menschen“, sagt sie.

Dass man im Umkehrschluss auch hochbetagt noch am gesellschaftlichen Leben aktiv teilhaben kann, habe ihr mittlerweile verstorbener Schwiegervater bewiesen. „Er hatte zwar alle Einschränkungen, die man mit knapp 100 Jahren so haben kann – er konnte nur noch sehr schlecht sehen, nur noch unzureichend hören und war auf eine Gehhilfe angewiesen –, und doch hat er am Familienleben teilgenommen, war neugierig auf Neues und hat meinen Kindern Ratschläge erteilt, wenn es beispielsweise um das Thema Schule ging“, schildert die Chefärztin.

Nicht allen älteren Menschen sei dies jedoch gegeben. Zwar blickten die Betroffenen meist auf ein bis dato erfülltes Leben zurück, doch mit Eintritt ins Rentenalter beginne für sie ein neuer, bislang ungewohnter Lebensabschnitt. An die veränderte Lebensrealität müssen die Betroffenen sich gewöhnen. Gelingt dies nicht, kann sich aus einer Anpassungsstörung eine manifeste Depression entwickeln.
Dr. Hedda Opitz: „Wenn die Mobilität abnimmt und der Wirkungskreis mit dem Alter immer kleiner wird, weitere gesundheitliche Probleme sich einstellen und man den Verlust von Freunden oder Familienmitgliedern verkraften muss, können sich depressive Beschwerden entwickeln:  Nichts macht mehr Freude, nichts lohnt sich, Interessen und Ziele verlieren an Bedeutung.“ Depressive Menschen beschreiben häufig das Gefühl der Gefühllosigkeit. Dies bedeute, dass sie gar nichts mehr fühlten. Sie könnten sich nicht mehr freuen, aber auch nicht mehr traurig sein.

Oftmals würden diese Symptome auch von den Ärzten nicht als Depression wahrgenommen, sondern all diese Beschwerden sehe man häufig als ein normales Gefühl belastender Lebensumstände an. Zudem würden ältere Menschen häufig aus Scham nicht über seelische, sondern über körperliche Beschwerden klagen.

So berichten ältere Menschen beim Arzt häufig über Schwindelgefühle, Schlaflosig-, Müdig- und Appetitlosigkeit. Kopfschmerzen, Atemnot, Druckgefühl im Thoraxbereich seien weitere somatische Symptome.
„Depressionen können zudem oftmals Ausdruck einer körperlichen Erkrankung sein“, teilt die Medizinerin mit und nennt exemplarisch Morbus Parkinson, Herz- und Lungenerkrankungen sowie Stoffwechselstörungen wie Schilddrüsenüber- und -unterfunktionen oder Diabetes Mellitus. Auch eine Mangelversorgung mit Vitamin B 12, ferner die Einnahme von Medikamenten und übermäßiger Alkoholkonsum oder die Einnahme von Schlafmitteln würden der Krankheitsentwicklung in die Hände spielen. 

„Grundsätzlich unterscheiden sich Depressionen junger Menschen nicht von jenen im Alter“, sagt Dr. Opitz. Und doch wachse die Suizidrate an, wenn die Depression bei älteren Menschen nicht behandelt werden würde. Vor allem Männer seien hier betroffen, wobei Frauen insgesamt häufiger an Altersdepressionen erkrankten. „Dies“, so Dr. Hedda Opitz, „hat möglicherweise mit den Hormonschwankungen im Verlauf des Lebens zu tun, auch gehen Frauen häufiger zum Arzt und die Chance, eine Depression zu erkennen, ist damit höher.“

Die Summe aus genetischen, biologischen, psychischen und sozialen Faktoren entscheide neben der grundsätzlich vorhandenen individuellen Bereitschaft, ob ein Mensch erkrankt oder widerstandsfähig ist.
„Depressionen müssen keine Dauererkrankungen sein und können heutzutage gut behandelt werden. Eine Vielzahl von Behandlungsmöglichkeiten steht zur Verfügung. Neben einer Psychotherapie können auch alternative Therapien wie Ergo-, Kunst- und Musiktherapie bei der Genesung und dem Aufbau neuer Aktivitäten und Beziehungen unterstützen.“

Schnell erkannt und richtig therapiert, könnten Depressionen schon bald der Vergangenheit angehören, teilt Dr. Opitz mit. Hierbei müsse die Medikamentenauswahl und die Dosis an die ältere Patientenklientel angepasst werden. Grundsätzlich sei eine gesunde und aktive Lebensführung die beste Prophylaxe depressiver Erkrankungen.

Weitere Informationen unter www.grn.de/medizinische-themenseiten/altersmedizin

 

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