Heute hat die Internationale Bachakademie Stuttgart ihre Pläne für »VISION.BACH – Mit Bach das Leben begreifen« vorgestellt. »Es war ein absoluter Glücksfall für die Musikgeschichte, dass Bach 1723 die Stelle des Thomaskantors erhielt«, erläutert Hans-Christoph Rademann, der Dirigent des Projekts und Leiter der Internationalen Bachakademie Stuttgart. »Für uns ist es eine einmalige historische Chance, diesen unfassbar reichen ersten Kantatenjahrgang so, wie die Leipziger ihn damals hören konnten, dreihundert Jahre später noch einmal in Gänze zu spielen und für ein heutiges Publikum erlebbar zu machen.« Für VISION.BACH erklingen die Kantaten in der Reihenfolge ihrer Entstehung von 14. Mai 2023 bis 31. Mai 2024 in 23 Konzerten und folgen dabei dem Lauf des Kirchenjahres mit seinen Festen und Feiertagen. Gastrednerinnen und Gastredner aus den unterschiedlichsten Bereichen geben in allen Konzerten Impulse zum Nachdenken für unsere heutige Zeit. Hans-Christoph Rademann, ausgewiesener Experte für Bach und Schütz, und sein 2016 neu formiertes Originalklangensemble, die Gaechinger Cantorey, verwirklichen in »VISION.BACH – Mit Bach das Leben begreifen« ihre eigene Vision: den Klang der Musik von damals wieder zu beleben und den Sinn der Musik ins Heute zu transportieren.
Mit Feuereifer stürzte sich J.S. Bach vor genau dreihundert Jahren als frisch gewählter Thomaskantor in die Arbeit. Woche für Woche führte er in St. Nikolai und St. Thomas zu Leipzig Kantaten auf, die er zuvor einstudiert und meist auch neu komponiert hatte, vom 30. Mai 1723, dem ersten Sonntag nach Trinitatis, bis zum Dreifaltigkeitssonntag am 4. Juni 1724. Das Amt des Thomaskantors war eine der angesehensten Stellen im damaligen musikalischen Deutschland. Nach vorangegangenen Aufgaben als Kirchen- oder Hofmusiker in Weimar, Arnstadt, Mühlhausen und Köthen blieb Bach bis zu seinem Tod 27 Jahre lang Thomaskantor. Seine Aufgabe bestand darin, die Leipziger Kirchen Sonntag für Sonntag, Feiertag für Feiertag, Weihnachten, Ostern, Himmelfahrt und Pfingsten eingeschlossen, mit Musik zu versorgen, welche nach lutherischer Tradition elementarer Bestandteil der theologischen Verkündigung war. Trotz seines enormen Arbeitspensums verfiel Bach bei der Kantatenkomposition nicht in Routine, ganz im Gegenteil. Der erste Leipziger Jahrgang, und das macht ihn so faszinierend, ist gleich der große Wurf, in dem Bach seine Vision einer aussagestarken und gleichzeitig kunstvollen Kirchenmusik verwirklichte, für die er bis heute in aller Welt als einer der größten Musiker verehrt wird.
Mit Bach das Leben begreifen
Reflexion bildet die zweite Säule von »VISION.BACH – Mit Bach das Leben begreifen«. Über jedem Konzert stehen Motti aus den jeweiligen Kantatentexten: »Armut tötet«, »Die Obrigkeit ist Gottes Gabe«, »Doch das Fleisch ist schwach«, »Stürmt, ihr Trübsalswetter« oder »Was nützen meine Sorgen?«. Dazu geben Persönlichkeiten aus Gesellschaft, Politik, Wirtschaft, Medien, Theologie, Musik und Literatur in Interviews oder Vorträgen Impulse zum Nachdenken. Andreas Bomba, Projektleiter von VISION.BACH, erläutert: »Das Publikum hat sich daran gewöhnt, Bachs Kantaten museal zu hören, weniger von den Texten her als von der musikalischen Umsetzung. Damit nimmt man den Kantaten ihre wichtigste Voraussetzung. Sie sind Musik, die dazu einlädt, über die condition humaine, also die Bedingungen modernen Lebens, über die Rolle des Menschen, seinen Umgang mit den natürlichen Lebensgrundlagen und mit gesellschaftlichen Rahmenbedingungen nachzudenken.« Es sprechen die baden-württembergische Landtagspräsidentin Muhterem Aras, der Nahost-Experte Jörg Armbruster, der Unternehmer Peter Leibinger, die Adelshistorikerin Karina Urbach, die Schriftstellerin Anna Katharina Hahn, der Theologe Hans-Joachim Eckstein, Expertinnen und Experten aus der Neuropsychologie, Meteorologie und Psychoanalyse, ein Ehrenamtler, eine Köchin, ein Schäfer und weitere im praktischen Leben erfahrene Personen. Der Dirigent Hans-Christoph Rademann: »Das sind Themen, die uns alle interessieren. Hier hoffe ich auf spannende Anregungen und auf viele neue Freundinnen und Freunde für die Bachsche Musik.«
Die Mitwirkenden
Sopran Catalina Bertucci, Miriam Feuersinger, Dorothee Mields, Anja Scherg, Isabel Schicketanz
Alt Marie Henriette Reinhold, Anna Lucia Richter
Counter Tobias Knaus, Alex Potter
Tenor Patrick Grahl, Julian Habermann, Daniel Johannsen, Benedikt Kristjánsson
Bass Tobias Berndt, Peter Harvey, Matthias Winckhler
Ensemble Gaechinger Cantorey
Leitung Hans-Christoph Rademann
Die Solistinnen und Solisten
Die Solopartien übernehmen führende Sängerinnen und Sänger der Alten Musik, die schon lange und vertraut mit Hans-Christoph Rademann und der Gaechinger Cantorey zusammenarbeiten. Sie bilden einen festen Solistenstamm, der nicht nur einmal, sondern immer wieder in den Konzerten zu hören sein und im Sinn der historisch informierten Aufführungspraxis auch im Chor mitsingen wird. »Ich freue mich sehr darauf, die unendliche Fülle und Schönheit von Bachs Kantaten als Solistin und diesmal auch im Chor zu erleben und sie dem Publikum so nahe wie möglich zu bringen«, sagt die Altistin Marie Henriette Reinhold. Und der Tenor Patrick Grahl ist sich sicher: »Dass VISION.BACH geeignet ist, den Zauber der Musik Bachs den Menschen erlebbar zu machen und sein Kantatenwerk im Bewusstsein der Jetztzeit zu verankern, ist auf jeden Fall ein großes Geschenk für Mitwirkende und Hörer gleichermaßen.«
Die Gaechinger Cantorey
Die Gaechinger Cantorey ist das Ensemble der Internationalen Bachakademie Stuttgart. Seit der Neugründung 2016 durch Hans-Christoph Rademann verbinden sich in ihr ein Barockorchester und ein handverlesener Chor zu einem national wie international führenden Originalklangensemble. Es hat sich mit zahlreichen Auftritten im In- und Ausland sowie einer Vielzahl von Einspielungen bei verschiedenen Labels einen Namen gemacht und die internationale Verbreitung eines »Stuttgarter Bachstils« auf die Fahne geschrieben.
Der Dirigent Hans-Christoph Rademann
Hans-Christoph Rademann ist ein international gefragter Interpret mit einem breiten Repertoire, das von der Wiederentdeckung Alter Musik bis zur Uraufführung zeitgenössischer Werke reicht. Schwerpunkte liegen bei Komponisten wie J.S. Bach und Heinrich Schütz. Er gründete den bis heute von ihm geleiteten Dresdner Kammerchor. Nach Stationen bei der Singakademie Dresden, beim NDR-Chor und beim RIAS Kammerchor Berlin steht er seit zehn Jahren als Akademieleiter an der Spitze der Internationalen Bachakademie Stuttgart.
Die Internationale Bachakademie Stuttgart
Johann Sebastian Bachs Lebensweg führte nie nach Stuttgart. Und doch ist die Stadt im deutschen Südwesten seit mehr als vierzig Jahren eines der weltweit bedeutendsten Zentren der Bach-Pflege. Die 1981 gegründete Stiftung Internationale Bachakademie Stuttgart hält das Musikerbe J.S. Bachs, seiner Zeitgenossen, Vorgänger und Nachfolger durch Veranstaltungen und Vermittlung, Ausbildung und Forschung lebendig. Vielfältige Konzertformate, innovative Musikvermittlung und das digitale Angebot aus Podcasts und Konzert-Streams machen die Internationale Bachakademie zu einem bedeutenden kulturellen und gesellschaftlichen Akteur in Stuttgart, Baden-Württemberg und der Welt.
Weitere Infos im Anhang
Internationale Bachakademie Stuttgart
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