Große Teile der Politik, Öffentlichkeit und auch einige Vertreter der Agrarforschung sprechen sich für eine Ausweitung des Ökolandbaus aus, der Nahrungsmittel angeblich umweltschonender erzeugt, aber deutlich niedrigere Ernteerträge erreicht als andere Landbauformen. Dies bedeutet, dass der Ökolandbau für die gleiche Produktionsmenge je nach Region und Ackerfrucht etwa die doppelte Bewirtschaftungsfläche benötigt, um den gegenwärtigen Bedarf zu decken.
Gedanken über eine verantwortungsvolle Landwirtschaft
Prof. Dr. Herbert Ströbel widmet sich in seinem Diskussionspapier „Jenseits der Öko-Illusion – Gedanken zu einer verantwortungsvollen Landwirtschaft“ diesem Thema. Er weist nach, dass eine gutgläubige Ausdehnung des Ökolandbaus dem Naturschutz zuwiderläuft; er warnt auch davor, globale Wirkungen auf Klima und Biodiversität zu vernachlässigen. Der Agrarökonom geht davon aus, dass eine weitere Extensivierung wegen des Ausgleichs der Mindererträge die Abhängigkeit von Nahrungsmittelimporten erhöht und negative Umwelt- und Klimawirkungen auch ins Ausland verlagert.
Tatsächlich würde eine Extensivierung die nationalen Klimabilanzen verbessern; global betrachtet und unter Berücksichtigung steigender Importe, ergäbe sich jedoch per Saldo eine deutliche Steigerung bei den weltweiten Treibhausgasemissionen, kritisiert Prof. Ströbel.
Flächenimporte und Treibhausgasverlagerungen reduzieren
Bereits heute nutze die EU ca. 16 Mio. Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche im außereuropäischen Ausland durch den Import von Agrargütern, rechnet der Wissenschaftler vor. Der Anteil Deutschlands liege etwa bei knapp über 5 Mio. Hektar. Das ist ein Drittel der im Inland verfügbaren landwirtschaftlichen Nutzfläche, nur um unseren eigenen Bedarf an Agrargütern zu decken. Weiter macht der Agrarökonom deutlich, dass zwischen 2000 und 2018 die globale landwirtschaftliche Nutzfläche um etwa 190 Mio. Hektar zulasten von Wäldern, Grasland und natürlicher Vegetation ausgedehnt worden sei. Eine verantwortungsvolle deutsche Politik darf dem nicht Vorschub leisten, wirbt der emeritierte Professor.
Auch der Argumentation, den höheren Flächenbedarf des Ökolandbaus durch Reduzierungen des Konsums tierischer Produkte zu kompensieren, kann der Wissenschaftler nicht zustimmen. Bei einer Minderung des gegenwärtigen Konsums tierischer Produkte um 50 Prozent und einer Deckung des verbleibenden Nahrungsbedarfes durch ökologisch erzeugte Produkte, ergäben sich nach Berechnungen von Prof. Ströbel immer noch ein um 40 Prozent höherer Flächenbedarf und um 20 Prozent höhere Treibhausgasemissionen.
Landbauformen nicht gegeneinander ausspielen
Der Wissenschaftler empfiehlt, den Anstieg der Nahrungsmittelproduktion von der Umwandlung wichtiger Ökosysteme zu entkoppeln. Nur so ließen sich globale Klimaziele erreichen und nur so könne ein Artensterben aufgehalten werden. „Es sollte das Ziel einer verantwortungsvollen Politik sein, vorhandene Flächen möglichst effizient und nachhaltig zu nutzen“, wirbt der Agrarökonom. Das könnten andere Landbauformen derzeit noch besser als der Ökolandbau. Ströbel ist aber überzeugt, dass beide Landbauformen voneinander lernen können.
Ausgangspunkt für eine Annäherung könnte sein, dass man die ökologische und konventionelle Landwirtschaft als Spektrum von Technologien begreift, die sich gegenseitig nicht ausschließen. Statt viele Forschungskapazitäten für den Nachweis der Vorzüglichkeit des einen oder anderen Anbausystems zu verschwenden, sollten Wissenschaft und Praxis die Entwicklung nachweislich umweltfreundlicher und ertragsstarker Anbausysteme unter Einbeziehung aller Technologien in den Mittelpunkt ihres Handelns stellen, empfiehlt Ströbel. Vielversprechende Ansatzpunkte wären der Einsatz von regenerativ erzeugtem Ammoniak, die weitere Reduzierung schädlicher Wirkungen des Pflanzenschutzes, die Weiterentwicklung von Fruchtfolgen und Bodenschutzmaßnahmen sowie die stärkere Nutzung der Digitalisierung und der modernen Pflanzenzüchtung. Entscheidend sei, dass sich die Fortschritte in einer wissenschaftlichen Gesamtbetrachtung als vorteilhaft erweisen und nicht nur in Bezug auf einzelne Aspekte, wie beispielsweise die Emissionen je Hektar.
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