Stellungnahme zum Referentenentwurf der Vergabeverordnung (VgV): Planende Berufe erwarten massive Verwerfungen im deutschen Planungsmarkt

Die Kammern und Verbände der planenden Berufe fordern in einer gemeinsamen Stellungnahme die Bundesregierung auf, die Voraussetzungen für die europaweite Ausschreibung von Planungsleistungen nicht abzusenken. Die vorgesehene Streichung des § 3 Abs. 7 Satz 2 der Vergabeverordnung (VgV) hätte zur Folge, dass nahezu alle öffentlichen Planungsaufgaben nach den Regeln des EU-Rechts vergeben werden müssten. Insbesondere die Kommunen als größter öffentlicher Auftraggeber wären überfordert, worauf auch die kommunalen Spitzenverbände hinweisen.

Die Verfahren würden sowohl für die Vergabe- wie Auftragnehmerseite teurer und würden doppelt so lange dauern. Bei den entsprechenden Bauleistungen würde es hingegen dabei bleiben, dass etwa 97 Prozent national vergeben werden können. Die Kammern und Verbände der planenden Berufe befürchten daher, dass zukünftig vermehrt Totalunternehmer im Rahmen eines Bauvertrages auch die Architekten- und Ingenieurleistungen übernehmen. Die Folge wäre eine Existenzgefährdung für die mittelstandsgeprägte Planungswirtschaft in Deutschland.

Der geplanten Änderung der VgV liegt ein Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission zugrunde, die in der deutschen Regelung einen Verstoß gegen die europäischen Vergaberichtlinien sieht. Die ausführliche Stellungnahme der Planerverbände legt hingegen dar, warum den zu erwartenden negativen Auswirkungen kein erkennbarer Vorteil im Sinne einer Stärkung des europäischen Binnenmarkts gegenübersteht. Bei den bislang europaweit ausgeschriebenen großen Planungsaufträgen gab es so gut wie kein Interesse ausländischer Planungsbüros, wie sich der Antwort der seinerzeitigen Bundesregierung Ende 2020 auf eine Kleine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion entnehmen lässt.

„Es ist absurd, einen funktionierenden Planungsmarkt aus Prinzipienreiterei massiv zu gefährden,“ mahnt Andrea Gebhard, Präsidentin der Bundesarchitektenkammer. „Die Kommission schlägt leider alle vorgebrachten Argumente in den Wind. Wir fordern daher, dass sich der Europäische Gerichtshof mit dem Thema befasst. Der EuGH hat schon mehrmals einen besseren Gesamtüberblick erkennen lassen als die Kommission oder auch der jeweilige Generalanwalt.“

Die Bundesregierung hatte die beanstandete Regelung bislang verteidigt, lehnt eine Auseinandersetzung vor dem EuGH aber ab. Nach Beschlussfassung durch das Kabinett wird der Entwurf Bundestag und Bundesrat zugeleitet, die der Änderung zustimmen müssen. Nach Vorstellung der Bundesregierung soll das Verfahren noch vor der Sommerpause abgeschlossen sein.

Unterzeichnende Kammern und Verbände:

Bundesarchitektenkammer, Bundesingenieurkammer, Bund Deutscher Architektinnen und Architekten, Bund Deutscher Baumeister, Bund Deutscher Innenarchitekten, Bund Deutscher Landschaftsarchitekten, Bundesverband Freier Berufe, Bundesverband der öffentlich bestellten Vermessungsingenieure, Bundesvereinigung der Prüfingenieure für Bautechnik, DAI Verband Deutscher Architekten- und Ingenieurvereine, Deutsche Akademie für Städtebau und Landesplanung, Ausschuss der Verbände und Kammern der Ingenieure und Architekten für die Honorarordnung, Förderverein der Bundesstiftung Baukultur, Vereinigung für Stadt-, Regional- und Landesplanung, Vereinigung Freischaffender Architekten Deutschlands, Verband Beratender Ingenieure, Verband Deutscher Vermessungsingenieure, Zentralverband der Ingenieurvereine

 

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