Krisengetrieben fühlte sich das vergangene Jahr für viele Immobilieninteressierte in Deutschland an. Doch trotz Energie-, Inflations- und Klimadilemma war der Wunsch nach den eigenen vier Wänden auch 2022 ungebrochen. Wer den im letzten Jahr realisiert hat, sah sich allerdings nicht nur mit hohen Preisen auf Immobilienseite konfrontiert. Durch enorme Zinsanstiege sind auch Baufinanzierungen teurer geworden. Bundesweit schrauben Darlehensnehmer daher merklich an der Summe, die sie für ihr Eigenheim aufnehmen: Im Vorjahresvergleich sinkt die Kreditsumme um 5 Prozent von 388.220 Euro auf 370.670 Euro.
Stärkster Rückgang bei Darlehenssummen in Hamburg
In der Freien und Hansestadt Hamburg ist 2022 der deutlichste Rücksetzer bei der Entwicklung der Darlehenshöhe (-8 Prozent zum Vorjahr) zu beobachten. Dennoch werden hier nach wie vor die höchsten Kreditsummen für Eigentum aufgenommen. „Hohe Darlehen waren in Hamburg schon immer nötig – wer hier in einem zentralen und attraktiven Stadtteil kaufen und leben oder investieren wollte, brauchte seit jeher viel Geld. Und das waren die Banken in der Niedrigzinsphase bereit zu geben. Im Laufe des letzten Jahres hat sich dann das Blatt gewendet: Baufinanzierungen waren plötzlich nicht mehr so erschwinglich wie früher, das Zinsniveau hatte sich teils vervierfacht. Interessenten versuchten demnach sich weniger Geld von der Bank zu leihen – und noch mehr Eigenkapital zu einem Hauskauf oder -bau beizusteuern als bisher. Darüber hinaus sind im Laufe des vergangenen Jahres auch die Banken restriktiver geworden. Sie schauen noch wesentlich genauer hin als vorher, bei dem, was sich Interessenten leisten können und was nicht“, schätzt Frank Lösche, Spezialist für Baufinanzierung von Dr. Klein in Hamburg, die Situation ein.
Thüringen als einziges Bundesland mit Aufwärtsbewegung bei der Darlehenshöhe
Trotz der zuletzt wahrnehmbaren Zurückhaltung auf Käuferseite verzeichnet ein Bundesland im gesamtdeutschen Vergleich einen deutlichen Anstieg bei der Darlehenshöhe: Thüringen. Die Erhöhung des Finanzierungsvolumens von 272.700 Euro in 2021 auf 284.420 Euro in 2022 hat laut Sebastian Fricke, Spezialist für Baufinanzierung von Dr. Klein in Erfurt, verschiedene Gründe: „Für viele unserer Kunden stand Anfang des vergangenen Jahres eines fest: Anstatt horrende Mieten für eine übersichtliche Wohnung zu zahlen, sollte das Geld in ein Eigenheim investiert werden. Zumal in den vergangenen Jahren viele Baugebiete in ganz Thüringen frisch erschlossen wurden. Aufgrund des attraktiven, niedrigen Zinsniveaus konnten Bauherren so zum Teil auf eine monatliche Kreditrate kommen, die geringer war als die regelmäßige Zahlung an den Vermieter. Rückblickend lässt sich in jedem Falle sagen, dass wir Anfang 2022 extrem viele Neubauten finanziert haben. Allerdings standen Kauf- und Bauinteressierte in Thüringen auch enorm unter Druck: Die Baugrundstücke in Stadtnähe waren sehr begehrt. Neben den hohen Kaufpreisen mussten sich Interessenten auch auf Bieterverfahren gefasst machen, die die Preise immer weiter in die Höhe trieben. Entsprechend hoch waren die Darlehenshöhen, die benötigt wurden.“ Trotz der vierprozentigen Steigerung gegenüber dem Vorjahr rangiert Thüringen im bundesdeutschen Vergleich allerdings noch immer auf einem der hinteren Plätze hinsichtlich der durchschnittlich aufgenommenen Darlehenshöhe bei Erstfinanzierungen.
Zwei Bundesländer halten Kreditsummen-Niveau
Während in den meisten Regionen Deutschlands die Darlehenssummen deutlich runter gehen, können zwei Bundesländer ihr Niveau zum Vorjahr halten: Schleswig-Holsteiner nehmen im Durchschnitt 330.720 Euro für ihr Eigentum auf (Vergleich 2021: 331.620 Euro). Auch im Saarland lassen sich Kauf- und Bauinteressierte nicht von Inflation und Energiekrise beirren. Kreditnehmer benötigen hier im Jahr 2022 durchschnittlich 276.550 Euro für eine Baufinanzierung (Vergleich 2021: 277.360 Euro).
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